Weiher gelangt, in dessen Mitte sich eine, wie es schien, unzugängliche Insel im frischen Schmuck des Morgenthaues spiegelte. Spuren ehemaliger Gänge und Blumenplätze waren von hohem Grase und Un¬ kraut überwachsen, fremde Blütengewächse schlangen sich an den Baumstämmen empor, nur einzelne hohe Blumen funkelten noch hier und da aus der bunten Verwilderung, in der unzählige Vögel sangen. Das war sonst Victors Lieblingsplatz, sagte der Fremde nach einem Weilchen, hier hat er den Namen seines ersten Liebchens in die Bäume geschnitten. Das Mäd¬ chen ist todt, der Nachen zu der Insel lange zertrüm¬ mert und versenkt, und Wipfel und Zweige, Unkraut und Blüten schlingen sich drüben verwildert durch ein¬ ander, und können doch nicht in den Himmel wachsen. -- Ein seltsames Leuchten flog bei diesen Worten über sein geistreiches Gesicht. Dann auf einmal zu Fortu¬ naten gewandt, sagte er: aber Sie sind am Ende selbst der Graf Victor -- läugnen Sie nur nicht! -- For¬ tunat brach in lautes Lachen aus, und bat den Unbe¬ kannten, der ihm wohl behagte, zu wechselseitiger nähe¬ rer Bekanntschaft sogleich mit zum Amtmann hinauf zu kommen. Der Fremde besann sich einen Augen¬ blick, und fragte dann, ob noch mehrere Gäste dort wären? Da er hörte, daß auch Walter droben sey, entschuldigte er sich, er habe zu lange am Brunnen geschlafen, und müsse nun schnell wieder weiter. --
Weiher gelangt, in deſſen Mitte ſich eine, wie es ſchien, unzugaͤngliche Inſel im friſchen Schmuck des Morgenthaues ſpiegelte. Spuren ehemaliger Gaͤnge und Blumenplaͤtze waren von hohem Graſe und Un¬ kraut uͤberwachſen, fremde Bluͤtengewaͤchſe ſchlangen ſich an den Baumſtaͤmmen empor, nur einzelne hohe Blumen funkelten noch hier und da aus der bunten Verwilderung, in der unzaͤhlige Voͤgel ſangen. Das war ſonſt Victors Lieblingsplatz, ſagte der Fremde nach einem Weilchen, hier hat er den Namen ſeines erſten Liebchens in die Baͤume geſchnitten. Das Maͤd¬ chen iſt todt, der Nachen zu der Inſel lange zertruͤm¬ mert und verſenkt, und Wipfel und Zweige, Unkraut und Bluͤten ſchlingen ſich druͤben verwildert durch ein¬ ander, und koͤnnen doch nicht in den Himmel wachſen. — Ein ſeltſames Leuchten flog bei dieſen Worten uͤber ſein geiſtreiches Geſicht. Dann auf einmal zu Fortu¬ naten gewandt, ſagte er: aber Sie ſind am Ende ſelbſt der Graf Victor — laͤugnen Sie nur nicht! — For¬ tunat brach in lautes Lachen aus, und bat den Unbe¬ kannten, der ihm wohl behagte, zu wechſelſeitiger naͤhe¬ rer Bekanntſchaft ſogleich mit zum Amtmann hinauf zu kommen. Der Fremde beſann ſich einen Augen¬ blick, und fragte dann, ob noch mehrere Gaͤſte dort waͤren? Da er hoͤrte, daß auch Walter droben ſey, entſchuldigte er ſich, er habe zu lange am Brunnen geſchlafen, und muͤſſe nun ſchnell wieder weiter. —
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Weiher gelangt, in deſſen Mitte ſich eine, wie es
ſchien, unzugaͤngliche Inſel im friſchen Schmuck des
Morgenthaues ſpiegelte. Spuren ehemaliger Gaͤnge
und Blumenplaͤtze waren von hohem Graſe und Un¬
kraut uͤberwachſen, fremde Bluͤtengewaͤchſe ſchlangen
ſich an den Baumſtaͤmmen empor, nur einzelne hohe
Blumen funkelten noch hier und da aus der bunten
Verwilderung, in der unzaͤhlige Voͤgel ſangen. Das
war ſonſt Victors Lieblingsplatz, ſagte der Fremde
nach einem Weilchen, hier hat er den Namen ſeines
erſten Liebchens in die Baͤume geſchnitten. Das Maͤd¬
chen iſt todt, der Nachen zu der Inſel lange zertruͤm¬
mert und verſenkt, und Wipfel und Zweige, Unkraut
und Bluͤten ſchlingen ſich druͤben verwildert durch ein¬
ander, und koͤnnen doch nicht in den Himmel wachſen.
— Ein ſeltſames Leuchten flog bei dieſen Worten uͤber
ſein geiſtreiches Geſicht. Dann auf einmal zu Fortu¬
naten gewandt, ſagte er: aber Sie ſind am Ende ſelbſt
der Graf Victor — laͤugnen Sie nur nicht! — For¬
tunat brach in lautes Lachen aus, und bat den Unbe¬
kannten, der ihm wohl behagte, zu wechſelſeitiger naͤhe¬
rer Bekanntſchaft ſogleich mit zum Amtmann hinauf
zu kommen. Der Fremde beſann ſich einen Augen¬
blick, und fragte dann, ob noch mehrere Gaͤſte dort
waͤren? Da er hoͤrte, daß auch Walter droben ſey,
entſchuldigte er ſich, er habe zu lange am Brunnen
geſchlafen, und muͤſſe nun ſchnell wieder weiter. —
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/34>, abgerufen am 21.11.2024.
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