tisch, die Motive lassen sich ahnen, ich bin nur auf den letzten Act begierig. -- Fortunat war ganz ver¬ wirrt, noch mitten in dem Getümmel des Abschiedneh¬ mens konnte er bemerken, wie die Fürstin der unter¬ deß hinzugetretenen Gräfin Juanna sehr lebhaft etwas zuflüsterte, das ihm zu gelten schien. Also dieser? -- sagte die Gräfin, den schönen Mund spöttisch aufwer¬ fend. -- Und wie sie so fortgingen, und die Terrasse hinter ihnen versank, und nur noch Juanna an dem marmornen Geländer hoch über dem schönen, weiten Kreise der Wälder stand, da war es, als sey sie die Fürstin hier, der alle andern dienten. --
Die Schauspieler schritten nun eifrig schwatzend durch den Garten, die meisten waren ganz begeistert und wie berauscht, andere, die sich zurückgesetzt glaub¬ ten, sprachen von drückender Hofluft und dem schlüpfri¬ gen Boden der vornehmen Welt. Fortunaten aber fiel nun erst alles auf: seine gestrige Aufnahme im Schloß, vorhin die Dienstfertigkeit des Schulraths, die Reden der Fürstin und Juanna's letzter Ausruf. -- Sollten sie den reisenden Baron in mir wittern? dachte er, kennen mich doch die Schauspieler selbst nicht, wie sollten die droben es wissen! --
Am Abend desselben Tages ruhte er mit Lotha¬ rio'n auf dem grünen Abhange einer Höhe und schaute fröhlich über die Wälder in die weite, fruchtbare Ge¬ gend hinaus, in die er nun bald selbst mit dem blauen
tiſch, die Motive laſſen ſich ahnen, ich bin nur auf den letzten Act begierig. — Fortunat war ganz ver¬ wirrt, noch mitten in dem Getuͤmmel des Abſchiedneh¬ mens konnte er bemerken, wie die Fuͤrſtin der unter¬ deß hinzugetretenen Graͤfin Juanna ſehr lebhaft etwas zufluͤſterte, das ihm zu gelten ſchien. Alſo dieſer? — ſagte die Graͤfin, den ſchoͤnen Mund ſpoͤttiſch aufwer¬ fend. — Und wie ſie ſo fortgingen, und die Terraſſe hinter ihnen verſank, und nur noch Juanna an dem marmornen Gelaͤnder hoch uͤber dem ſchoͤnen, weiten Kreiſe der Waͤlder ſtand, da war es, als ſey ſie die Fuͤrſtin hier, der alle andern dienten. —
Die Schauſpieler ſchritten nun eifrig ſchwatzend durch den Garten, die meiſten waren ganz begeiſtert und wie berauſcht, andere, die ſich zuruͤckgeſetzt glaub¬ ten, ſprachen von druͤckender Hofluft und dem ſchluͤpfri¬ gen Boden der vornehmen Welt. Fortunaten aber fiel nun erſt alles auf: ſeine geſtrige Aufnahme im Schloß, vorhin die Dienſtfertigkeit des Schulraths, die Reden der Fuͤrſtin und Juanna's letzter Ausruf. — Sollten ſie den reiſenden Baron in mir wittern? dachte er, kennen mich doch die Schauſpieler ſelbſt nicht, wie ſollten die droben es wiſſen! —
Am Abend deſſelben Tages ruhte er mit Lotha¬ rio'n auf dem gruͤnen Abhange einer Hoͤhe und ſchaute froͤhlich uͤber die Waͤlder in die weite, fruchtbare Ge¬ gend hinaus, in die er nun bald ſelbſt mit dem blauen
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tiſch, die Motive laſſen ſich ahnen, ich bin nur auf
den letzten Act begierig. — Fortunat war ganz ver¬
wirrt, noch mitten in dem Getuͤmmel des Abſchiedneh¬
mens konnte er bemerken, wie die Fuͤrſtin der unter¬
deß hinzugetretenen Graͤfin Juanna ſehr lebhaft etwas
zufluͤſterte, das ihm zu gelten ſchien. Alſo dieſer? —
ſagte die Graͤfin, den ſchoͤnen Mund ſpoͤttiſch aufwer¬
fend. — Und wie ſie ſo fortgingen, und die Terraſſe
hinter ihnen verſank, und nur noch Juanna an dem
marmornen Gelaͤnder hoch uͤber dem ſchoͤnen, weiten
Kreiſe der Waͤlder ſtand, da war es, als ſey ſie die
Fuͤrſtin hier, der alle andern dienten. —
Die Schauſpieler ſchritten nun eifrig ſchwatzend
durch den Garten, die meiſten waren ganz begeiſtert
und wie berauſcht, andere, die ſich zuruͤckgeſetzt glaub¬
ten, ſprachen von druͤckender Hofluft und dem ſchluͤpfri¬
gen Boden der vornehmen Welt. Fortunaten aber
fiel nun erſt alles auf: ſeine geſtrige Aufnahme im
Schloß, vorhin die Dienſtfertigkeit des Schulraths,
die Reden der Fuͤrſtin und Juanna's letzter Ausruf. —
Sollten ſie den reiſenden Baron in mir wittern?
dachte er, kennen mich doch die Schauſpieler ſelbſt
nicht, wie ſollten die droben es wiſſen! —
Am Abend deſſelben Tages ruhte er mit Lotha¬
rio'n auf dem gruͤnen Abhange einer Hoͤhe und ſchaute
froͤhlich uͤber die Waͤlder in die weite, fruchtbare Ge¬
gend hinaus, in die er nun bald ſelbſt mit dem blauen
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/109>, abgerufen am 24.11.2024.
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