Stille knieend über ihr -- aber sie athmete nicht mehr, stumm und bleich in strenger Todesschönheit.
Das hatte alles anders gestellt, als die lustigen Jäger sich's dachten. Fortunat war damals noch vor Abend von der Jagd abgekommen und mehrere Tage allein im Walde umhergeschweift, um recht nach Her¬ zenslust das schöne Gebirge zu durchforschen. Als er zurückkehrte, fand er zu seinem Erstaunen alles leer, das Abendroth schien über Schloß und Garten, aus dem einen Flügel klang eine Spieluhr noch in einzel¬ nen, langgezogenen Tönen herüber. Bei seinen Trit¬ ten, die in dem trockenen Laube raschelten, fuhr der alte Schloßwart erschrocken empor, der auf den Mar¬ morstufen vor dem Schlosse eingeschlummert war. Von diesem hörte er nun, die Gräfin Juanna habe sich auf der Jagd in den Klippen verstiegen, so sey sie im Fluß verunglückt, zwei Hirten hätten sie im Mondschein auf dem Strome schwimmen gesehen und mit dem Wassermann ringen. Da wäre der Fürst sogleich am andern Morgen mit seinem ganzen Ge¬ folge nach der Residenz aufgebrochen, auch die Schau¬ spielertruppe sey wieder weiter gezogen; von Lothario wußte er nichts. -- Fortunaten aber befiel ein tiefes Grauen in der plötzlichen Einsamkeit, er beschloß, noch heut bis in das nächste Städtchen zu reisen und sich dann ohne weiteren Aufenthalt nach Italien zu wen¬
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Stille knieend uͤber ihr — aber ſie athmete nicht mehr, ſtumm und bleich in ſtrenger Todesſchoͤnheit.
Das hatte alles anders geſtellt, als die luſtigen Jaͤger ſich's dachten. Fortunat war damals noch vor Abend von der Jagd abgekommen und mehrere Tage allein im Walde umhergeſchweift, um recht nach Her¬ zensluſt das ſchoͤne Gebirge zu durchforſchen. Als er zuruͤckkehrte, fand er zu ſeinem Erſtaunen alles leer, das Abendroth ſchien uͤber Schloß und Garten, aus dem einen Fluͤgel klang eine Spieluhr noch in einzel¬ nen, langgezogenen Toͤnen heruͤber. Bei ſeinen Trit¬ ten, die in dem trockenen Laube raſchelten, fuhr der alte Schloßwart erſchrocken empor, der auf den Mar¬ morſtufen vor dem Schloſſe eingeſchlummert war. Von dieſem hoͤrte er nun, die Graͤfin Juanna habe ſich auf der Jagd in den Klippen verſtiegen, ſo ſey ſie im Fluß verungluͤckt, zwei Hirten haͤtten ſie im Mondſchein auf dem Strome ſchwimmen geſehen und mit dem Waſſermann ringen. Da waͤre der Fuͤrſt ſogleich am andern Morgen mit ſeinem ganzen Ge¬ folge nach der Reſidenz aufgebrochen, auch die Schau¬ ſpielertruppe ſey wieder weiter gezogen; von Lothario wußte er nichts. — Fortunaten aber befiel ein tiefes Grauen in der ploͤtzlichen Einſamkeit, er beſchloß, noch heut bis in das naͤchſte Staͤdtchen zu reiſen und ſich dann ohne weiteren Aufenthalt nach Italien zu wen¬
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Stille knieend uͤber ihr — aber ſie athmete nicht mehr,
ſtumm und bleich in ſtrenger Todesſchoͤnheit.
Das hatte alles anders geſtellt, als die luſtigen
Jaͤger ſich's dachten. Fortunat war damals noch vor
Abend von der Jagd abgekommen und mehrere Tage
allein im Walde umhergeſchweift, um recht nach Her¬
zensluſt das ſchoͤne Gebirge zu durchforſchen. Als er
zuruͤckkehrte, fand er zu ſeinem Erſtaunen alles leer,
das Abendroth ſchien uͤber Schloß und Garten, aus
dem einen Fluͤgel klang eine Spieluhr noch in einzel¬
nen, langgezogenen Toͤnen heruͤber. Bei ſeinen Trit¬
ten, die in dem trockenen Laube raſchelten, fuhr der
alte Schloßwart erſchrocken empor, der auf den Mar¬
morſtufen vor dem Schloſſe eingeſchlummert war.
Von dieſem hoͤrte er nun, die Graͤfin Juanna habe
ſich auf der Jagd in den Klippen verſtiegen, ſo
ſey ſie im Fluß verungluͤckt, zwei Hirten haͤtten ſie im
Mondſchein auf dem Strome ſchwimmen geſehen und
mit dem Waſſermann ringen. Da waͤre der Fuͤrſt
ſogleich am andern Morgen mit ſeinem ganzen Ge¬
folge nach der Reſidenz aufgebrochen, auch die Schau¬
ſpielertruppe ſey wieder weiter gezogen; von Lothario
wußte er nichts. — Fortunaten aber befiel ein tiefes
Grauen in der ploͤtzlichen Einſamkeit, er beſchloß, noch
heut bis in das naͤchſte Staͤdtchen zu reiſen und ſich
dann ohne weiteren Aufenthalt nach Italien zu wen¬
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/184>, abgerufen am 21.11.2024.
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