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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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Endlich, da es draußen schon ganz finster ge¬
worden, hörte sie auf einmal ein großes Getös von
Roßeshufen und fremden Stimmen. Der Schloßhof
füllte sich mit Windlichtern, bey deren Scheine sie
ein wildes Gewimmel von Wagen, Pferden, Rit¬
tern und Frauen erblickte. Die Hochzeitsgäste ver¬
breiteten sich bald in der ganzen Burg, und sie er¬
kannte alle ihre alten Bekannten, die auch lezthin
auf dem Banket bey ihr gewesen waren. Der schö¬
ne Bräutigam, wieder ganz in wasserblaue Seide
gekleidet, trat zu ihr und erheiterte gar bald ihr
Herz durch seine anmuthigen und süssen Reden.
Musikanten spielten lustig, Edelknaben schenkten
Wein herum und alles tanzte und schmaußte in
freudenreichem Schalle.

Während dem Feste trat Ida mit ihrem Bräu¬
tigam ans offene Fenster. Die Gegend war unten
weit und breit still, wie ein Grab, nur der Fluß
rauschte aus dem finsteren Grunde herauf. Was
sind das für schwarze Vögel, fragte Ida, die da
in langen Schaaren so langsam über den Himmel
zieh'n? -- Sie ziehen die ganze Nacht fort, sagte
der Bräutigam, sie bedeuten deine Hochzeit. --
Was sind das für fremde Leute, fragte Ida wie¬
der, die dort drunten am Flusse auf den Steinen
sitzen und sich nicht rühren? -- Das sind meine
Diener, sagte der Bräutigam, die auf uns war¬
ten. -- Unterdeß fiengen schon lichte Streifen an,
sich am Himmel aufzurichten und aus den Thälern
hörte man von ferne Hähne krähen. Es wird so
kühl, sagte Ida und schloß das Fenster. In mei¬

Endlich, da es draußen ſchon ganz finſter ge¬
worden, hörte ſie auf einmal ein großes Getös von
Roßeshufen und fremden Stimmen. Der Schloßhof
füllte ſich mit Windlichtern, bey deren Scheine ſie
ein wildes Gewimmel von Wagen, Pferden, Rit¬
tern und Frauen erblickte. Die Hochzeitsgäſte ver¬
breiteten ſich bald in der ganzen Burg, und ſie er¬
kannte alle ihre alten Bekannten, die auch lezthin
auf dem Banket bey ihr geweſen waren. Der ſchö¬
ne Bräutigam, wieder ganz in waſſerblaue Seide
gekleidet, trat zu ihr und erheiterte gar bald ihr
Herz durch ſeine anmuthigen und ſüſſen Reden.
Muſikanten ſpielten luſtig, Edelknaben ſchenkten
Wein herum und alles tanzte und ſchmaußte in
freudenreichem Schalle.

Während dem Feſte trat Ida mit ihrem Bräu¬
tigam ans offene Fenſter. Die Gegend war unten
weit und breit ſtill, wie ein Grab, nur der Fluß
rauſchte aus dem finſteren Grunde herauf. Was
ſind das für ſchwarze Vögel, fragte Ida, die da
in langen Schaaren ſo langſam über den Himmel
zieh'n? — Sie ziehen die ganze Nacht fort, ſagte
der Bräutigam, ſie bedeuten deine Hochzeit. —
Was ſind das für fremde Leute, fragte Ida wie¬
der, die dort drunten am Fluſſe auf den Steinen
ſitzen und ſich nicht rühren? — Das ſind meine
Diener, ſagte der Bräutigam, die auf uns war¬
ten. — Unterdeß fiengen ſchon lichte Streifen an,
ſich am Himmel aufzurichten und aus den Thälern
hörte man von ferne Hähne krähen. Es wird ſo
kühl, ſagte Ida und ſchloß das Fenſter. In mei¬

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[66/0072] Endlich, da es draußen ſchon ganz finſter ge¬ worden, hörte ſie auf einmal ein großes Getös von Roßeshufen und fremden Stimmen. Der Schloßhof füllte ſich mit Windlichtern, bey deren Scheine ſie ein wildes Gewimmel von Wagen, Pferden, Rit¬ tern und Frauen erblickte. Die Hochzeitsgäſte ver¬ breiteten ſich bald in der ganzen Burg, und ſie er¬ kannte alle ihre alten Bekannten, die auch lezthin auf dem Banket bey ihr geweſen waren. Der ſchö¬ ne Bräutigam, wieder ganz in waſſerblaue Seide gekleidet, trat zu ihr und erheiterte gar bald ihr Herz durch ſeine anmuthigen und ſüſſen Reden. Muſikanten ſpielten luſtig, Edelknaben ſchenkten Wein herum und alles tanzte und ſchmaußte in freudenreichem Schalle. Während dem Feſte trat Ida mit ihrem Bräu¬ tigam ans offene Fenſter. Die Gegend war unten weit und breit ſtill, wie ein Grab, nur der Fluß rauſchte aus dem finſteren Grunde herauf. Was ſind das für ſchwarze Vögel, fragte Ida, die da in langen Schaaren ſo langſam über den Himmel zieh'n? — Sie ziehen die ganze Nacht fort, ſagte der Bräutigam, ſie bedeuten deine Hochzeit. — Was ſind das für fremde Leute, fragte Ida wie¬ der, die dort drunten am Fluſſe auf den Steinen ſitzen und ſich nicht rühren? — Das ſind meine Diener, ſagte der Bräutigam, die auf uns war¬ ten. — Unterdeß fiengen ſchon lichte Streifen an, ſich am Himmel aufzurichten und aus den Thälern hörte man von ferne Hähne krähen. Es wird ſo kühl, ſagte Ida und ſchloß das Fenſter. In mei¬

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/72>, abgerufen am 29.11.2024.