Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Und einsam auf des Schiffleins Rand Ein Greis kommt hergezogen In wunderbarem Meßgewand Als wie der Hirt der Wogen. Die Barken eine weite Rund' Dort um den Hirten machen, Der laut nun über'm Meeresgrund Den Segen spricht im Nachen. Da schwieg der Wind und rauscht' das Meer So wunderbare Weise Und auf den Knieen lag ringsher Die stille Gemeine im Kreise. Und als er das Kreuz hob in die Luft, Hoch zwischen die Fackeln trat er -- Den Hauptmann schauert im Herzensgrund, Es war sein alter Vater. Da taumelt' er und sank in's Gras Betend im stillen Grunde, Und wie Felsenquellen im Frühling brach Sein Herzblut aus allen Wunden. Und als die Gesellen kommen zum Strand,
Einen todten Mann sie finden -- Voll Graun sie sprengten fort durch's Land, Als jagt' sie der Tod in den Winden. Und einſam auf des Schiffleins Rand Ein Greis kommt hergezogen In wunderbarem Meßgewand Als wie der Hirt der Wogen. Die Barken eine weite Rund' Dort um den Hirten machen, Der laut nun uͤber'm Meeresgrund Den Segen ſpricht im Nachen. Da ſchwieg der Wind und rauſcht' das Meer So wunderbare Weiſe Und auf den Knieen lag ringsher Die ſtille Gemeine im Kreiſe. Und als er das Kreuz hob in die Luft, Hoch zwiſchen die Fackeln trat er — Den Hauptmann ſchauert im Herzensgrund, Es war ſein alter Vater. Da taumelt' er und ſank in's Gras Betend im ſtillen Grunde, Und wie Felſenquellen im Fruͤhling brach Sein Herzblut aus allen Wunden. Und als die Geſellen kommen zum Strand,
Einen todten Mann ſie finden — Voll Graun ſie ſprengten fort durch's Land, Als jagt' ſie der Tod in den Winden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0475" n="457"/> <lg type="poem"> <l>Und einſam auf des Schiffleins Rand</l><lb/> <l>Ein Greis kommt hergezogen</l><lb/> <l>In wunderbarem Meßgewand</l><lb/> <l>Als wie der Hirt der Wogen.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Die Barken eine weite Rund'</l><lb/> <l>Dort um den Hirten machen,</l><lb/> <l>Der laut nun uͤber'm Meeresgrund</l><lb/> <l>Den Segen ſpricht im Nachen.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Da ſchwieg der Wind und rauſcht' das Meer</l><lb/> <l>So wunderbare Weiſe</l><lb/> <l>Und auf den Knieen lag ringsher</l><lb/> <l>Die ſtille Gemeine im Kreiſe.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und als er das Kreuz hob in die Luft,</l><lb/> <l>Hoch zwiſchen die Fackeln trat er —</l><lb/> <l>Den Hauptmann ſchauert im Herzensgrund,</l><lb/> <l>Es war ſein alter Vater.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Da taumelt' er und ſank in's Gras</l><lb/> <l>Betend im ſtillen Grunde,</l><lb/> <l>Und wie Felſenquellen im Fruͤhling brach</l><lb/> <l>Sein Herzblut aus allen Wunden.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und als die Geſellen kommen zum Strand,</l><lb/> <l>Einen todten Mann ſie finden —</l><lb/> <l>Voll Graun ſie ſprengten fort durch's Land,</l><lb/> <l>Als jagt' ſie der Tod in den Winden.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [457/0475]
Und einſam auf des Schiffleins Rand
Ein Greis kommt hergezogen
In wunderbarem Meßgewand
Als wie der Hirt der Wogen.
Die Barken eine weite Rund'
Dort um den Hirten machen,
Der laut nun uͤber'm Meeresgrund
Den Segen ſpricht im Nachen.
Da ſchwieg der Wind und rauſcht' das Meer
So wunderbare Weiſe
Und auf den Knieen lag ringsher
Die ſtille Gemeine im Kreiſe.
Und als er das Kreuz hob in die Luft,
Hoch zwiſchen die Fackeln trat er —
Den Hauptmann ſchauert im Herzensgrund,
Es war ſein alter Vater.
Da taumelt' er und ſank in's Gras
Betend im ſtillen Grunde,
Und wie Felſenquellen im Fruͤhling brach
Sein Herzblut aus allen Wunden.
Und als die Geſellen kommen zum Strand,
Einen todten Mann ſie finden —
Voll Graun ſie ſprengten fort durch's Land,
Als jagt' ſie der Tod in den Winden.
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