Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.einer Laute, bald darauf sang eine schöne männliche Jetzt wandr' ich erst gern! Am Fenster nun lauschen Die Mädchen, es rauschen Die Brunnen von fern. Aus schimmernden Büschen Ihr Plaudern so lieb Erkenn' ich dazwischen, Ich höre mein Lieb! Kordelchen, die aufmerksam hinabgelauscht hatte, Ich höre mein Lieb, Beim wechselnden Scheine Verläßt er die Seine Und kommt wie ein Dieb. Es hallt von den Steinen, Die Wipfel wehn sacht Und sagen's der Deinen -- Ja, hüt' dich bei Nacht! Der Sänger unten schien es vernommen zu ha¬ Ja hüt' dich! bei Nacht
Pflegt Amor zu wandern, Ruft leise die andern, Da schreiten erwacht Die Götter zur Halle In's Freie hinaus, Es bringt sie dir alle Der Dichter in's Haus. einer Laute, bald darauf ſang eine ſchoͤne maͤnnliche Jetzt wandr' ich erſt gern! Am Fenſter nun lauſchen Die Maͤdchen, es rauſchen Die Brunnen von fern. Aus ſchimmernden Buͤſchen Ihr Plaudern ſo lieb Erkenn' ich dazwiſchen, Ich hoͤre mein Lieb! Kordelchen, die aufmerkſam hinabgelauſcht hatte, Ich hoͤre mein Lieb, Beim wechſelnden Scheine Verlaͤßt er die Seine Und kommt wie ein Dieb. Es hallt von den Steinen, Die Wipfel wehn ſacht Und ſagen's der Deinen — Ja, huͤt' dich bei Nacht! Der Saͤnger unten ſchien es vernommen zu ha¬ Ja huͤt' dich! bei Nacht
Pflegt Amor zu wandern, Ruft leiſe die andern, Da ſchreiten erwacht Die Goͤtter zur Halle In's Freie hinaus, Es bringt ſie dir alle Der Dichter in's Haus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0206" n="199"/> einer Laute, bald darauf ſang eine ſchoͤne maͤnnliche<lb/> Stimme:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Jetzt wandr' ich erſt gern!</l><lb/> <l>Am Fenſter nun lauſchen</l><lb/> <l>Die Maͤdchen, es rauſchen</l><lb/> <l>Die Brunnen von fern.</l><lb/> <l>Aus ſchimmernden Buͤſchen</l><lb/> <l>Ihr Plaudern ſo lieb</l><lb/> <l>Erkenn' ich dazwiſchen,</l><lb/> <l>Ich hoͤre mein Lieb!</l><lb/> </lg> <p>Kordelchen, die aufmerkſam hinabgelauſcht hatte,<lb/> beſann ſich nicht lange und antwortete ſogleich nach<lb/> derſelben Melodie:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ich hoͤre mein Lieb,</l><lb/> <l>Beim wechſelnden Scheine</l><lb/> <l>Verlaͤßt er die Seine</l><lb/> <l>Und kommt wie ein Dieb.</l><lb/> <l>Es hallt von den Steinen,</l><lb/> <l>Die Wipfel wehn ſacht</l><lb/> <l>Und ſagen's der Deinen —</l><lb/> <l>Ja, huͤt' dich bei Nacht!</l><lb/> </lg> <p>Der Saͤnger unten ſchien es vernommen zu ha¬<lb/> ben, er ſang, immer naͤher und naͤher kommend, luſtig<lb/> entgegen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ja huͤt' dich! bei Nacht</l><lb/> <l>Pflegt Amor zu wandern,</l><lb/> <l>Ruft leiſe die andern,</l><lb/> <l>Da ſchreiten erwacht</l><lb/> <l>Die Goͤtter zur Halle</l><lb/> <l>In's Freie hinaus,</l><lb/> <l>Es bringt ſie dir alle</l><lb/> <l>Der Dichter in's Haus.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0206]
einer Laute, bald darauf ſang eine ſchoͤne maͤnnliche
Stimme:
Jetzt wandr' ich erſt gern!
Am Fenſter nun lauſchen
Die Maͤdchen, es rauſchen
Die Brunnen von fern.
Aus ſchimmernden Buͤſchen
Ihr Plaudern ſo lieb
Erkenn' ich dazwiſchen,
Ich hoͤre mein Lieb!
Kordelchen, die aufmerkſam hinabgelauſcht hatte,
beſann ſich nicht lange und antwortete ſogleich nach
derſelben Melodie:
Ich hoͤre mein Lieb,
Beim wechſelnden Scheine
Verlaͤßt er die Seine
Und kommt wie ein Dieb.
Es hallt von den Steinen,
Die Wipfel wehn ſacht
Und ſagen's der Deinen —
Ja, huͤt' dich bei Nacht!
Der Saͤnger unten ſchien es vernommen zu ha¬
ben, er ſang, immer naͤher und naͤher kommend, luſtig
entgegen:
Ja huͤt' dich! bei Nacht
Pflegt Amor zu wandern,
Ruft leiſe die andern,
Da ſchreiten erwacht
Die Goͤtter zur Halle
In's Freie hinaus,
Es bringt ſie dir alle
Der Dichter in's Haus.
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