Lureley! -- sagte der Fürst wie in Gedanken zu sei¬ nen Begleitern, die geblendet hinaufschauten. --
Aber er selber war schon in ihrem Bann, und als sie am Schlosse angekommen, hatte er sich unbe¬ merkt entfernt und stieg allein hastig und verwirrt durch die schöne Einsamkeit hinauf. Er kannte von seinen Jagden den wenig betretenen Fußsteig zur Höh', Juanna fuhr erschrocken auf, als er so eben plötzlich durch das Gebüsch brach und neben ihr auf die Knie sank, ihre Hand mit glühenden Küssen bedeckend. Sie schwieg und sah ihn lange durchdringend an. Still, still -- sagte sie dann, hier kann man uns vom Schloß aus sehen. -- Hiermit ergriff sie seine Hand und führte ihn rasch durch die Hecken, über schmale Felsrücken an jähen Abgründen vorbei. Durch seine Seele gingen wechselnd Furcht und Hoffnung, wie die Schatten im Walde. Wo wandern wir hin? fragte er endlich betroffen, denn die grünen Plätze kamen ihm so bekannt vor, das Abendroth spielte, wie die alte schöne Zeit, darüber. So traten sie auf einmal zwi¬ schen den Bäumen heraus und erblickten unter einzel¬ nen Tannen ein kleines Haus mit einem stillen, zierli¬ chen Gärtchen davor. -- Der Fürst drängte erschrocken weiter. Hier wollen wir ausruhen, sagte Juanna, ihn festhaltend. Er schaute nun unverwandt hinüber, wie in einen Traum. Eine alte, blinde Frau saß in der Abendsonne vor der Thür, ein schönes bleiches Mäd¬
Lureley! — ſagte der Fuͤrſt wie in Gedanken zu ſei¬ nen Begleitern, die geblendet hinaufſchauten. —
Aber er ſelber war ſchon in ihrem Bann, und als ſie am Schloſſe angekommen, hatte er ſich unbe¬ merkt entfernt und ſtieg allein haſtig und verwirrt durch die ſchoͤne Einſamkeit hinauf. Er kannte von ſeinen Jagden den wenig betretenen Fußſteig zur Hoͤh', Juanna fuhr erſchrocken auf, als er ſo eben ploͤtzlich durch das Gebuͤſch brach und neben ihr auf die Knie ſank, ihre Hand mit gluͤhenden Kuͤſſen bedeckend. Sie ſchwieg und ſah ihn lange durchdringend an. Still, ſtill — ſagte ſie dann, hier kann man uns vom Schloß aus ſehen. — Hiermit ergriff ſie ſeine Hand und fuͤhrte ihn raſch durch die Hecken, uͤber ſchmale Felsruͤcken an jaͤhen Abgruͤnden vorbei. Durch ſeine Seele gingen wechſelnd Furcht und Hoffnung, wie die Schatten im Walde. Wo wandern wir hin? fragte er endlich betroffen, denn die gruͤnen Plaͤtze kamen ihm ſo bekannt vor, das Abendroth ſpielte, wie die alte ſchoͤne Zeit, daruͤber. So traten ſie auf einmal zwi¬ ſchen den Baͤumen heraus und erblickten unter einzel¬ nen Tannen ein kleines Haus mit einem ſtillen, zierli¬ chen Gaͤrtchen davor. — Der Fuͤrſt draͤngte erſchrocken weiter. Hier wollen wir ausruhen, ſagte Juanna, ihn feſthaltend. Er ſchaute nun unverwandt hinuͤber, wie in einen Traum. Eine alte, blinde Frau ſaß in der Abendſonne vor der Thuͤr, ein ſchoͤnes bleiches Maͤd¬
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Lureley! — ſagte der Fuͤrſt wie in Gedanken zu ſei¬
nen Begleitern, die geblendet hinaufſchauten. —
Aber er ſelber war ſchon in ihrem Bann, und
als ſie am Schloſſe angekommen, hatte er ſich unbe¬
merkt entfernt und ſtieg allein haſtig und verwirrt
durch die ſchoͤne Einſamkeit hinauf. Er kannte von
ſeinen Jagden den wenig betretenen Fußſteig zur Hoͤh',
Juanna fuhr erſchrocken auf, als er ſo eben ploͤtzlich
durch das Gebuͤſch brach und neben ihr auf die Knie
ſank, ihre Hand mit gluͤhenden Kuͤſſen bedeckend. Sie
ſchwieg und ſah ihn lange durchdringend an. Still,
ſtill — ſagte ſie dann, hier kann man uns vom
Schloß aus ſehen. — Hiermit ergriff ſie ſeine Hand
und fuͤhrte ihn raſch durch die Hecken, uͤber ſchmale
Felsruͤcken an jaͤhen Abgruͤnden vorbei. Durch ſeine
Seele gingen wechſelnd Furcht und Hoffnung, wie die
Schatten im Walde. Wo wandern wir hin? fragte
er endlich betroffen, denn die gruͤnen Plaͤtze kamen ihm
ſo bekannt vor, das Abendroth ſpielte, wie die alte
ſchoͤne Zeit, daruͤber. So traten ſie auf einmal zwi¬
ſchen den Baͤumen heraus und erblickten unter einzel¬
nen Tannen ein kleines Haus mit einem ſtillen, zierli¬
chen Gaͤrtchen davor. — Der Fuͤrſt draͤngte erſchrocken
weiter. Hier wollen wir ausruhen, ſagte Juanna, ihn
feſthaltend. Er ſchaute nun unverwandt hinuͤber, wie
in einen Traum. Eine alte, blinde Frau ſaß in der
Abendſonne vor der Thuͤr, ein ſchoͤnes bleiches Maͤd¬
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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