Ihr hättet gar zu gern einen Schnauzbart an Eurem Mund. -- Wenn die Schnauze darunter hübscher wär' als Euere! -- Ich bitt' Euch, schnauzt mich nur nicht so an. Aber, Bart bei Seite, ich fürcht', er wird gleich grau sprossen, denn nach Eurem verliebten Liede macht Euch ein Mädchen viel Noth. -- Nein, zwei, so närrisch sie sind, ich hab' sie schon ganz müde gejagt. -- Daß die Jungfern nur dabei nicht fallen! wo jagt Ihr sie hin? -- Unter die Haube. -- Was! führt Ihr Hauben mit Euch? -- Gewiß, da guckt her! -- Hier lüftete der Jäger ein Felleisen, das hin¬ ter ihm lag. Der Pilgrim, der etwas kurzsichtig war, fuhr neugierig mit der Nase hinzu, und eh' er sich's versah, hatte ihm das Bürschchen von hinten eine schneeweiße Schlafmütze über den Kopf gestülpt.
Nun aber war der aufrechtstehende Zipfel der Nachtmütze nicht anders, als wie ein Blitzableiter, in den plötzlich von allen Seiten alle Witze, matte und feurige, durcheinander einschlugen. Darüber wurde der Pilger ganz hirnschellig, man wußte bei seinem wunderlichen Wesen nicht recht, ob es ihm Ernst oder Spaß war mit der Wuth. Der junge Jäger, da er unverhofft solche Wirthschaft angerichtet, saß unterdeß mäuschenstill und blickte nur ein paarmal scheu her¬ über. Als er aber den Pilger so auf das allerlustigste schimpfen hörte und unter seiner Schlafhaube wohl die Hasenohren sah, konnt' er's doch nicht lassen; er sprang
Ihr haͤttet gar zu gern einen Schnauzbart an Eurem Mund. — Wenn die Schnauze darunter huͤbſcher waͤr' als Euere! — Ich bitt' Euch, ſchnauzt mich nur nicht ſo an. Aber, Bart bei Seite, ich fuͤrcht', er wird gleich grau ſproſſen, denn nach Eurem verliebten Liede macht Euch ein Maͤdchen viel Noth. — Nein, zwei, ſo naͤrriſch ſie ſind, ich hab' ſie ſchon ganz muͤde gejagt. — Daß die Jungfern nur dabei nicht fallen! wo jagt Ihr ſie hin? — Unter die Haube. — Was! fuͤhrt Ihr Hauben mit Euch? — Gewiß, da guckt her! — Hier luͤftete der Jaͤger ein Felleiſen, das hin¬ ter ihm lag. Der Pilgrim, der etwas kurzſichtig war, fuhr neugierig mit der Naſe hinzu, und eh' er ſich's verſah, hatte ihm das Buͤrſchchen von hinten eine ſchneeweiße Schlafmuͤtze uͤber den Kopf geſtuͤlpt.
Nun aber war der aufrechtſtehende Zipfel der Nachtmuͤtze nicht anders, als wie ein Blitzableiter, in den ploͤtzlich von allen Seiten alle Witze, matte und feurige, durcheinander einſchlugen. Daruͤber wurde der Pilger ganz hirnſchellig, man wußte bei ſeinem wunderlichen Weſen nicht recht, ob es ihm Ernſt oder Spaß war mit der Wuth. Der junge Jaͤger, da er unverhofft ſolche Wirthſchaft angerichtet, ſaß unterdeß maͤuschenſtill und blickte nur ein paarmal ſcheu her¬ uͤber. Als er aber den Pilger ſo auf das allerluſtigſte ſchimpfen hoͤrte und unter ſeiner Schlafhaube wohl die Haſenohren ſah, konnt' er's doch nicht laſſen; er ſprang
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Ihr haͤttet gar zu gern einen Schnauzbart an Eurem
Mund. — Wenn die Schnauze darunter huͤbſcher waͤr'
als Euere! — Ich bitt' Euch, ſchnauzt mich nur
nicht ſo an. Aber, Bart bei Seite, ich fuͤrcht', er
wird gleich grau ſproſſen, denn nach Eurem verliebten
Liede macht Euch ein Maͤdchen viel Noth. — Nein,
zwei, ſo naͤrriſch ſie ſind, ich hab' ſie ſchon ganz muͤde
gejagt. — Daß die Jungfern nur dabei nicht fallen!
wo jagt Ihr ſie hin? — Unter die Haube. — Was!
fuͤhrt Ihr Hauben mit Euch? — Gewiß, da guckt
her! — Hier luͤftete der Jaͤger ein Felleiſen, das hin¬
ter ihm lag. Der Pilgrim, der etwas kurzſichtig war,
fuhr neugierig mit der Naſe hinzu, und eh' er ſich's
verſah, hatte ihm das Buͤrſchchen von hinten eine
ſchneeweiße Schlafmuͤtze uͤber den Kopf geſtuͤlpt.
Nun aber war der aufrechtſtehende Zipfel der
Nachtmuͤtze nicht anders, als wie ein Blitzableiter, in
den ploͤtzlich von allen Seiten alle Witze, matte und
feurige, durcheinander einſchlugen. Daruͤber wurde
der Pilger ganz hirnſchellig, man wußte bei ſeinem
wunderlichen Weſen nicht recht, ob es ihm Ernſt oder
Spaß war mit der Wuth. Der junge Jaͤger, da er
unverhofft ſolche Wirthſchaft angerichtet, ſaß unterdeß
maͤuschenſtill und blickte nur ein paarmal ſcheu her¬
uͤber. Als er aber den Pilger ſo auf das allerluſtigſte
ſchimpfen hoͤrte und unter ſeiner Schlafhaube wohl die
Haſenohren ſah, konnt' er's doch nicht laſſen; er ſprang
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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