Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
V.
Freuden wollt' ich dir bereiten,
Zwischen Kämpfen, Lust und Schmerz
Wollt' ich treulich dich geleiten
Durch das Leben himmelwärts.
Doch du hast's allein gefunden
Wo kein Vater führen kann,
Durch die ernste dunkle Stunde
Gingst du schuldlos mir voran.
Wie das Säuseln leiser Schwingen,
Draußen über Thal und Kluft,
Ging zur selben Stund ein Singen
Ferne durch die stille Luft.
Und so fröhlich glänzt der Morgen,
'S war als ob das Singen sprach:
Jetzo lasset alle Sorgen,
Liebt ihr mich, so folgt mir nach!
VI.
Ich führt' dich oft spazieren
In Winter-Einsamkeit,
Kein Laut ließ sich da spüren,
Du schöne, stille Zeit!
Lenz ist's nun, Lerchen singen
Im Blauen über mir,
Ich weine still -- sie bringen
Mir einen Gruß von dir.
V.
Freuden wollt' ich dir bereiten,
Zwiſchen Kaͤmpfen, Luſt und Schmerz
Wollt' ich treulich dich geleiten
Durch das Leben himmelwaͤrts.
Doch du haſt's allein gefunden
Wo kein Vater fuͤhren kann,
Durch die ernſte dunkle Stunde
Gingſt du ſchuldlos mir voran.
Wie das Saͤuſeln leiſer Schwingen,
Draußen uͤber Thal und Kluft,
Ging zur ſelben Stund ein Singen
Ferne durch die ſtille Luft.
Und ſo froͤhlich glaͤnzt der Morgen,
'S war als ob das Singen ſprach:
Jetzo laſſet alle Sorgen,
Liebt ihr mich, ſo folgt mir nach!
VI.
Ich fuͤhrt' dich oft ſpazieren
In Winter-Einſamkeit,
Kein Laut ließ ſich da ſpuͤren,
Du ſchoͤne, ſtille Zeit!
Lenz iſt's nun, Lerchen ſingen
Im Blauen uͤber mir,
Ich weine ſtill — ſie bringen
Mir einen Gruß von dir.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0345" n="327"/>
          <lg>
            <head> <hi rendition="#aq #b">V</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <l>Freuden wollt' ich dir bereiten,</l><lb/>
              <l>Zwi&#x017F;chen Ka&#x0364;mpfen, Lu&#x017F;t und Schmerz</l><lb/>
              <l>Wollt' ich treulich dich geleiten</l><lb/>
              <l>Durch das Leben himmelwa&#x0364;rts.</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Doch du ha&#x017F;t's allein gefunden</l><lb/>
              <l>Wo kein Vater fu&#x0364;hren kann,</l><lb/>
              <l>Durch die ern&#x017F;te dunkle Stunde</l><lb/>
              <l>Ging&#x017F;t du &#x017F;chuldlos mir voran.</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Wie das Sa&#x0364;u&#x017F;eln lei&#x017F;er Schwingen,</l><lb/>
              <l>Draußen u&#x0364;ber Thal und Kluft,</l><lb/>
              <l>Ging zur &#x017F;elben Stund ein Singen</l><lb/>
              <l>Ferne durch die &#x017F;tille Luft.</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Und &#x017F;o fro&#x0364;hlich gla&#x0364;nzt der Morgen,</l><lb/>
              <l>'S war als ob das Singen &#x017F;prach:</l><lb/>
              <l>Jetzo la&#x017F;&#x017F;et alle Sorgen,</l><lb/>
              <l>Liebt ihr mich, &#x017F;o folgt mir nach!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <lg>
            <head> <hi rendition="#aq #b">VI</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <l>Ich fu&#x0364;hrt' dich oft &#x017F;pazieren</l><lb/>
              <l>In Winter-Ein&#x017F;amkeit,</l><lb/>
              <l>Kein Laut ließ &#x017F;ich da &#x017F;pu&#x0364;ren,</l><lb/>
              <l>Du &#x017F;cho&#x0364;ne, &#x017F;tille Zeit!</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Lenz i&#x017F;t's nun, Lerchen &#x017F;ingen</l><lb/>
              <l>Im Blauen u&#x0364;ber mir,</l><lb/>
              <l>Ich weine &#x017F;till &#x2014; &#x017F;ie bringen</l><lb/>
              <l>Mir einen Gruß von dir.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0345] V. Freuden wollt' ich dir bereiten, Zwiſchen Kaͤmpfen, Luſt und Schmerz Wollt' ich treulich dich geleiten Durch das Leben himmelwaͤrts. Doch du haſt's allein gefunden Wo kein Vater fuͤhren kann, Durch die ernſte dunkle Stunde Gingſt du ſchuldlos mir voran. Wie das Saͤuſeln leiſer Schwingen, Draußen uͤber Thal und Kluft, Ging zur ſelben Stund ein Singen Ferne durch die ſtille Luft. Und ſo froͤhlich glaͤnzt der Morgen, 'S war als ob das Singen ſprach: Jetzo laſſet alle Sorgen, Liebt ihr mich, ſo folgt mir nach! VI. Ich fuͤhrt' dich oft ſpazieren In Winter-Einſamkeit, Kein Laut ließ ſich da ſpuͤren, Du ſchoͤne, ſtille Zeit! Lenz iſt's nun, Lerchen ſingen Im Blauen uͤber mir, Ich weine ſtill — ſie bringen Mir einen Gruß von dir.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/345
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/345>, abgerufen am 16.06.2024.