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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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weder auf's Schloß noch sonst wohin ausgekom¬
men. Sie sind doch recht glücklich! Sie sehen
immer neue Gegenden und neue Menschen.
Ich weiß die vier Wände in meiner Kammer
schon auswendig. Ich habe meine zwey klei¬
nen Fenster mit Stroh verhangen, denn der
Wind bläst schon infam kalt durch die Löcher
herein, auch alle meine Wanduhren habe ich
ablaufen lassen, denn daß ewige Picken möcht'
einen toll machen, wenn man so allein ist.
Ich denke mir dann gar oft, wie Sie jetzt auf
einem Balle mit schönen, vornehmen Damen
tanzen oder weit von hier am Rheine fahren
und reiten, und rauche Tabak, daß das Licht
auf dem Tische oft auslischt. Gestern hat es zum
erstenmale den ganzen Tag wie aus einem Sa¬
cke geschneyt. Das ist meine größte Lust. Ich
gieng noch spät Abends, in Mantel gehüllt,
auf den Berg hinaus, wo wir immer Nach¬
mittags im Sommer zusammen gelegen haben.
Das Rauchthal und die ganze schöne Gegend
war verschneyt und sah kurios aus. Es schney¬
te immerfort tapfer zu. Ich tanzte, um mich zu
erwärmen, über eine Stunde in dem Schneege¬
stöber herum."

"Dieß hab' ich schon vor einigen Mona¬
then geschrieben. Gleich nach jener Nacht, da
ich draussen getanzt, verfiel ich in eine lang¬
wierige Krankheit. Alle Leute fürchteten sich
vor mir, weil es ein hitziges Fieber war, und

weder auf's Schloß noch ſonſt wohin ausgekom¬
men. Sie ſind doch recht glücklich! Sie ſehen
immer neue Gegenden und neue Menſchen.
Ich weiß die vier Wände in meiner Kammer
ſchon auswendig. Ich habe meine zwey klei¬
nen Fenſter mit Stroh verhangen, denn der
Wind bläſt ſchon infam kalt durch die Löcher
herein, auch alle meine Wanduhren habe ich
ablaufen laſſen, denn daß ewige Picken möcht'
einen toll machen, wenn man ſo allein iſt.
Ich denke mir dann gar oft, wie Sie jetzt auf
einem Balle mit ſchönen, vornehmen Damen
tanzen oder weit von hier am Rheine fahren
und reiten, und rauche Tabak, daß das Licht
auf dem Tiſche oft ausliſcht. Geſtern hat es zum
erſtenmale den ganzen Tag wie aus einem Sa¬
cke geſchneyt. Das iſt meine größte Luſt. Ich
gieng noch ſpät Abends, in Mantel gehüllt,
auf den Berg hinaus, wo wir immer Nach¬
mittags im Sommer zuſammen gelegen haben.
Das Rauchthal und die ganze ſchöne Gegend
war verſchneyt und ſah kurios aus. Es ſchney¬
te immerfort tapfer zu. Ich tanzte, um mich zu
erwärmen, über eine Stunde in dem Schneege¬
ſtöber herum.“

„Dieß hab' ich ſchon vor einigen Mona¬
then geſchrieben. Gleich nach jener Nacht, da
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wierige Krankheit. Alle Leute fürchteten ſich
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[297/0303] weder auf's Schloß noch ſonſt wohin ausgekom¬ men. Sie ſind doch recht glücklich! Sie ſehen immer neue Gegenden und neue Menſchen. Ich weiß die vier Wände in meiner Kammer ſchon auswendig. Ich habe meine zwey klei¬ nen Fenſter mit Stroh verhangen, denn der Wind bläſt ſchon infam kalt durch die Löcher herein, auch alle meine Wanduhren habe ich ablaufen laſſen, denn daß ewige Picken möcht' einen toll machen, wenn man ſo allein iſt. Ich denke mir dann gar oft, wie Sie jetzt auf einem Balle mit ſchönen, vornehmen Damen tanzen oder weit von hier am Rheine fahren und reiten, und rauche Tabak, daß das Licht auf dem Tiſche oft ausliſcht. Geſtern hat es zum erſtenmale den ganzen Tag wie aus einem Sa¬ cke geſchneyt. Das iſt meine größte Luſt. Ich gieng noch ſpät Abends, in Mantel gehüllt, auf den Berg hinaus, wo wir immer Nach¬ mittags im Sommer zuſammen gelegen haben. Das Rauchthal und die ganze ſchöne Gegend war verſchneyt und ſah kurios aus. Es ſchney¬ te immerfort tapfer zu. Ich tanzte, um mich zu erwärmen, über eine Stunde in dem Schneege¬ ſtöber herum.“ „Dieß hab' ich ſchon vor einigen Mona¬ then geſchrieben. Gleich nach jener Nacht, da ich drauſſen getanzt, verfiel ich in eine lang¬ wierige Krankheit. Alle Leute fürchteten ſich vor mir, weil es ein hitziges Fieber war, und

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/303>, abgerufen am 23.11.2024.