Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Und mancher mich da aus dem Himmelblau rief, Wenn ich drunten im Garten schlief. -- Und mitten zwischen den Blumen und Scheinen Steht die schönste von allen Frauen, Ein glänzend Kindlein an ihrer Brust. -- Ich kann nicht sprechen und auch nicht weinen, Nur singen immer und wieder dann schauen Still vor großer, seeliger Lust." II. Als ich nun zum erstenmale Wieder durch den Garten ging, Busch und Bächlein in dem Thale Lustig an zu plaudern fing. Blumen halbverstohlen blickten Neckend aus dem Gras heraus, Bunte Schmetterlinge schickten Sie sogleich auf Kundschaft aus. Auch der Kukuk in den Zweigen Fand sich bald zum Spielen ein, Endlich brach der Baum das Schweigen: "Warum kommst du heut allein?" Da ich aber schwieg, da rührt' er
Wunderbar sein dunkles Haupt Und ein Flüstern konnt' ich spüren Zwischen Vög'lein, Blüt' und Laub. Und mancher mich da aus dem Himmelblau rief, Wenn ich drunten im Garten ſchlief. — Und mitten zwiſchen den Blumen und Scheinen Steht die ſchoͤnſte von allen Frauen, Ein glaͤnzend Kindlein an ihrer Bruſt. — Ich kann nicht ſprechen und auch nicht weinen, Nur ſingen immer und wieder dann ſchauen Still vor großer, ſeeliger Luſt.“ II. Als ich nun zum erſtenmale Wieder durch den Garten ging, Buſch und Baͤchlein in dem Thale Luſtig an zu plaudern fing. Blumen halbverſtohlen blickten Neckend aus dem Gras heraus, Bunte Schmetterlinge ſchickten Sie ſogleich auf Kundſchaft aus. Auch der Kukuk in den Zweigen Fand ſich bald zum Spielen ein, Endlich brach der Baum das Schweigen: „Warum kommſt du heut allein?“ Da ich aber ſchwieg, da ruͤhrt' er
Wunderbar ſein dunkles Haupt Und ein Fluͤſtern konnt' ich ſpuͤren Zwiſchen Voͤg'lein, Bluͤt' und Laub. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg> <pb facs="#f0343" n="325"/> <lg type="poem"> <l>Und mancher mich da aus dem Himmelblau rief,</l><lb/> <l>Wenn ich drunten im Garten ſchlief. —</l><lb/> <l>Und mitten zwiſchen den Blumen und Scheinen</l><lb/> <l>Steht die ſchoͤnſte von allen Frauen,</l><lb/> <l>Ein glaͤnzend Kindlein an ihrer Bruſt. —</l><lb/> <l>Ich kann nicht ſprechen und auch nicht weinen,</l><lb/> <l>Nur ſingen immer und wieder dann ſchauen</l><lb/> <l>Still vor großer, ſeeliger Luſt.“</l><lb/> </lg> </lg> <lg> <head> <hi rendition="#aq #b">II</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Als ich nun zum erſtenmale</l><lb/> <l>Wieder durch den Garten ging,</l><lb/> <l>Buſch und Baͤchlein in dem Thale</l><lb/> <l>Luſtig an zu plaudern fing.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Blumen halbverſtohlen blickten</l><lb/> <l>Neckend aus dem Gras heraus,</l><lb/> <l>Bunte Schmetterlinge ſchickten</l><lb/> <l>Sie ſogleich auf Kundſchaft aus.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Auch der Kukuk in den Zweigen</l><lb/> <l>Fand ſich bald zum Spielen ein,</l><lb/> <l>Endlich brach der Baum das Schweigen:</l><lb/> <l>„Warum kommſt du heut allein?“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Da ich aber ſchwieg, da ruͤhrt' er</l><lb/> <l>Wunderbar ſein dunkles Haupt</l><lb/> <l>Und ein Fluͤſtern konnt' ich ſpuͤren</l><lb/> <l>Zwiſchen Voͤg'lein, Bluͤt' und Laub.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [325/0343]
Und mancher mich da aus dem Himmelblau rief,
Wenn ich drunten im Garten ſchlief. —
Und mitten zwiſchen den Blumen und Scheinen
Steht die ſchoͤnſte von allen Frauen,
Ein glaͤnzend Kindlein an ihrer Bruſt. —
Ich kann nicht ſprechen und auch nicht weinen,
Nur ſingen immer und wieder dann ſchauen
Still vor großer, ſeeliger Luſt.“
II.
Als ich nun zum erſtenmale
Wieder durch den Garten ging,
Buſch und Baͤchlein in dem Thale
Luſtig an zu plaudern fing.
Blumen halbverſtohlen blickten
Neckend aus dem Gras heraus,
Bunte Schmetterlinge ſchickten
Sie ſogleich auf Kundſchaft aus.
Auch der Kukuk in den Zweigen
Fand ſich bald zum Spielen ein,
Endlich brach der Baum das Schweigen:
„Warum kommſt du heut allein?“
Da ich aber ſchwieg, da ruͤhrt' er
Wunderbar ſein dunkles Haupt
Und ein Fluͤſtern konnt' ich ſpuͤren
Zwiſchen Voͤg'lein, Bluͤt' und Laub.
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