Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Der Tyroler Nachtwache. 1810. In stiller Bucht, bei finstrer Nacht, Schläft tief die Welt im Grunde, Die Berge rings steh'n auf der Wacht, Der Himmel macht die Runde, Geht um und um Ums Land herum Mit seinen goldnen Schaaren Die Frommen zu bewahren. Kommt nur heran mit Eurer List, Mit Leitern, Strick und Banden, Der Herr doch noch viel stärker ist, Macht Euern Witz zu Schanden. Wie war't Ihr klug! -- Nun schwindelt Trug Hinab vom Felsenrande -- Wie seid Ihr dumm! o Schande! Gleichwie die Stämme in dem Wald Woll'n wir zusammenhalten, Ein' feste Burg, Trutz der Gewalt, Verbleiben treu die alten. Steig', Sonne, schön! Wirf von den Höh'n Nacht und die mit ihr kamen, Hinab in Gottes Namen! Der Tyroler Nachtwache. 1810. In ſtiller Bucht, bei finſtrer Nacht, Schlaͤft tief die Welt im Grunde, Die Berge rings ſteh'n auf der Wacht, Der Himmel macht die Runde, Geht um und um Ums Land herum Mit ſeinen goldnen Schaaren Die Frommen zu bewahren. Kommt nur heran mit Eurer Liſt, Mit Leitern, Strick und Banden, Der Herr doch noch viel ſtaͤrker iſt, Macht Euern Witz zu Schanden. Wie war't Ihr klug! — Nun ſchwindelt Trug Hinab vom Felſenrande — Wie ſeid Ihr dumm! o Schande! Gleichwie die Staͤmme in dem Wald Woll'n wir zuſammenhalten, Ein' feſte Burg, Trutz der Gewalt, Verbleiben treu die alten. Steig', Sonne, ſchoͤn! Wirf von den Hoͤh'n Nacht und die mit ihr kamen, Hinab in Gottes Namen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0175" n="157"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Tyroler Nachtwache.<lb/> 1810.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">I</hi>n ſtiller Bucht, bei finſtrer Nacht,</l><lb/> <l>Schlaͤft tief die Welt im Grunde,</l><lb/> <l>Die Berge rings ſteh'n auf der Wacht,</l><lb/> <l>Der Himmel macht die Runde,</l><lb/> <l>Geht um und um</l><lb/> <l>Ums Land herum</l><lb/> <l>Mit ſeinen goldnen Schaaren</l><lb/> <l>Die Frommen zu bewahren.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Kommt nur heran mit Eurer Liſt,</l><lb/> <l>Mit Leitern, Strick und Banden,</l><lb/> <l>Der Herr doch noch viel ſtaͤrker iſt,</l><lb/> <l>Macht Euern Witz zu Schanden.</l><lb/> <l>Wie war't Ihr klug! —</l><lb/> <l>Nun ſchwindelt Trug</l><lb/> <l>Hinab vom Felſenrande —</l><lb/> <l>Wie ſeid Ihr dumm! o Schande!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Gleichwie die Staͤmme in dem Wald</l><lb/> <l>Woll'n wir zuſammenhalten,</l><lb/> <l>Ein' feſte Burg, Trutz der Gewalt,</l><lb/> <l>Verbleiben treu die alten.</l><lb/> <l>Steig', Sonne, ſchoͤn!</l><lb/> <l>Wirf von den Hoͤh'n</l><lb/> <l>Nacht und die mit ihr kamen,</l><lb/> <l>Hinab in Gottes Namen!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0175]
Der Tyroler Nachtwache.
1810.
In ſtiller Bucht, bei finſtrer Nacht,
Schlaͤft tief die Welt im Grunde,
Die Berge rings ſteh'n auf der Wacht,
Der Himmel macht die Runde,
Geht um und um
Ums Land herum
Mit ſeinen goldnen Schaaren
Die Frommen zu bewahren.
Kommt nur heran mit Eurer Liſt,
Mit Leitern, Strick und Banden,
Der Herr doch noch viel ſtaͤrker iſt,
Macht Euern Witz zu Schanden.
Wie war't Ihr klug! —
Nun ſchwindelt Trug
Hinab vom Felſenrande —
Wie ſeid Ihr dumm! o Schande!
Gleichwie die Staͤmme in dem Wald
Woll'n wir zuſammenhalten,
Ein' feſte Burg, Trutz der Gewalt,
Verbleiben treu die alten.
Steig', Sonne, ſchoͤn!
Wirf von den Hoͤh'n
Nacht und die mit ihr kamen,
Hinab in Gottes Namen!
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