Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Der Reitersmann. Hoch über den stillen Höhen Stand in dem Wald ein Haus, Dort war's so einsam zu sehen Weit über'n Wald hinaus. Drin saß ein Mädchen am Rocken, Den ganzen Abend lang, Der wurden die Augen nicht trocken, Sie spann und sann und sang: "Mein Liebster, der war ein Reiter, Dem schwur ich Treu' bis in Tod, Der zog über Land und weiter, Zu Krieges-Lust und Noth. Und als ein Jahr war vergangen, Und wieder blühte das Land, Da stand ich voller Verlangen, Hoch an des Waldes Rand. Und zwischen den Bergesbogen, Wohl über den grünen Plan, Kam mancher Reiter gezogen, Der meine kam nicht mit an. Und zwischen den Bergesbogen,
Wohl über den grünen Plan, Ein Jägersmann kam geflogen, Der sah mich so muthig an. Der Reitersmann. Hoch uͤber den ſtillen Hoͤhen Stand in dem Wald ein Haus, Dort war's ſo einſam zu ſehen Weit uͤber'n Wald hinaus. Drin ſaß ein Maͤdchen am Rocken, Den ganzen Abend lang, Der wurden die Augen nicht trocken, Sie ſpann und ſann und ſang: „Mein Liebſter, der war ein Reiter, Dem ſchwur ich Treu' bis in Tod, Der zog uͤber Land und weiter, Zu Krieges-Luſt und Noth. Und als ein Jahr war vergangen, Und wieder bluͤhte das Land, Da ſtand ich voller Verlangen, Hoch an des Waldes Rand. Und zwiſchen den Bergesbogen, Wohl uͤber den gruͤnen Plan, Kam mancher Reiter gezogen, Der meine kam nicht mit an. Und zwiſchen den Bergesbogen,
Wohl uͤber den gruͤnen Plan, Ein Jaͤgersmann kam geflogen, Der ſah mich ſo muthig an. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0457" n="439"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Der Reitersmann</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">H</hi>och uͤber den ſtillen Hoͤhen</l><lb/> <l>Stand in dem Wald ein Haus,</l><lb/> <l>Dort war's ſo einſam zu ſehen</l><lb/> <l>Weit uͤber'n Wald hinaus.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Drin ſaß ein Maͤdchen am Rocken,</l><lb/> <l>Den ganzen Abend lang,</l><lb/> <l>Der wurden die Augen nicht trocken,</l><lb/> <l>Sie ſpann und ſann und ſang:</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Mein Liebſter, der war ein Reiter,</l><lb/> <l>Dem ſchwur ich Treu' bis in Tod,</l><lb/> <l>Der zog uͤber Land und weiter,</l><lb/> <l>Zu Krieges-Luſt und Noth.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und als ein Jahr war vergangen,</l><lb/> <l>Und wieder bluͤhte das Land,</l><lb/> <l>Da ſtand ich voller Verlangen,</l><lb/> <l>Hoch an des Waldes Rand.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und zwiſchen den Bergesbogen,</l><lb/> <l>Wohl uͤber den gruͤnen Plan,</l><lb/> <l>Kam mancher Reiter gezogen,</l><lb/> <l>Der meine kam nicht mit an.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und zwiſchen den Bergesbogen,</l><lb/> <l>Wohl uͤber den gruͤnen Plan,</l><lb/> <l>Ein Jaͤgersmann kam geflogen,</l><lb/> <l>Der ſah mich ſo muthig an.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [439/0457]
Der Reitersmann.
Hoch uͤber den ſtillen Hoͤhen
Stand in dem Wald ein Haus,
Dort war's ſo einſam zu ſehen
Weit uͤber'n Wald hinaus.
Drin ſaß ein Maͤdchen am Rocken,
Den ganzen Abend lang,
Der wurden die Augen nicht trocken,
Sie ſpann und ſann und ſang:
„Mein Liebſter, der war ein Reiter,
Dem ſchwur ich Treu' bis in Tod,
Der zog uͤber Land und weiter,
Zu Krieges-Luſt und Noth.
Und als ein Jahr war vergangen,
Und wieder bluͤhte das Land,
Da ſtand ich voller Verlangen,
Hoch an des Waldes Rand.
Und zwiſchen den Bergesbogen,
Wohl uͤber den gruͤnen Plan,
Kam mancher Reiter gezogen,
Der meine kam nicht mit an.
Und zwiſchen den Bergesbogen,
Wohl uͤber den gruͤnen Plan,
Ein Jaͤgersmann kam geflogen,
Der ſah mich ſo muthig an.
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