Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.der in der Abendluft flatterten, von Zeit zu Zeit gab Die Lerch', der Frühlingsbote, Sich in die Lüfte schwingt,Eine frische Reisenote Durch Wald und Herz erklingt! Mein Gott, rief Otto sich besinnend aus, das Die Wolken zieh'n hernieder, Die Lerche senkt sich gleich --Gedanken geh'n und Lieder In's liebe deutsche Reich. "Aber eh' ich ihnen selbst nachreite, muß ich vor¬ Sie zog ihn in die Laube, Guido und ihre ande¬ der in der Abendluft flatterten, von Zeit zu Zeit gab Die Lerch', der Fruͤhlingsbote, Sich in die Luͤfte ſchwingt,Eine friſche Reiſenote Durch Wald und Herz erklingt! Mein Gott, rief Otto ſich beſinnend aus, das Die Wolken zieh'n hernieder, Die Lerche ſenkt ſich gleich —Gedanken geh'n und Lieder In's liebe deutſche Reich. „Aber eh' ich ihnen ſelbſt nachreite, muß ich vor¬ Sie zog ihn in die Laube, Guido und ihre ande¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0239" n="232"/> der in der Abendluft flatterten, von Zeit zu Zeit gab<lb/> er einen vollen Klang auf der Zitter. — Otto folgte<lb/> der zierlichen Erſcheinung, erſtaunte aber nicht wenig,<lb/> als der Knabe auf einmal deutſch zu ſingen begann:</p><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Die Lerch', der Fruͤhlingsbote,</l><lb/> <l>Sich in die Luͤfte ſchwingt,</l><lb/> <l>Eine friſche Reiſenote</l><lb/> <l>Durch Wald und Herz erklingt!</l><lb/> </lg> <p>Mein Gott, rief Otto ſich beſinnend aus, das<lb/> iſt ja das Reiſelied, das ich ſo oft in Deutſchland<lb/> geſungen habe. — Er trat naͤher, der Zitterbube ſang<lb/> wieder:</p><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Die Wolken zieh'n hernieder,</l><lb/> <l>Die Lerche ſenkt ſich gleich —</l><lb/> <l>Gedanken geh'n und Lieder</l><lb/> <l>In's liebe deutſche Reich.</l><lb/> </lg> <p>„Aber eh' ich ihnen ſelbſt nachreite, muß ich vor¬<lb/> her trinken, denn ich bin beinah erdurſtet,“ unterbrach<lb/> ſich hier ploͤtzlich der Knabe, waͤhrend er vor einer<lb/> Laube anhielt und lachend von ſeinem Pferdchen dem<lb/> Otto faſt in die Arme ſprang. Dieſer erkannte nun<lb/><hi rendition="#g">Kordelchen</hi>, die ihn ſchon laͤngſt in der Menge hin¬<lb/> ter ſich bemerkt hatte.</p><lb/> <p>Sie zog ihn in die Laube, Guido und ihre ande¬<lb/> ren Begleiter, ſagte ſie, kauerten ſo eben wie Nacht¬<lb/> eulen in Ruinen und Felſenritzen, um zu zeichnen,<lb/> uͤberdieß habe ſie ſich auch mit ihnen verzankt. —<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [232/0239]
der in der Abendluft flatterten, von Zeit zu Zeit gab
er einen vollen Klang auf der Zitter. — Otto folgte
der zierlichen Erſcheinung, erſtaunte aber nicht wenig,
als der Knabe auf einmal deutſch zu ſingen begann:
Die Lerch', der Fruͤhlingsbote,
Sich in die Luͤfte ſchwingt,
Eine friſche Reiſenote
Durch Wald und Herz erklingt!
Mein Gott, rief Otto ſich beſinnend aus, das
iſt ja das Reiſelied, das ich ſo oft in Deutſchland
geſungen habe. — Er trat naͤher, der Zitterbube ſang
wieder:
Die Wolken zieh'n hernieder,
Die Lerche ſenkt ſich gleich —
Gedanken geh'n und Lieder
In's liebe deutſche Reich.
„Aber eh' ich ihnen ſelbſt nachreite, muß ich vor¬
her trinken, denn ich bin beinah erdurſtet,“ unterbrach
ſich hier ploͤtzlich der Knabe, waͤhrend er vor einer
Laube anhielt und lachend von ſeinem Pferdchen dem
Otto faſt in die Arme ſprang. Dieſer erkannte nun
Kordelchen, die ihn ſchon laͤngſt in der Menge hin¬
ter ſich bemerkt hatte.
Sie zog ihn in die Laube, Guido und ihre ande¬
ren Begleiter, ſagte ſie, kauerten ſo eben wie Nacht¬
eulen in Ruinen und Felſenritzen, um zu zeichnen,
uͤberdieß habe ſie ſich auch mit ihnen verzankt. —
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