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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

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Drum schau ich über die Wipfel hier hinaus;
Und bist Du der Alte noch immer,
So lad' ich Dich wieder in mein grünes Haus!
Da gehn, wie damals, noch mit Gefunkel
Die Quellen verworren durch's kühle Dunkel,
Waldhornsklänge und Vögelschall,
Von fern dazwischen der Wasserfall,
Und über uns rauschend die Buchen und Fichten,
Erzählen Dir wieder die alten Geschichten. --
Doch hast Du über Pandekten und Latein
Seitdem vergessen die Sprache mein,
So magst Du über Deinem Buche hocken und lesen!
Das meine ist doch gescheuter gewesen!
Dann halt' ich auf ewig meinen großen Mund,
Wir sehen uns nimmermehr wieder -- und --
Und -- hier blieb der Gebirgsgeist plötzlich stecken,
man hörte eine andere Stimme immer lauter, aber
vergeblich soufliren. Darüber gerieth das Haupt nach
und nach ins Wackeln, auf einmal kollerte es zwischen
den Zweigen auf die Anhöhe herunter und prasselnd
hinterdrein der Förster und Fortunat zu großem Ge¬
lächter und Ergötzen der Umstehenden.

Otto stürzte dem schimpfenden, sich abstäubenden
Waldmann herzlich in die Arme, dann sah er mit den
schönen Augen Fortunaten nachdenklich an. Gott
weiß es, sagte er, ich verstehe die Waldessprache noch
immer, und was ich auch seitdem hinzugelernt habe,
sie ist und bleibt doch meine rechte Muttersprache! --
Nun bemerkte er erst die Andern in der Allee, und
fiel jubelnd dem Amtmann und seiner Frau und end¬

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Drum ſchau ich uͤber die Wipfel hier hinaus;
Und biſt Du der Alte noch immer,
So lad' ich Dich wieder in mein gruͤnes Haus!
Da gehn, wie damals, noch mit Gefunkel
Die Quellen verworren durch's kuͤhle Dunkel,
Waldhornsklaͤnge und Voͤgelſchall,
Von fern dazwiſchen der Waſſerfall,
Und uͤber uns rauſchend die Buchen und Fichten,
Erzaͤhlen Dir wieder die alten Geſchichten. —
Doch haſt Du uͤber Pandekten und Latein
Seitdem vergeſſen die Sprache mein,
So magſt Du uͤber Deinem Buche hocken und leſen!
Das meine iſt doch geſcheuter geweſen!
Dann halt' ich auf ewig meinen großen Mund,
Wir ſehen uns nimmermehr wieder — und —
Und — hier blieb der Gebirgsgeiſt ploͤtzlich ſtecken,
man hoͤrte eine andere Stimme immer lauter, aber
vergeblich ſoufliren. Daruͤber gerieth das Haupt nach
und nach ins Wackeln, auf einmal kollerte es zwiſchen
den Zweigen auf die Anhoͤhe herunter und praſſelnd
hinterdrein der Foͤrſter und Fortunat zu großem Ge¬
laͤchter und Ergoͤtzen der Umſtehenden.

Otto ſtuͤrzte dem ſchimpfenden, ſich abſtaͤubenden
Waldmann herzlich in die Arme, dann ſah er mit den
ſchoͤnen Augen Fortunaten nachdenklich an. Gott
weiß es, ſagte er, ich verſtehe die Waldesſprache noch
immer, und was ich auch ſeitdem hinzugelernt habe,
ſie iſt und bleibt doch meine rechte Mutterſprache! —
Nun bemerkte er erſt die Andern in der Allee, und
fiel jubelnd dem Amtmann und ſeiner Frau und end¬

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[33/0040] Drum ſchau ich uͤber die Wipfel hier hinaus; Und biſt Du der Alte noch immer, So lad' ich Dich wieder in mein gruͤnes Haus! Da gehn, wie damals, noch mit Gefunkel Die Quellen verworren durch's kuͤhle Dunkel, Waldhornsklaͤnge und Voͤgelſchall, Von fern dazwiſchen der Waſſerfall, Und uͤber uns rauſchend die Buchen und Fichten, Erzaͤhlen Dir wieder die alten Geſchichten. — Doch haſt Du uͤber Pandekten und Latein Seitdem vergeſſen die Sprache mein, So magſt Du uͤber Deinem Buche hocken und leſen! Das meine iſt doch geſcheuter geweſen! Dann halt' ich auf ewig meinen großen Mund, Wir ſehen uns nimmermehr wieder — und — Und — hier blieb der Gebirgsgeiſt ploͤtzlich ſtecken, man hoͤrte eine andere Stimme immer lauter, aber vergeblich ſoufliren. Daruͤber gerieth das Haupt nach und nach ins Wackeln, auf einmal kollerte es zwiſchen den Zweigen auf die Anhoͤhe herunter und praſſelnd hinterdrein der Foͤrſter und Fortunat zu großem Ge¬ laͤchter und Ergoͤtzen der Umſtehenden. Otto ſtuͤrzte dem ſchimpfenden, ſich abſtaͤubenden Waldmann herzlich in die Arme, dann ſah er mit den ſchoͤnen Augen Fortunaten nachdenklich an. Gott weiß es, ſagte er, ich verſtehe die Waldesſprache noch immer, und was ich auch ſeitdem hinzugelernt habe, ſie iſt und bleibt doch meine rechte Mutterſprache! — Nun bemerkte er erſt die Andern in der Allee, und fiel jubelnd dem Amtmann und ſeiner Frau und end¬ 3

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/40>, abgerufen am 21.11.2024.