anschlagen. Eine junge Dame in reicher, eleganter Kleidung trat in den Garten, und hob den seidenen Hut vom Köpfchen, die reichen Locken ringelten über den schönen, vollen Nacken hinab -- es war Annidi, wie war sie seitdem so prächtig geworden! Sie warf ihre Handschuh der dienstfertig herbei eilenden Mutter nachlässig zu, während ihr Vater, der sie als Bedien¬ ter begleitet zu haben schien, im Hause Shawl und Sonnenschirm niederlegte. Der Graf Archimbaldi läßt dich grüßen, sagte sie zu Otto, aber die ganze Noblesse wundert sich, lieber Mann, daß du so men¬ schenscheu bist und immerfort studirst, der lustige Duca sagte, Weisheit mache weiße Köpfe. Auch die junge Malerfrau war heute dort, mein Gott, wie war die angezogen! Der junge Mensch flüsterte mir heimlich in's Ohr, sie sey wahrscheinlich, erst halb schraffirt und grundirt, ihrem Pinsel von Mann entlaufen. --
Hier aber brach sie plötzlich erschrocken ab, da Otto endlich aufsah und ihr das bleiche, wüste Gesicht zuwandte. Sie hielt ihn für krank, sie ließ es sich nicht ausreden. Die Mutter mußte sogleich nach der Küche laufen, es wurde Thee gekocht, herzstärkende Tropfen geholt und Kräuter gestampft mit großem Geräusch. -- Mir geschieht schon recht, rief Otto mit schneidender Bitterkeit aus, ihr habt ganz recht, mit den Fingern nach mir zu weisen. Doch ich will einen Strich durch die Rechnung meines Lebens machen,
anſchlagen. Eine junge Dame in reicher, eleganter Kleidung trat in den Garten, und hob den ſeidenen Hut vom Koͤpfchen, die reichen Locken ringelten uͤber den ſchoͤnen, vollen Nacken hinab — es war Annidi, wie war ſie ſeitdem ſo praͤchtig geworden! Sie warf ihre Handſchuh der dienſtfertig herbei eilenden Mutter nachlaͤſſig zu, waͤhrend ihr Vater, der ſie als Bedien¬ ter begleitet zu haben ſchien, im Hauſe Shawl und Sonnenſchirm niederlegte. Der Graf Archimbaldi laͤßt dich gruͤßen, ſagte ſie zu Otto, aber die ganze Nobleſſe wundert ſich, lieber Mann, daß du ſo men¬ ſchenſcheu biſt und immerfort ſtudirſt, der luſtige Duca ſagte, Weisheit mache weiße Koͤpfe. Auch die junge Malerfrau war heute dort, mein Gott, wie war die angezogen! Der junge Menſch fluͤſterte mir heimlich in's Ohr, ſie ſey wahrſcheinlich, erſt halb ſchraffirt und grundirt, ihrem Pinſel von Mann entlaufen. —
Hier aber brach ſie ploͤtzlich erſchrocken ab, da Otto endlich aufſah und ihr das bleiche, wuͤſte Geſicht zuwandte. Sie hielt ihn fuͤr krank, ſie ließ es ſich nicht ausreden. Die Mutter mußte ſogleich nach der Kuͤche laufen, es wurde Thee gekocht, herzſtaͤrkende Tropfen geholt und Kraͤuter geſtampft mit großem Geraͤuſch. — Mir geſchieht ſchon recht, rief Otto mit ſchneidender Bitterkeit aus, ihr habt ganz recht, mit den Fingern nach mir zu weiſen. Doch ich will einen Strich durch die Rechnung meines Lebens machen,
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anſchlagen. Eine junge Dame in reicher, eleganter
Kleidung trat in den Garten, und hob den ſeidenen
Hut vom Koͤpfchen, die reichen Locken ringelten uͤber
den ſchoͤnen, vollen Nacken hinab — es war Annidi,
wie war ſie ſeitdem ſo praͤchtig geworden! Sie warf
ihre Handſchuh der dienſtfertig herbei eilenden Mutter
nachlaͤſſig zu, waͤhrend ihr Vater, der ſie als Bedien¬
ter begleitet zu haben ſchien, im Hauſe Shawl und
Sonnenſchirm niederlegte. Der Graf Archimbaldi
laͤßt dich gruͤßen, ſagte ſie zu Otto, aber die ganze
Nobleſſe wundert ſich, lieber Mann, daß du ſo men¬
ſchenſcheu biſt und immerfort ſtudirſt, der luſtige Duca
ſagte, Weisheit mache weiße Koͤpfe. Auch die junge
Malerfrau war heute dort, mein Gott, wie war die
angezogen! Der junge Menſch fluͤſterte mir heimlich
in's Ohr, ſie ſey wahrſcheinlich, erſt halb ſchraffirt und
grundirt, ihrem Pinſel von Mann entlaufen. —
Hier aber brach ſie ploͤtzlich erſchrocken ab, da
Otto endlich aufſah und ihr das bleiche, wuͤſte Geſicht
zuwandte. Sie hielt ihn fuͤr krank, ſie ließ es ſich
nicht ausreden. Die Mutter mußte ſogleich nach der
Kuͤche laufen, es wurde Thee gekocht, herzſtaͤrkende
Tropfen geholt und Kraͤuter geſtampft mit großem
Geraͤuſch. — Mir geſchieht ſchon recht, rief Otto mit
ſchneidender Bitterkeit aus, ihr habt ganz recht, mit
den Fingern nach mir zu weiſen. Doch ich will einen
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/236>, abgerufen am 21.11.2024.
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