Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837."In der Fern' liegt jetzt mein Leben, Breitend sich wie junge Träume, Schimmert stets so seltsam lockend Durch die alten, dunklen Bäume." "Jetzt erst weiß ich, was der Vogel Ewig ruft so bange, bange, Unbekannt zieht ew'ge Treue Mich hinunter zu dem Sange." "Wie die Wälder kühle rauschen, Zwischendurch das alte Rufen, Wo bin ich so lang' gewesen? -- O ich muß hinab zur Ruhe!" Und es stieg vom Schloß hinunter Schnell der süße Florimunde, Weit hinab und immer weiter Zu dem dunkelgrünen Grunde. Hört' die Ströme stärker rauschen, Sah in Nacht des Vaters Burge Stillerleuchtet ferne stehen, Alles Leben weit versunken. Und der Vater schaut' vom Berge,
Schaut' zum dunklen Grunde immer, Regte sich der Wald so grausig, Doch den Sohn erblickt' er nimmer. „In der Fern' liegt jetzt mein Leben, Breitend ſich wie junge Traͤume, Schimmert ſtets ſo ſeltſam lockend Durch die alten, dunklen Baͤume.“ „Jetzt erſt weiß ich, was der Vogel Ewig ruft ſo bange, bange, Unbekannt zieht ew'ge Treue Mich hinunter zu dem Sange.“ „Wie die Waͤlder kuͤhle rauſchen, Zwiſchendurch das alte Rufen, Wo bin ich ſo lang' geweſen? — O ich muß hinab zur Ruhe!“ Und es ſtieg vom Schloß hinunter Schnell der ſuͤße Florimunde, Weit hinab und immer weiter Zu dem dunkelgruͤnen Grunde. Hoͤrt' die Stroͤme ſtaͤrker rauſchen, Sah in Nacht des Vaters Burge Stillerleuchtet ferne ſtehen, Alles Leben weit verſunken. Und der Vater ſchaut' vom Berge,
Schaut' zum dunklen Grunde immer, Regte ſich der Wald ſo grauſig, Doch den Sohn erblickt' er nimmer. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0417" n="399"/> <lg type="poem"> <l>„In der Fern' liegt jetzt mein Leben,</l><lb/> <l>Breitend ſich wie junge Traͤume,</l><lb/> <l>Schimmert ſtets ſo ſeltſam lockend</l><lb/> <l>Durch die alten, dunklen Baͤume.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Jetzt erſt weiß ich, was der Vogel</l><lb/> <l>Ewig ruft ſo bange, bange,</l><lb/> <l>Unbekannt zieht ew'ge Treue</l><lb/> <l>Mich hinunter zu dem Sange.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Wie die Waͤlder kuͤhle rauſchen,</l><lb/> <l>Zwiſchendurch das alte Rufen,</l><lb/> <l>Wo bin ich ſo lang' geweſen? —</l><lb/> <l>O ich muß hinab zur Ruhe!“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und es ſtieg vom Schloß hinunter</l><lb/> <l>Schnell der ſuͤße Florimunde,</l><lb/> <l>Weit hinab und immer weiter</l><lb/> <l>Zu dem dunkelgruͤnen Grunde.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Hoͤrt' die Stroͤme ſtaͤrker rauſchen,</l><lb/> <l>Sah in Nacht des Vaters Burge</l><lb/> <l>Stillerleuchtet ferne ſtehen,</l><lb/> <l>Alles Leben weit verſunken.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und der Vater ſchaut' vom Berge,</l><lb/> <l>Schaut' zum dunklen Grunde immer,</l><lb/> <l>Regte ſich der Wald ſo grauſig,</l><lb/> <l>Doch den Sohn erblickt' er nimmer.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [399/0417]
„In der Fern' liegt jetzt mein Leben,
Breitend ſich wie junge Traͤume,
Schimmert ſtets ſo ſeltſam lockend
Durch die alten, dunklen Baͤume.“
„Jetzt erſt weiß ich, was der Vogel
Ewig ruft ſo bange, bange,
Unbekannt zieht ew'ge Treue
Mich hinunter zu dem Sange.“
„Wie die Waͤlder kuͤhle rauſchen,
Zwiſchendurch das alte Rufen,
Wo bin ich ſo lang' geweſen? —
O ich muß hinab zur Ruhe!“
Und es ſtieg vom Schloß hinunter
Schnell der ſuͤße Florimunde,
Weit hinab und immer weiter
Zu dem dunkelgruͤnen Grunde.
Hoͤrt' die Stroͤme ſtaͤrker rauſchen,
Sah in Nacht des Vaters Burge
Stillerleuchtet ferne ſtehen,
Alles Leben weit verſunken.
Und der Vater ſchaut' vom Berge,
Schaut' zum dunklen Grunde immer,
Regte ſich der Wald ſo grauſig,
Doch den Sohn erblickt' er nimmer.
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