Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.kein Laut regte sich im ganzen Hause. Das Gras Jetzt wandr' ich erst gern! Voll Freude antwortete er sogleich mit den folgendenAm Fenster nun lauschen Die Mädchen, es rauschen Die Brunnen von fern -- Worten desselben Liedes: Aus schimmernden Büschen Barmherziger Gott -- Kordelchen! rief er auf einmalDein Plaudern so lieb Erkenn' ich dazwischen -- Ich höre mein Lieb! erschrocken aus. Die Schauspielerin stand vor ihm, sorgfältig geschmückt, frischgepflückte, bunte Blumen im Haar. -- Ist er noch immer nicht zu Hause? fragte sie, nach dem Palast schauend. -- Wer denn? ent¬ gegnete Otto ganz verwirrt. -- Bei dem Klang sei¬ ner Stimme horchte sie hoch auf und sah ihn lange kein Laut regte ſich im ganzen Hauſe. Das Gras Jetzt wandr' ich erſt gern! Voll Freude antwortete er ſogleich mit den folgendenAm Fenſter nun lauſchen Die Maͤdchen, es rauſchen Die Brunnen von fern — Worten deſſelben Liedes: Aus ſchimmernden Buͤſchen Barmherziger Gott — Kordelchen! rief er auf einmalDein Plaudern ſo lieb Erkenn' ich dazwiſchen — Ich hoͤre mein Lieb! erſchrocken aus. Die Schauſpielerin ſtand vor ihm, ſorgfaͤltig geſchmuͤckt, friſchgepfluͤckte, bunte Blumen im Haar. — Iſt er noch immer nicht zu Hauſe? fragte ſie, nach dem Palaſt ſchauend. — Wer denn? ent¬ gegnete Otto ganz verwirrt. — Bei dem Klang ſei¬ ner Stimme horchte ſie hoch auf und ſah ihn lange <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0324" n="317"/> kein Laut regte ſich im ganzen Hauſe. Das Gras<lb/> wuchs aus den Ritzen der Marmorſtufen, die Thuͤren<lb/> und Fenſter waren alle feſtverſchloſſen, nur der Wind<lb/> klappte eben mit einer halbzerbrochenen Lade, ſeitwaͤrts<lb/> ſchlug eine Nachtigall im Gebuͤſch, er hatte ſie oft ge¬<lb/> hoͤrt, wenn er in den ſchwuͤlen Sommernaͤchten hier<lb/> zum Liebchen ſchlich. — Mein Gott, wo bin ich denn<lb/> ſo lange geweſen! ſagte er in Gedanken verſunken. —<lb/> Da hoͤrte er ploͤtzlich in einiger Entfernung ein wohl¬<lb/> bekanntes Lied aus alter Zeit:<lb/><lg type="poem"><l>Jetzt wandr' ich erſt gern!</l><lb/><l>Am Fenſter nun lauſchen</l><lb/><l>Die Maͤdchen, es rauſchen</l><lb/><l>Die Brunnen von fern —</l><lb/></lg> Voll Freude antwortete er ſogleich mit den folgenden<lb/> Worten deſſelben Liedes:<lb/><lg type="poem"><l>Aus ſchimmernden Buͤſchen</l><lb/><l>Dein Plaudern ſo lieb</l><lb/><l>Erkenn' ich dazwiſchen —</l><lb/><l>Ich hoͤre mein Lieb!</l><lb/></lg> Barmherziger Gott — Kordelchen! rief er auf einmal<lb/> erſchrocken aus. Die Schauſpielerin ſtand vor ihm,<lb/> ſorgfaͤltig geſchmuͤckt, friſchgepfluͤckte, bunte Blumen im<lb/> Haar. — Iſt er noch immer nicht zu Hauſe? fragte<lb/> ſie, nach dem Palaſt ſchauend. — Wer denn? ent¬<lb/> gegnete Otto ganz verwirrt. — Bei dem Klang ſei¬<lb/> ner Stimme horchte ſie hoch auf und ſah ihn lange<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [317/0324]
kein Laut regte ſich im ganzen Hauſe. Das Gras
wuchs aus den Ritzen der Marmorſtufen, die Thuͤren
und Fenſter waren alle feſtverſchloſſen, nur der Wind
klappte eben mit einer halbzerbrochenen Lade, ſeitwaͤrts
ſchlug eine Nachtigall im Gebuͤſch, er hatte ſie oft ge¬
hoͤrt, wenn er in den ſchwuͤlen Sommernaͤchten hier
zum Liebchen ſchlich. — Mein Gott, wo bin ich denn
ſo lange geweſen! ſagte er in Gedanken verſunken. —
Da hoͤrte er ploͤtzlich in einiger Entfernung ein wohl¬
bekanntes Lied aus alter Zeit:
Jetzt wandr' ich erſt gern!
Am Fenſter nun lauſchen
Die Maͤdchen, es rauſchen
Die Brunnen von fern —
Voll Freude antwortete er ſogleich mit den folgenden
Worten deſſelben Liedes:
Aus ſchimmernden Buͤſchen
Dein Plaudern ſo lieb
Erkenn' ich dazwiſchen —
Ich hoͤre mein Lieb!
Barmherziger Gott — Kordelchen! rief er auf einmal
erſchrocken aus. Die Schauſpielerin ſtand vor ihm,
ſorgfaͤltig geſchmuͤckt, friſchgepfluͤckte, bunte Blumen im
Haar. — Iſt er noch immer nicht zu Hauſe? fragte
ſie, nach dem Palaſt ſchauend. — Wer denn? ent¬
gegnete Otto ganz verwirrt. — Bei dem Klang ſei¬
ner Stimme horchte ſie hoch auf und ſah ihn lange
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