Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

Thränen in dem Grase hingen,
Durch die abendstille Rund
Klagend nun die Quellen gingen,
Und ich weint' aus Herzensgrund.

III.
Was ist mir denn so wehe?
Es liegt ja wie im Traum
Der Grund schon wo ich stehe,
Die Wälder säuseln kaum
Noch von der dunklen Höhe.
Es komme wie es will,
Was ist mir denn so wehe --
Wie bald wird alles still.
IV.
Das ist's, was mich ganz verstöret:
Daß die Nacht nicht Ruhe hält,
Wenn zu athmen aufgehöret
Lange schon die müde Welt.
Daß die Glocken, die da schlagen,
Und im Wald der leise Wind
Jede Nacht von neuem klagen
Um mein liebes, süßes Kind.
Daß mein Herz nicht konnte brechen
Bei dem letzten Todeskuß,
Daß ich wie im Wahnsinn sprechen
Nun in irren Liedern muß.

Thraͤnen in dem Graſe hingen,
Durch die abendſtille Rund
Klagend nun die Quellen gingen,
Und ich weint' aus Herzensgrund.

III.
Was iſt mir denn ſo wehe?
Es liegt ja wie im Traum
Der Grund ſchon wo ich ſtehe,
Die Waͤlder ſaͤuſeln kaum
Noch von der dunklen Hoͤhe.
Es komme wie es will,
Was iſt mir denn ſo wehe —
Wie bald wird alles ſtill.
IV.
Das iſt's, was mich ganz verſtoͤret:
Daß die Nacht nicht Ruhe haͤlt,
Wenn zu athmen aufgehoͤret
Lange ſchon die muͤde Welt.
Daß die Glocken, die da ſchlagen,
Und im Wald der leiſe Wind
Jede Nacht von neuem klagen
Um mein liebes, ſuͤßes Kind.
Daß mein Herz nicht konnte brechen
Bei dem letzten Todeskuß,
Daß ich wie im Wahnſinn ſprechen
Nun in irren Liedern muß.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0344" n="326"/>
            <lg type="poem">
              <l>Thra&#x0364;nen in dem Gra&#x017F;e hingen,</l><lb/>
              <l>Durch die abend&#x017F;tille Rund</l><lb/>
              <l>Klagend nun die Quellen gingen,</l><lb/>
              <l>Und ich weint' aus Herzensgrund.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <lg>
            <head><hi rendition="#aq">III</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <l>Was i&#x017F;t mir denn &#x017F;o wehe?</l><lb/>
              <l>Es liegt ja wie im Traum</l><lb/>
              <l>Der Grund &#x017F;chon wo ich &#x017F;tehe,</l><lb/>
              <l>Die Wa&#x0364;lder &#x017F;a&#x0364;u&#x017F;eln kaum</l><lb/>
              <l>Noch von der dunklen Ho&#x0364;he.</l><lb/>
              <l>Es komme wie es will,</l><lb/>
              <l>Was i&#x017F;t mir denn &#x017F;o wehe &#x2014;</l><lb/>
              <l>Wie bald wird alles &#x017F;till.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <lg>
            <head><hi rendition="#aq">IV</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <l>Das i&#x017F;t's, was mich ganz ver&#x017F;to&#x0364;ret:</l><lb/>
              <l>Daß die Nacht nicht Ruhe ha&#x0364;lt,</l><lb/>
              <l>Wenn zu athmen aufgeho&#x0364;ret</l><lb/>
              <l>Lange &#x017F;chon die mu&#x0364;de Welt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Daß die Glocken, die da &#x017F;chlagen,</l><lb/>
              <l>Und im Wald der lei&#x017F;e Wind</l><lb/>
              <l>Jede Nacht von neuem klagen</l><lb/>
              <l>Um mein liebes, &#x017F;u&#x0364;ßes Kind.</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Daß mein Herz nicht konnte brechen</l><lb/>
              <l>Bei dem letzten Todeskuß,</l><lb/>
              <l>Daß ich wie im Wahn&#x017F;inn &#x017F;prechen</l><lb/>
              <l>Nun in irren Liedern muß.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0344] Thraͤnen in dem Graſe hingen, Durch die abendſtille Rund Klagend nun die Quellen gingen, Und ich weint' aus Herzensgrund. III. Was iſt mir denn ſo wehe? Es liegt ja wie im Traum Der Grund ſchon wo ich ſtehe, Die Waͤlder ſaͤuſeln kaum Noch von der dunklen Hoͤhe. Es komme wie es will, Was iſt mir denn ſo wehe — Wie bald wird alles ſtill. IV. Das iſt's, was mich ganz verſtoͤret: Daß die Nacht nicht Ruhe haͤlt, Wenn zu athmen aufgehoͤret Lange ſchon die muͤde Welt. Daß die Glocken, die da ſchlagen, Und im Wald der leiſe Wind Jede Nacht von neuem klagen Um mein liebes, ſuͤßes Kind. Daß mein Herz nicht konnte brechen Bei dem letzten Todeskuß, Daß ich wie im Wahnſinn ſprechen Nun in irren Liedern muß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/344
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/344>, abgerufen am 21.11.2024.