Grundling in das Haus hinein. -- Laßt mich jetzt ungeschoren, das rath' ich euch, erwiederte Guido zor¬ nig von Innen, wem sein Himmel über dem Haupte zusammenbrach, dem kommts auf ein Paar Scherben mehr oder weniger nicht an. -- Hier aber verwickelte er sich unter dem alten Gerümpel des Hausflurs mit den Füßen in umherliegende Schläuche, er zuckte unge¬ duldig, darüber gerieth ein übereinandergeschichteter Thurm von leeren Weintonnen in's Wanken und Fal¬ len, bis auf einmal Schaffe, Tonnen und Maler, unaufhaltsam übereinanderkollernd, zum Hause heraus¬ gestürzt kamen. Grundling, der sich vorwitzig der Thüre genähert hatte, konnte nicht so schnell entsprin¬ gen, eine Tonne hüpfte ihm zwischen die Beine, er wollte sich an Otto'n festhalten, erwischte aber nur seine Laute, mit der er krachend niederfiel. Otto schalt auf Grundling, Grundling auf Guido, Guido auf mehrere alte Weiber, die über dem Lärm keifend aus allen Dachfenstern herausfuhren. Mitten aus dieser Verwirrung brach endlich das tiefe, weitschal¬ lende Lachen Grundlings mit solcher vehementen Herz¬ lichkeit, daß es bald Handelnde und Zuschauer unauf¬ haltsam mit fortriß.
Diese unerwartete Explosion zerstreute die letzten Wölkchen an dem leichtbeweglichen Horizont. Auch Guido hatte darüber seine hochmüthige Zerknirschung gänzlich wieder vergessen. Man holte Wein herbei,
Grundling in das Haus hinein. — Laßt mich jetzt ungeſchoren, das rath' ich euch, erwiederte Guido zor¬ nig von Innen, wem ſein Himmel uͤber dem Haupte zuſammenbrach, dem kommts auf ein Paar Scherben mehr oder weniger nicht an. — Hier aber verwickelte er ſich unter dem alten Geruͤmpel des Hausflurs mit den Fuͤßen in umherliegende Schlaͤuche, er zuckte unge¬ duldig, daruͤber gerieth ein uͤbereinandergeſchichteter Thurm von leeren Weintonnen in's Wanken und Fal¬ len, bis auf einmal Schaffe, Tonnen und Maler, unaufhaltſam uͤbereinanderkollernd, zum Hauſe heraus¬ geſtuͤrzt kamen. Grundling, der ſich vorwitzig der Thuͤre genaͤhert hatte, konnte nicht ſo ſchnell entſprin¬ gen, eine Tonne huͤpfte ihm zwiſchen die Beine, er wollte ſich an Otto'n feſthalten, erwiſchte aber nur ſeine Laute, mit der er krachend niederfiel. Otto ſchalt auf Grundling, Grundling auf Guido, Guido auf mehrere alte Weiber, die uͤber dem Laͤrm keifend aus allen Dachfenſtern herausfuhren. Mitten aus dieſer Verwirrung brach endlich das tiefe, weitſchal¬ lende Lachen Grundlings mit ſolcher vehementen Herz¬ lichkeit, daß es bald Handelnde und Zuſchauer unauf¬ haltſam mit fortriß.
Dieſe unerwartete Exploſion zerſtreute die letzten Woͤlkchen an dem leichtbeweglichen Horizont. Auch Guido hatte daruͤber ſeine hochmuͤthige Zerknirſchung gaͤnzlich wieder vergeſſen. Man holte Wein herbei,
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Grundling in das Haus hinein. — Laßt mich jetzt
ungeſchoren, das rath' ich euch, erwiederte Guido zor¬
nig von Innen, wem ſein Himmel uͤber dem Haupte
zuſammenbrach, dem kommts auf ein Paar Scherben
mehr oder weniger nicht an. — Hier aber verwickelte
er ſich unter dem alten Geruͤmpel des Hausflurs mit
den Fuͤßen in umherliegende Schlaͤuche, er zuckte unge¬
duldig, daruͤber gerieth ein uͤbereinandergeſchichteter
Thurm von leeren Weintonnen in's Wanken und Fal¬
len, bis auf einmal Schaffe, Tonnen und Maler,
unaufhaltſam uͤbereinanderkollernd, zum Hauſe heraus¬
geſtuͤrzt kamen. Grundling, der ſich vorwitzig der
Thuͤre genaͤhert hatte, konnte nicht ſo ſchnell entſprin¬
gen, eine Tonne huͤpfte ihm zwiſchen die Beine, er
wollte ſich an Otto'n feſthalten, erwiſchte aber nur
ſeine Laute, mit der er krachend niederfiel. Otto
ſchalt auf Grundling, Grundling auf Guido, Guido
auf mehrere alte Weiber, die uͤber dem Laͤrm keifend
aus allen Dachfenſtern herausfuhren. Mitten aus
dieſer Verwirrung brach endlich das tiefe, weitſchal¬
lende Lachen Grundlings mit ſolcher vehementen Herz¬
lichkeit, daß es bald Handelnde und Zuſchauer unauf¬
haltſam mit fortriß.
Dieſe unerwartete Exploſion zerſtreute die letzten
Woͤlkchen an dem leichtbeweglichen Horizont. Auch
Guido hatte daruͤber ſeine hochmuͤthige Zerknirſchung
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/208>, abgerufen am 21.11.2024.
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