Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837."Solch' Augen hat das meine, Ach meines bist Du nicht, Das ruht ja unter'm Steine, Den niemand mehr zerbricht. Ich weiß nicht, was mir grauset, Blick' nicht so fremd auf mich! Ich wollt', ich wär' zu Hause, Nach Hause führ' ich Dich." Sie geh'n nun miteinander, So trübe weht der Wind, Die Fraue sprach im Wandern: "Ich weiß nicht, wo wir sind. Wen tragen sie beim Scheine Der Fackeln durch die Schluft? O Gott, der stürzt' vom Steine Sich todt in dieser Kluft!" Das Kind sagt: "Den sie tragen, Dein Bräut'gam heute war, Er hat meinen Vater erschlagen, 'S ist diese Stund' ein Jahr. Wir alle müssen's büßen,
Bald wird es besser sein, Der Vater läßt Dich grüßen, Mein liebes Mütterlein." „Solch' Augen hat das meine, Ach meines biſt Du nicht, Das ruht ja unter'm Steine, Den niemand mehr zerbricht. Ich weiß nicht, was mir grauſet, Blick' nicht ſo fremd auf mich! Ich wollt', ich waͤr' zu Hauſe, Nach Hauſe fuͤhr' ich Dich.“ Sie geh'n nun miteinander, So truͤbe weht der Wind, Die Fraue ſprach im Wandern: „Ich weiß nicht, wo wir ſind. Wen tragen ſie beim Scheine Der Fackeln durch die Schluft? O Gott, der ſtuͤrzt' vom Steine Sich todt in dieſer Kluft!“ Das Kind ſagt: „Den ſie tragen, Dein Braͤut'gam heute war, Er hat meinen Vater erſchlagen, 'S iſt dieſe Stund' ein Jahr. Wir alle muͤſſen's buͤßen,
Bald wird es beſſer ſein, Der Vater laͤßt Dich gruͤßen, Mein liebes Muͤtterlein.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0465" n="447"/> <lg type="poem"> <l>„Solch' Augen hat das meine,</l><lb/> <l>Ach meines biſt Du nicht,</l><lb/> <l>Das ruht ja unter'm Steine,</l><lb/> <l>Den niemand mehr zerbricht.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Ich weiß nicht, was mir grauſet,</l><lb/> <l>Blick' nicht ſo fremd auf mich!</l><lb/> <l>Ich wollt', ich waͤr' zu Hauſe,</l><lb/> <l>Nach Hauſe fuͤhr' ich Dich.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Sie geh'n nun miteinander,</l><lb/> <l>So truͤbe weht der Wind,</l><lb/> <l>Die Fraue ſprach im Wandern:</l><lb/> <l>„Ich weiß nicht, wo wir ſind.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wen tragen ſie beim Scheine</l><lb/> <l>Der Fackeln durch die Schluft?</l><lb/> <l>O Gott, der ſtuͤrzt' vom Steine</l><lb/> <l>Sich todt in dieſer Kluft!“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Das Kind ſagt: „Den ſie tragen,</l><lb/> <l>Dein Braͤut'gam heute war,</l><lb/> <l>Er hat meinen Vater erſchlagen,</l><lb/> <l>'S iſt dieſe Stund' ein Jahr.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wir alle muͤſſen's buͤßen,</l><lb/> <l>Bald wird es beſſer ſein,</l><lb/> <l>Der Vater laͤßt Dich gruͤßen,</l><lb/> <l>Mein liebes Muͤtterlein.“</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [447/0465]
„Solch' Augen hat das meine,
Ach meines biſt Du nicht,
Das ruht ja unter'm Steine,
Den niemand mehr zerbricht.
Ich weiß nicht, was mir grauſet,
Blick' nicht ſo fremd auf mich!
Ich wollt', ich waͤr' zu Hauſe,
Nach Hauſe fuͤhr' ich Dich.“
Sie geh'n nun miteinander,
So truͤbe weht der Wind,
Die Fraue ſprach im Wandern:
„Ich weiß nicht, wo wir ſind.
Wen tragen ſie beim Scheine
Der Fackeln durch die Schluft?
O Gott, der ſtuͤrzt' vom Steine
Sich todt in dieſer Kluft!“
Das Kind ſagt: „Den ſie tragen,
Dein Braͤut'gam heute war,
Er hat meinen Vater erſchlagen,
'S iſt dieſe Stund' ein Jahr.
Wir alle muͤſſen's buͤßen,
Bald wird es beſſer ſein,
Der Vater laͤßt Dich gruͤßen,
Mein liebes Muͤtterlein.“
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