Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Jäger und Jägerin. Sie. Wär' ich ein muntres Hirschlein schlank, Wollt' ich im grünen Walde geh'n, Spazieren geh'n bei Hörnerklang, Nach meinem Liebsten mich umseh'n. Er. Nach meiner Liebsten mich umseh'n Thu' ich wohl, zieh' ich früh von hier, Doch Sie mag niemals zu mir geh'n Im dunkelgrünen Waldrevier. Sie. Im dunkelgrünen Waldrevier, Da blitzt der Liebste rosenroth, Gefällt so sehr dem armen Thier, Das Hirschlein wünscht, es läge todt. Er. Und wär' das schöne Hirschlein todt, So möcht' ich jagen länger nicht; Scheint über'n Wald der Morgenroth: Hüt' schönes Hirschlein, hüte dich! Sie. Hüt' schönes Hirschlein, hüte dich!
Spricht's Hirschlein selbst in seinem Sinn, Wie soll ich, soll ich hüten mich, Wenn ich so sehr verliebet bin? Jaͤger und Jaͤgerin. Sie. Waͤr' ich ein muntres Hirſchlein ſchlank, Wollt' ich im gruͤnen Walde geh'n, Spazieren geh'n bei Hoͤrnerklang, Nach meinem Liebſten mich umſeh'n. Er. Nach meiner Liebſten mich umſeh'n Thu' ich wohl, zieh' ich fruͤh von hier, Doch Sie mag niemals zu mir geh'n Im dunkelgruͤnen Waldrevier. Sie. Im dunkelgruͤnen Waldrevier, Da blitzt der Liebſte roſenroth, Gefaͤllt ſo ſehr dem armen Thier, Das Hirſchlein wuͤnſcht, es laͤge todt. Er. Und waͤr' das ſchoͤne Hirſchlein todt, So moͤcht' ich jagen laͤnger nicht; Scheint uͤber'n Wald der Morgenroth: Huͤt' ſchoͤnes Hirſchlein, huͤte dich! Sie. Huͤt' ſchoͤnes Hirſchlein, huͤte dich!
Spricht's Hirſchlein ſelbſt in ſeinem Sinn, Wie ſoll ich, ſoll ich huͤten mich, Wenn ich ſo ſehr verliebet bin? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0433" n="415"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Jaͤger und Jaͤgerin.</hi><lb/> </head> <p><hi rendition="#g">Sie</hi>.</p><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>aͤr' ich ein muntres Hirſchlein ſchlank,</l><lb/> <l>Wollt' ich im gruͤnen Walde geh'n,</l><lb/> <l>Spazieren geh'n bei Hoͤrnerklang,</l><lb/> <l>Nach meinem Liebſten mich umſeh'n.</l><lb/> </lg> <p><hi rendition="#g">Er</hi>.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Nach meiner Liebſten mich umſeh'n</l><lb/> <l>Thu' ich wohl, zieh' ich fruͤh von hier,</l><lb/> <l>Doch Sie mag niemals zu mir geh'n</l><lb/> <l>Im dunkelgruͤnen Waldrevier.</l><lb/> </lg> <p><hi rendition="#g">Sie</hi>.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Im dunkelgruͤnen Waldrevier,</l><lb/> <l>Da blitzt der Liebſte roſenroth,</l><lb/> <l>Gefaͤllt ſo ſehr dem armen Thier,</l><lb/> <l>Das Hirſchlein wuͤnſcht, es laͤge todt.</l><lb/> </lg> <p><hi rendition="#g">Er</hi>.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Und waͤr' das ſchoͤne Hirſchlein todt,</l><lb/> <l>So moͤcht' ich jagen laͤnger nicht;</l><lb/> <l>Scheint uͤber'n Wald der Morgenroth:</l><lb/> <l>Huͤt' ſchoͤnes Hirſchlein, huͤte dich!</l><lb/> </lg> <p><hi rendition="#g">Sie</hi>.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Huͤt' ſchoͤnes Hirſchlein, huͤte dich!</l><lb/> <l>Spricht's Hirſchlein ſelbſt in ſeinem Sinn,</l><lb/> <l>Wie ſoll ich, ſoll ich huͤten mich,</l><lb/> <l>Wenn ich ſo ſehr verliebet bin?</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [415/0433]
Jaͤger und Jaͤgerin.
Sie.
Waͤr' ich ein muntres Hirſchlein ſchlank,
Wollt' ich im gruͤnen Walde geh'n,
Spazieren geh'n bei Hoͤrnerklang,
Nach meinem Liebſten mich umſeh'n.
Er.
Nach meiner Liebſten mich umſeh'n
Thu' ich wohl, zieh' ich fruͤh von hier,
Doch Sie mag niemals zu mir geh'n
Im dunkelgruͤnen Waldrevier.
Sie.
Im dunkelgruͤnen Waldrevier,
Da blitzt der Liebſte roſenroth,
Gefaͤllt ſo ſehr dem armen Thier,
Das Hirſchlein wuͤnſcht, es laͤge todt.
Er.
Und waͤr' das ſchoͤne Hirſchlein todt,
So moͤcht' ich jagen laͤnger nicht;
Scheint uͤber'n Wald der Morgenroth:
Huͤt' ſchoͤnes Hirſchlein, huͤte dich!
Sie.
Huͤt' ſchoͤnes Hirſchlein, huͤte dich!
Spricht's Hirſchlein ſelbſt in ſeinem Sinn,
Wie ſoll ich, ſoll ich huͤten mich,
Wenn ich ſo ſehr verliebet bin?
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