Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.gen. -- Währenddeß stieg der Maler Albert, bis an Wetterleuchten fern im Dunkeln, Wunderbar die Berge stehn,Nur die Bäche manchmal funkeln, Die im Grund verworren gehn, Und ich schaue froherschrocken Wie in eines Traumes Pracht -- Schüttle nur die dunklen Locken, Deine Augen sind die Nacht! Der Nachtwächter unter den Fenstern aber schüt¬ gen. — Waͤhrenddeß ſtieg der Maler Albert, bis an Wetterleuchten fern im Dunkeln, Wunderbar die Berge ſtehn,Nur die Baͤche manchmal funkeln, Die im Grund verworren gehn, Und ich ſchaue froherſchrocken Wie in eines Traumes Pracht — Schuͤttle nur die dunklen Locken, Deine Augen ſind die Nacht! Der Nachtwaͤchter unter den Fenſtern aber ſchuͤt¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0162" n="155"/> gen. — Waͤhrenddeß ſtieg der Maler Albert, bis an<lb/> die Zaͤhne bewaffnet, ſtill und ernſt den Waldberg<lb/> hinan. Er hatte vorhin die Graͤfin auf dem Felſen,<lb/> dann den Fuͤrſten heimlich hinaufſchleichen geſehen und<lb/> in ſeiner Tugendhaftigkeit ſogleich beſchloſſen, mit Gut<lb/> und Blut die Unſchuld zu beſchuͤtzen. Die Nacht war<lb/> ſchon hereingebrochen, die ganze Gegend ſtand wie in<lb/> Gedanken im Mondglanz umher, und als Juanna<lb/> wieder im Schloß an ihrem Fenſter ſtand, hoͤrte ſie<lb/> unter ſich den Strom aufrauſchen, wie von Ruder¬<lb/> ſchlaͤgen. Es war Lothario, der unten auf einem Na¬<lb/> chen voruͤberfuhr und ſang, ſie konnte durch den Nacht¬<lb/> wind nur folgende Worte verſtehen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Wetterleuchten fern im Dunkeln,</l><lb/> <l>Wunderbar die Berge ſtehn,</l><lb/> <l>Nur die Baͤche manchmal funkeln,</l><lb/> <l>Die im Grund verworren gehn,</l><lb/> <l>Und ich ſchaue froherſchrocken</l><lb/> <l>Wie in eines Traumes Pracht —</l><lb/> <l>Schuͤttle nur die dunklen Locken,</l><lb/> <l>Deine Augen ſind die Nacht!</l><lb/> </lg> <p>Der Nachtwaͤchter unter den Fenſtern aber ſchuͤt¬<lb/> telte den Kopf und ſah zu ſeiner Verwunderung auf<lb/> dem Felſen druͤben eine lange Geſtalt, auf ihr Schwert<lb/> geſtuͤtzt, die halbe Nacht hindurch gleich einer verlornen<lb/> Schildwacht ſtehen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0162]
gen. — Waͤhrenddeß ſtieg der Maler Albert, bis an
die Zaͤhne bewaffnet, ſtill und ernſt den Waldberg
hinan. Er hatte vorhin die Graͤfin auf dem Felſen,
dann den Fuͤrſten heimlich hinaufſchleichen geſehen und
in ſeiner Tugendhaftigkeit ſogleich beſchloſſen, mit Gut
und Blut die Unſchuld zu beſchuͤtzen. Die Nacht war
ſchon hereingebrochen, die ganze Gegend ſtand wie in
Gedanken im Mondglanz umher, und als Juanna
wieder im Schloß an ihrem Fenſter ſtand, hoͤrte ſie
unter ſich den Strom aufrauſchen, wie von Ruder¬
ſchlaͤgen. Es war Lothario, der unten auf einem Na¬
chen voruͤberfuhr und ſang, ſie konnte durch den Nacht¬
wind nur folgende Worte verſtehen:
Wetterleuchten fern im Dunkeln,
Wunderbar die Berge ſtehn,
Nur die Baͤche manchmal funkeln,
Die im Grund verworren gehn,
Und ich ſchaue froherſchrocken
Wie in eines Traumes Pracht —
Schuͤttle nur die dunklen Locken,
Deine Augen ſind die Nacht!
Der Nachtwaͤchter unter den Fenſtern aber ſchuͤt¬
telte den Kopf und ſah zu ſeiner Verwunderung auf
dem Felſen druͤben eine lange Geſtalt, auf ihr Schwert
geſtuͤtzt, die halbe Nacht hindurch gleich einer verlornen
Schildwacht ſtehen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |