Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Du mußt glauben, Du mußt wagen, Und, den Argonauten gleich, Wird die Woge fromm Dich tragen In das wunderbare Reich; Muthig streitend mit den Winden, Muß ich meine Heimath finden! Siehst Du, heißer Sehnsucht Flügel, Weiße Seegel dort gespannt? Hörst Du tief die feuchten Hügel Schlagen an die Felsenwand? Das ist Sang zum Hochzeitsreigen -- Willst Du mit mir niedersteigen? Kannst Du rechte Liebe fassen, Nun so frage, zaudre nicht! Schloß und Garten mußt Du lassen Und der Aeltern Angesicht -- Auf der Fluth mit mir alleine, Da erst, Liebchen, bist Du meine!" Schweigend sieht ihn an die milde Braut mit schauerlicher Lust, Sinkt dem kühnen Ritterbilde Trunken an die stolze Brust. "Dir hab ich mein Loos ergeben Schalte nun mit meinem Leben." Und er trägt die süße Beute
Jubelnd aus dem Schloß auf's Schiff, Drunten harren seine Leute, Stoßen froh vom Felsenriff; Du mußt glauben, Du mußt wagen, Und, den Argonauten gleich, Wird die Woge fromm Dich tragen In das wunderbare Reich; Muthig ſtreitend mit den Winden, Muß ich meine Heimath finden! Siehſt Du, heißer Sehnſucht Fluͤgel, Weiße Seegel dort geſpannt? Hoͤrſt Du tief die feuchten Huͤgel Schlagen an die Felſenwand? Das iſt Sang zum Hochzeitsreigen — Willſt Du mit mir niederſteigen? Kannſt Du rechte Liebe faſſen, Nun ſo frage, zaudre nicht! Schloß und Garten mußt Du laſſen Und der Aeltern Angeſicht — Auf der Fluth mit mir alleine, Da erſt, Liebchen, biſt Du meine!“ Schweigend ſieht ihn an die milde Braut mit ſchauerlicher Luſt, Sinkt dem kuͤhnen Ritterbilde Trunken an die ſtolze Bruſt. „Dir hab ich mein Loos ergeben Schalte nun mit meinem Leben.“ Und er traͤgt die ſuͤße Beute
Jubelnd aus dem Schloß auf's Schiff, Drunten harren ſeine Leute, Stoßen froh vom Felſenriff; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0426" n="408"/> <lg type="poem"> <l>Du mußt glauben, Du mußt wagen,</l><lb/> <l>Und, den Argonauten gleich,</l><lb/> <l>Wird die Woge fromm Dich tragen</l><lb/> <l>In das wunderbare Reich;</l><lb/> <l>Muthig ſtreitend mit den Winden,</l><lb/> <l>Muß ich meine Heimath finden!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Siehſt Du, heißer Sehnſucht Fluͤgel,</l><lb/> <l>Weiße Seegel dort geſpannt?</l><lb/> <l>Hoͤrſt Du tief die feuchten Huͤgel</l><lb/> <l>Schlagen an die Felſenwand?</l><lb/> <l>Das iſt Sang zum Hochzeitsreigen —</l><lb/> <l>Willſt Du mit mir niederſteigen?</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Kannſt Du rechte Liebe faſſen,</l><lb/> <l>Nun ſo frage, zaudre nicht!</l><lb/> <l>Schloß und Garten mußt Du laſſen</l><lb/> <l>Und der Aeltern Angeſicht —</l><lb/> <l>Auf der Fluth mit mir alleine,</l><lb/> <l>Da erſt, Liebchen, biſt Du meine!“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Schweigend ſieht ihn an die milde</l><lb/> <l>Braut mit ſchauerlicher Luſt,</l><lb/> <l>Sinkt dem kuͤhnen Ritterbilde</l><lb/> <l>Trunken an die ſtolze Bruſt.</l><lb/> <l>„Dir hab ich mein Loos ergeben</l><lb/> <l>Schalte nun mit meinem Leben.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und er traͤgt die ſuͤße Beute</l><lb/> <l>Jubelnd aus dem Schloß auf's Schiff,</l><lb/> <l>Drunten harren ſeine Leute,</l><lb/> <l>Stoßen froh vom Felſenriff;</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [408/0426]
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Und, den Argonauten gleich,
Wird die Woge fromm Dich tragen
In das wunderbare Reich;
Muthig ſtreitend mit den Winden,
Muß ich meine Heimath finden!
Siehſt Du, heißer Sehnſucht Fluͤgel,
Weiße Seegel dort geſpannt?
Hoͤrſt Du tief die feuchten Huͤgel
Schlagen an die Felſenwand?
Das iſt Sang zum Hochzeitsreigen —
Willſt Du mit mir niederſteigen?
Kannſt Du rechte Liebe faſſen,
Nun ſo frage, zaudre nicht!
Schloß und Garten mußt Du laſſen
Und der Aeltern Angeſicht —
Auf der Fluth mit mir alleine,
Da erſt, Liebchen, biſt Du meine!“
Schweigend ſieht ihn an die milde
Braut mit ſchauerlicher Luſt,
Sinkt dem kuͤhnen Ritterbilde
Trunken an die ſtolze Bruſt.
„Dir hab ich mein Loos ergeben
Schalte nun mit meinem Leben.“
Und er traͤgt die ſuͤße Beute
Jubelnd aus dem Schloß auf's Schiff,
Drunten harren ſeine Leute,
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