Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Wie öde, ohne Brüder, Mein Thal, so weit und breit, Ich kenne Dich kaum wieder In dieser Einsamkeit. So wunderbare Weise Singt nun Dein bleicher Mund, Es ist, als öffnet' leise Sich unter mir der Grund. Und ich ruht' überwoben, Du sängest immerzu, Die Linde schüttelt oben Ihr Laub und deckt mich zu. III. Schon kehren die Vögel wieder ein, Es schallen die alten Lieder, Ach, die fröhliche Jugend mein Kommt sie wohl auch noch wieder? -- Ich weiß nicht, was ich so thöricht bin! Wolken im Herbstwind jagen, Die Vögel zieh'n über die Wälder hin, Das klang wie in Frühlingstagen. Dort auf dem Berge da steht ein Baum, Drin jubeln die Wander-Gäste, Er aber, müde, rührt wie im Traum Noch einmal Wipfel und Aeste. Wie oͤde, ohne Bruͤder, Mein Thal, ſo weit und breit, Ich kenne Dich kaum wieder In dieſer Einſamkeit. So wunderbare Weiſe Singt nun Dein bleicher Mund, Es iſt, als oͤffnet' leiſe Sich unter mir der Grund. Und ich ruht' uͤberwoben, Du ſaͤngeſt immerzu, Die Linde ſchuͤttelt oben Ihr Laub und deckt mich zu. III. Schon kehren die Voͤgel wieder ein, Es ſchallen die alten Lieder, Ach, die froͤhliche Jugend mein Kommt ſie wohl auch noch wieder? — Ich weiß nicht, was ich ſo thoͤricht bin! Wolken im Herbſtwind jagen, Die Voͤgel zieh'n uͤber die Waͤlder hin, Das klang wie in Fruͤhlingstagen. Dort auf dem Berge da ſteht ein Baum, Drin jubeln die Wander-Gaͤſte, Er aber, muͤde, ruͤhrt wie im Traum Noch einmal Wipfel und Aeſte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg> <pb facs="#f0327" n="309"/> <lg type="poem"> <l>Wie oͤde, ohne Bruͤder,</l><lb/> <l>Mein Thal, ſo weit und breit,</l><lb/> <l>Ich kenne Dich kaum wieder</l><lb/> <l>In dieſer Einſamkeit.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>So wunderbare Weiſe</l><lb/> <l>Singt nun Dein bleicher Mund,</l><lb/> <l>Es iſt, als oͤffnet' leiſe</l><lb/> <l>Sich unter mir der Grund.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und ich ruht' uͤberwoben,</l><lb/> <l>Du ſaͤngeſt immerzu,</l><lb/> <l>Die Linde ſchuͤttelt oben</l><lb/> <l>Ihr Laub und deckt mich zu.</l><lb/> </lg> </lg> <lg> <head><hi rendition="#aq">III</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <l>Schon kehren die Voͤgel wieder ein,</l><lb/> <l>Es ſchallen die alten Lieder,</l><lb/> <l>Ach, die froͤhliche Jugend mein</l><lb/> <l>Kommt ſie wohl auch noch wieder? —</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Ich weiß nicht, was ich ſo thoͤricht bin!</l><lb/> <l>Wolken im Herbſtwind jagen,</l><lb/> <l>Die Voͤgel zieh'n uͤber die Waͤlder hin,</l><lb/> <l>Das klang wie in Fruͤhlingstagen.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Dort auf dem Berge da ſteht ein Baum,</l><lb/> <l>Drin jubeln die Wander-Gaͤſte,</l><lb/> <l>Er aber, muͤde, ruͤhrt wie im Traum</l><lb/> <l>Noch einmal Wipfel und Aeſte.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [309/0327]
Wie oͤde, ohne Bruͤder,
Mein Thal, ſo weit und breit,
Ich kenne Dich kaum wieder
In dieſer Einſamkeit.
So wunderbare Weiſe
Singt nun Dein bleicher Mund,
Es iſt, als oͤffnet' leiſe
Sich unter mir der Grund.
Und ich ruht' uͤberwoben,
Du ſaͤngeſt immerzu,
Die Linde ſchuͤttelt oben
Ihr Laub und deckt mich zu.
III.
Schon kehren die Voͤgel wieder ein,
Es ſchallen die alten Lieder,
Ach, die froͤhliche Jugend mein
Kommt ſie wohl auch noch wieder? —
Ich weiß nicht, was ich ſo thoͤricht bin!
Wolken im Herbſtwind jagen,
Die Voͤgel zieh'n uͤber die Waͤlder hin,
Das klang wie in Fruͤhlingstagen.
Dort auf dem Berge da ſteht ein Baum,
Drin jubeln die Wander-Gaͤſte,
Er aber, muͤde, ruͤhrt wie im Traum
Noch einmal Wipfel und Aeſte.
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