Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.So lieblich die Sonne schiene, Das Waldhorn scholl weit und breit, Da führt' er mich in das Grüne, Das war eine schöne Zeit! -- Der hat so lieblich gelogen Mich aus der Treue heraus, Der Falsche hat mich betrogen, Zog weit in die Welt hinaus." -- Sie konnte nicht weiter singen, Vor bitterem Schmerz und Leid, Die Augen ihr übergingen In ihrer Einsamkeit. Die Muhme, die saß beim Feuer Und wärmet sich am Kamin, Es flackert und sprüht das Feuer, Hell über die Stub' es schien. Sie sprach: "Ein Kränzlein in Haaren, Das stünde Dir heut gar schön, Willst draußen auf dem See nicht fahren? Hohe Blumen am Ufer dort steh'n." Ich kann nicht holen die Blumen,
Im Hemdlein weiß am Teich Ein Mädchen hütet die Blumen, Die sieht so todtenbleich. So lieblich die Sonne ſchiene, Das Waldhorn ſcholl weit und breit, Da fuͤhrt' er mich in das Gruͤne, Das war eine ſchoͤne Zeit! — Der hat ſo lieblich gelogen Mich aus der Treue heraus, Der Falſche hat mich betrogen, Zog weit in die Welt hinaus.“ — Sie konnte nicht weiter ſingen, Vor bitterem Schmerz und Leid, Die Augen ihr uͤbergingen In ihrer Einſamkeit. Die Muhme, die ſaß beim Feuer Und waͤrmet ſich am Kamin, Es flackert und ſpruͤht das Feuer, Hell uͤber die Stub' es ſchien. Sie ſprach: „Ein Kraͤnzlein in Haaren, Das ſtuͤnde Dir heut gar ſchoͤn, Willſt draußen auf dem See nicht fahren? Hohe Blumen am Ufer dort ſteh'n.“ Ich kann nicht holen die Blumen,
Im Hemdlein weiß am Teich Ein Maͤdchen huͤtet die Blumen, Die ſieht ſo todtenbleich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0458" n="440"/> <lg type="poem"> <l>So lieblich die Sonne ſchiene,</l><lb/> <l>Das Waldhorn ſcholl weit und breit,</l><lb/> <l>Da fuͤhrt' er mich in das Gruͤne,</l><lb/> <l>Das war eine ſchoͤne Zeit! —</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Der hat ſo lieblich gelogen</l><lb/> <l>Mich aus der Treue heraus,</l><lb/> <l>Der Falſche hat mich betrogen,</l><lb/> <l>Zog weit in die Welt hinaus.“ —</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Sie konnte nicht weiter ſingen,</l><lb/> <l>Vor bitterem Schmerz und Leid,</l><lb/> <l>Die Augen ihr uͤbergingen</l><lb/> <l>In ihrer Einſamkeit.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Die Muhme, die ſaß beim Feuer</l><lb/> <l>Und waͤrmet ſich am Kamin,</l><lb/> <l>Es flackert und ſpruͤht das Feuer,</l><lb/> <l>Hell uͤber die Stub' es ſchien.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Sie ſprach: „Ein Kraͤnzlein in Haaren,</l><lb/> <l>Das ſtuͤnde Dir heut gar ſchoͤn,</l><lb/> <l>Willſt draußen auf dem See nicht fahren?</l><lb/> <l>Hohe Blumen am Ufer dort ſteh'n.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Ich kann nicht holen die Blumen,</l><lb/> <l>Im Hemdlein weiß am Teich</l><lb/> <l>Ein Maͤdchen huͤtet die Blumen,</l><lb/> <l>Die ſieht ſo todtenbleich.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [440/0458]
So lieblich die Sonne ſchiene,
Das Waldhorn ſcholl weit und breit,
Da fuͤhrt' er mich in das Gruͤne,
Das war eine ſchoͤne Zeit! —
Der hat ſo lieblich gelogen
Mich aus der Treue heraus,
Der Falſche hat mich betrogen,
Zog weit in die Welt hinaus.“ —
Sie konnte nicht weiter ſingen,
Vor bitterem Schmerz und Leid,
Die Augen ihr uͤbergingen
In ihrer Einſamkeit.
Die Muhme, die ſaß beim Feuer
Und waͤrmet ſich am Kamin,
Es flackert und ſpruͤht das Feuer,
Hell uͤber die Stub' es ſchien.
Sie ſprach: „Ein Kraͤnzlein in Haaren,
Das ſtuͤnde Dir heut gar ſchoͤn,
Willſt draußen auf dem See nicht fahren?
Hohe Blumen am Ufer dort ſteh'n.“
Ich kann nicht holen die Blumen,
Im Hemdlein weiß am Teich
Ein Maͤdchen huͤtet die Blumen,
Die ſieht ſo todtenbleich.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |