ärgern. Was da Gelehrter! Zu Pferde muß man den Grafen Victor sehen, im Walde auf der Jagd, auf den Felsen, wo allen Andern schwindelt -- mit einem Wort: das ist ein rechter Mann! Das Be¬ rühmtseyn und Versemachen ist nur so Lumpenzeug daneben, wie eine Schabracke auf einem schönen Roß, und er giebt selber nichts darauf. Doch wir sprechen ein andermal mehr davon. -- Er stand nun auf und beschrieb Fortunaten die Gänge, die er im Garten ein¬ schlagen sollte, um zu den schönsten Punkten zu gelan¬ gen, da ihn selbst die Wirthschaftsanordnungen für den anbrechenden Tag in das Haus hineinriefen.
Fortunat wandte sich nun allein in den Garten, wo er zu seinem Erstaunen ringsumher nur architekto¬ nische Formen altmodischer Gänge, hohe, feierliche Buchenalleen, Springbrunnen und künstliche Blumen¬ beete erblickte, von denen dunkelglühende Päonien und prächtige Kaiserkronen glänzten. Es war, als hätte ein wunderlicher Zauberer über Nacht seine bunten Signaturen über das Grün gezogen, und säße nun selber eingeschlummert in dem Labyrinth beim Rauschen der Wasserkünste und träumte von der alten Zeit, die er in seine stillen Kreise gebannt.
Schon waren Schloß und Amtmannswohnung hinter Fortunaten versunken, als er plötzlich einen wohl¬ gekleideten jungen Mann bemerkte, der an den Mar¬ morstufen eines einsamen Gartenhauses eingeschlafen
aͤrgern. Was da Gelehrter! Zu Pferde muß man den Grafen Victor ſehen, im Walde auf der Jagd, auf den Felſen, wo allen Andern ſchwindelt — mit einem Wort: das iſt ein rechter Mann! Das Be¬ ruͤhmtſeyn und Verſemachen iſt nur ſo Lumpenzeug daneben, wie eine Schabracke auf einem ſchoͤnen Roß, und er giebt ſelber nichts darauf. Doch wir ſprechen ein andermal mehr davon. — Er ſtand nun auf und beſchrieb Fortunaten die Gaͤnge, die er im Garten ein¬ ſchlagen ſollte, um zu den ſchoͤnſten Punkten zu gelan¬ gen, da ihn ſelbſt die Wirthſchaftsanordnungen fuͤr den anbrechenden Tag in das Haus hineinriefen.
Fortunat wandte ſich nun allein in den Garten, wo er zu ſeinem Erſtaunen ringsumher nur architekto¬ niſche Formen altmodiſcher Gaͤnge, hohe, feierliche Buchenalleen, Springbrunnen und kuͤnſtliche Blumen¬ beete erblickte, von denen dunkelgluͤhende Paͤonien und praͤchtige Kaiſerkronen glaͤnzten. Es war, als haͤtte ein wunderlicher Zauberer uͤber Nacht ſeine bunten Signaturen uͤber das Gruͤn gezogen, und ſaͤße nun ſelber eingeſchlummert in dem Labyrinth beim Rauſchen der Waſſerkuͤnſte und traͤumte von der alten Zeit, die er in ſeine ſtillen Kreiſe gebannt.
Schon waren Schloß und Amtmannswohnung hinter Fortunaten verſunken, als er ploͤtzlich einen wohl¬ gekleideten jungen Mann bemerkte, der an den Mar¬ morſtufen eines einſamen Gartenhauſes eingeſchlafen
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aͤrgern. Was da Gelehrter! Zu Pferde muß man
den Grafen Victor ſehen, im Walde auf der Jagd,
auf den Felſen, wo allen Andern ſchwindelt — mit
einem Wort: das iſt ein rechter Mann! Das Be¬
ruͤhmtſeyn und Verſemachen iſt nur ſo Lumpenzeug
daneben, wie eine Schabracke auf einem ſchoͤnen Roß,
und er giebt ſelber nichts darauf. Doch wir ſprechen
ein andermal mehr davon. — Er ſtand nun auf und
beſchrieb Fortunaten die Gaͤnge, die er im Garten ein¬
ſchlagen ſollte, um zu den ſchoͤnſten Punkten zu gelan¬
gen, da ihn ſelbſt die Wirthſchaftsanordnungen fuͤr
den anbrechenden Tag in das Haus hineinriefen.
Fortunat wandte ſich nun allein in den Garten,
wo er zu ſeinem Erſtaunen ringsumher nur architekto¬
niſche Formen altmodiſcher Gaͤnge, hohe, feierliche
Buchenalleen, Springbrunnen und kuͤnſtliche Blumen¬
beete erblickte, von denen dunkelgluͤhende Paͤonien und
praͤchtige Kaiſerkronen glaͤnzten. Es war, als haͤtte
ein wunderlicher Zauberer uͤber Nacht ſeine bunten
Signaturen uͤber das Gruͤn gezogen, und ſaͤße nun
ſelber eingeſchlummert in dem Labyrinth beim Rauſchen
der Waſſerkuͤnſte und traͤumte von der alten Zeit, die
er in ſeine ſtillen Kreiſe gebannt.
Schon waren Schloß und Amtmannswohnung
hinter Fortunaten verſunken, als er ploͤtzlich einen wohl¬
gekleideten jungen Mann bemerkte, der an den Mar¬
morſtufen eines einſamen Gartenhauſes eingeſchlafen
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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