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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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de weniger hart, angenehmer und sinnreicher in der
Ausführung.

Indeß entgieng es mir nicht, daß Angelina
anfieng, mit der Mädchentracht nach und nach auch
ihr voriges mädchenhaftes, bey aller Liebe verschäm¬
tes, Wesen abzulegen, sie wurde in Worten und
Gebehrden kecker, und ihre sonst so schüchternen
Augen schweiften lüstern rechts und links. Ja, es
geschah wohl manchmal, wenn ich sie unter lustige
Gesellen mitnahm, mit denen wir in einem Garten
oft die Nacht durchschwärmten, daß sie sich berausch¬
te, wo sie dann mit den furchtsam dreisten Mienen
und glänzendschmachtenden Augen ein ungemeim rei¬
tzendes Spiel der Sinnlichkeit gab.

Weiber ertragen solche kühnere Lebensweise
nicht. -- Ein Jahr hatten wir so zusammengelebt,
als mir Angelina eine Tochter gebahr. Ich hatte
sie einige Zeit vorher auf einem Landhause bey
Rom vor aller Welt Augen verborgen, und auf
ihr eignes Verlangen, welches meiner Eifersucht
auffiel, blieb sie nun auch noch lange nach ihrer Nie¬
derkunft mit dem Kinde dort. --

Eines Morgens, als ich eben von Rom hin¬
komme, find' ich alles leer. -- Das alte Weib,
welches das Haus hütete, erzählt mir zitternd:
Angelina habe sich gestern Abend sehr zierlich als
Jäger angezogen, sie habe darauf, da der Abend
sehr warm war, lange Zeit bey ihr vor der Thür
auf der Bank gesessen und angefangen so betrübt

de weniger hart, angenehmer und ſinnreicher in der
Ausführung.

Indeß entgieng es mir nicht, daß Angelina
anfieng, mit der Mädchentracht nach und nach auch
ihr voriges mädchenhaftes, bey aller Liebe verſchäm¬
tes, Weſen abzulegen, ſie wurde in Worten und
Gebehrden kecker, und ihre ſonſt ſo ſchüchternen
Augen ſchweiften lüſtern rechts und links. Ja, es
geſchah wohl manchmal, wenn ich ſie unter luſtige
Geſellen mitnahm, mit denen wir in einem Garten
oft die Nacht durchſchwärmten, daß ſie ſich berauſch¬
te, wo ſie dann mit den furchtſam dreiſten Mienen
und glänzendſchmachtenden Augen ein ungemeim rei¬
tzendes Spiel der Sinnlichkeit gab.

Weiber ertragen ſolche kühnere Lebensweiſe
nicht. — Ein Jahr hatten wir ſo zuſammengelebt,
als mir Angelina eine Tochter gebahr. Ich hatte
ſie einige Zeit vorher auf einem Landhauſe bey
Rom vor aller Welt Augen verborgen, und auf
ihr eignes Verlangen, welches meiner Eiferſucht
auffiel, blieb ſie nun auch noch lange nach ihrer Nie¬
derkunft mit dem Kinde dort. —

Eines Morgens, als ich eben von Rom hin¬
komme, find' ich alles leer. — Das alte Weib,
welches das Haus hütete, erzählt mir zitternd:
Angelina habe ſich geſtern Abend ſehr zierlich als
Jäger angezogen, ſie habe darauf, da der Abend
ſehr warm war, lange Zeit bey ihr vor der Thür
auf der Bank geſeſſen und angefangen ſo betrübt

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[428/0434] de weniger hart, angenehmer und ſinnreicher in der Ausführung. Indeß entgieng es mir nicht, daß Angelina anfieng, mit der Mädchentracht nach und nach auch ihr voriges mädchenhaftes, bey aller Liebe verſchäm¬ tes, Weſen abzulegen, ſie wurde in Worten und Gebehrden kecker, und ihre ſonſt ſo ſchüchternen Augen ſchweiften lüſtern rechts und links. Ja, es geſchah wohl manchmal, wenn ich ſie unter luſtige Geſellen mitnahm, mit denen wir in einem Garten oft die Nacht durchſchwärmten, daß ſie ſich berauſch¬ te, wo ſie dann mit den furchtſam dreiſten Mienen und glänzendſchmachtenden Augen ein ungemeim rei¬ tzendes Spiel der Sinnlichkeit gab. Weiber ertragen ſolche kühnere Lebensweiſe nicht. — Ein Jahr hatten wir ſo zuſammengelebt, als mir Angelina eine Tochter gebahr. Ich hatte ſie einige Zeit vorher auf einem Landhauſe bey Rom vor aller Welt Augen verborgen, und auf ihr eignes Verlangen, welches meiner Eiferſucht auffiel, blieb ſie nun auch noch lange nach ihrer Nie¬ derkunft mit dem Kinde dort. — Eines Morgens, als ich eben von Rom hin¬ komme, find' ich alles leer. — Das alte Weib, welches das Haus hütete, erzählt mir zitternd: Angelina habe ſich geſtern Abend ſehr zierlich als Jäger angezogen, ſie habe darauf, da der Abend ſehr warm war, lange Zeit bey ihr vor der Thür auf der Bank geſeſſen und angefangen ſo betrübt

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/434>, abgerufen am 23.11.2024.