Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Ihr schauert's durch die Glieder: "Du bist mein todtes Kind! Wie funkeln die Sterne nieder, Jetzt weiß ich, wo wir sind." -- Da löst' sie Kranz und Spangen, Und über ihr Angesicht Perlen und Thränen rannen, Man unterschied sie nicht. Und über die Schultern nieder Rollten die Locken sacht, Verdunkelnd Augen und Glieder, Wie eine prächtige Nacht. Um's Kind den Arm geschlagen, Sank sie in's Gras hinein -- Dort hatten sie erschlagen Den Vater im Gestein. Die Hochzeitsgäste riefen Im Walde auf und ab, Die Gründe alle schliefen, Nur Echo Antwort gab. Und als sich leis erhoben Der erste Morgenduft, Hörten die Hirten droben Ein Singen in stiller Luft. Ihr ſchauert's durch die Glieder: „Du biſt mein todtes Kind! Wie funkeln die Sterne nieder, Jetzt weiß ich, wo wir ſind.“ — Da loͤſt' ſie Kranz und Spangen, Und uͤber ihr Angeſicht Perlen und Thraͤnen rannen, Man unterſchied ſie nicht. Und uͤber die Schultern nieder Rollten die Locken ſacht, Verdunkelnd Augen und Glieder, Wie eine praͤchtige Nacht. Um's Kind den Arm geſchlagen, Sank ſie in's Gras hinein — Dort hatten ſie erſchlagen Den Vater im Geſtein. Die Hochzeitsgaͤſte riefen Im Walde auf und ab, Die Gruͤnde alle ſchliefen, Nur Echo Antwort gab. Und als ſich leis erhoben Der erſte Morgenduft, Hoͤrten die Hirten droben Ein Singen in ſtiller Luft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0466" n="448"/> <lg type="poem"> <l>Ihr ſchauert's durch die Glieder:</l><lb/> <l>„Du biſt mein todtes Kind!</l><lb/> <l>Wie funkeln die Sterne nieder,</l><lb/> <l>Jetzt weiß ich, wo wir ſind.“ —</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Da loͤſt' ſie Kranz und Spangen,</l><lb/> <l>Und uͤber ihr Angeſicht</l><lb/> <l>Perlen und Thraͤnen rannen,</l><lb/> <l>Man unterſchied ſie nicht.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und uͤber die Schultern nieder</l><lb/> <l>Rollten die Locken ſacht,</l><lb/> <l>Verdunkelnd Augen und Glieder,</l><lb/> <l>Wie eine praͤchtige Nacht.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Um's Kind den Arm geſchlagen,</l><lb/> <l>Sank ſie in's Gras hinein —</l><lb/> <l>Dort hatten ſie erſchlagen</l><lb/> <l>Den Vater im Geſtein.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Die Hochzeitsgaͤſte riefen</l><lb/> <l>Im Walde auf und ab,</l><lb/> <l>Die Gruͤnde alle ſchliefen,</l><lb/> <l>Nur Echo Antwort gab.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und als ſich leis erhoben</l><lb/> <l>Der erſte Morgenduft,</l><lb/> <l>Hoͤrten die Hirten droben</l><lb/> <l>Ein Singen in ſtiller Luft.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [448/0466]
Ihr ſchauert's durch die Glieder:
„Du biſt mein todtes Kind!
Wie funkeln die Sterne nieder,
Jetzt weiß ich, wo wir ſind.“ —
Da loͤſt' ſie Kranz und Spangen,
Und uͤber ihr Angeſicht
Perlen und Thraͤnen rannen,
Man unterſchied ſie nicht.
Und uͤber die Schultern nieder
Rollten die Locken ſacht,
Verdunkelnd Augen und Glieder,
Wie eine praͤchtige Nacht.
Um's Kind den Arm geſchlagen,
Sank ſie in's Gras hinein —
Dort hatten ſie erſchlagen
Den Vater im Geſtein.
Die Hochzeitsgaͤſte riefen
Im Walde auf und ab,
Die Gruͤnde alle ſchliefen,
Nur Echo Antwort gab.
Und als ſich leis erhoben
Der erſte Morgenduft,
Hoͤrten die Hirten droben
Ein Singen in ſtiller Luft.
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