Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Führten mich endlich in ein altes Haus, Da wogt' es unten in Nacht und Graus, Da war ein Hämmern, ein Schachern und Rumoren, Als hätte das Chaos noch nicht ausgegohren. Hier hielt der Alte würdig und breit: Mein Sohn, sprach er zu mir, das ist die Nützlichkeit! Die haben wir so zum gemeinen Besten erfunden. Das betrachte hübsch fleißig und sei gescheut. -- So ließen sie mich Armen allein und gebunden. Da schaut' ich weinend aus meinem Kerker Hinaus in das Leben durch düstern Erker, Und unten sah ich den Lenz sich breiten, Blühende Träume über die Berge schreiten, Drüber die blauen unendlichen Weiten. Durch's farbige Land auf blauen Flüssen Zogen bunte Schifflein, die wollten mich grüßen. Vorüber kamen die Wolken gezogen, Vorüber singende Vöglein geflogen; Es wollt' der große Zug mich mit fassen, Ach! Menschen, wann werd't ihr mich wieder hinunter lassen! Und im dunkelgrünen Walde munter
Schallte die Jagd hinauf und hinunter, Eine Jungfrau zu Roß und blitzende Reiter -- Ueber die Berge immer weiter und weiter Rief Waldhorn immer fort dazwischen: Mir nach in den Wald, den frischen! Fuͤhrten mich endlich in ein altes Haus, Da wogt' es unten in Nacht und Graus, Da war ein Haͤmmern, ein Schachern und Rumoren, Als haͤtte das Chaos noch nicht ausgegohren. Hier hielt der Alte wuͤrdig und breit: Mein Sohn, ſprach er zu mir, das iſt die Nuͤtzlichkeit! Die haben wir ſo zum gemeinen Beſten erfunden. Das betrachte huͤbſch fleißig und ſei geſcheut. — So ließen ſie mich Armen allein und gebunden. Da ſchaut' ich weinend aus meinem Kerker Hinaus in das Leben durch duͤſtern Erker, Und unten ſah ich den Lenz ſich breiten, Bluͤhende Traͤume uͤber die Berge ſchreiten, Druͤber die blauen unendlichen Weiten. Durch's farbige Land auf blauen Fluͤſſen Zogen bunte Schifflein, die wollten mich gruͤßen. Voruͤber kamen die Wolken gezogen, Voruͤber ſingende Voͤglein geflogen; Es wollt' der große Zug mich mit faſſen, Ach! Menſchen, wann werd't ihr mich wieder hinunter laſſen! Und im dunkelgruͤnen Walde munter
Schallte die Jagd hinauf und hinunter, Eine Jungfrau zu Roß und blitzende Reiter — Ueber die Berge immer weiter und weiter Rief Waldhorn immer fort dazwiſchen: Mir nach in den Wald, den friſchen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0089" n="71"/> <lg n="4"> <l>Fuͤhrten mich endlich in ein altes Haus,</l><lb/> <l>Da wogt' es unten in Nacht und Graus,</l><lb/> <l>Da war ein Haͤmmern, ein Schachern und Rumoren,</l><lb/> <l>Als haͤtte das Chaos noch nicht ausgegohren.</l><lb/> <l>Hier hielt der Alte wuͤrdig und breit:</l><lb/> <l>Mein Sohn, ſprach er zu mir, das iſt die Nuͤtzlichkeit!</l><lb/> <l>Die haben wir ſo zum gemeinen Beſten erfunden.</l><lb/> <l>Das betrachte huͤbſch fleißig und ſei geſcheut. —</l><lb/> <l>So ließen ſie mich Armen allein und gebunden.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Da ſchaut' ich weinend aus meinem Kerker</l><lb/> <l>Hinaus in das Leben durch duͤſtern Erker,</l><lb/> <l>Und unten ſah ich den Lenz ſich breiten,</l><lb/> <l>Bluͤhende Traͤume uͤber die Berge ſchreiten,</l><lb/> <l>Druͤber die blauen unendlichen Weiten.</l><lb/> <l>Durch's farbige Land auf blauen Fluͤſſen</l><lb/> <l>Zogen bunte Schifflein, die wollten mich gruͤßen.</l><lb/> <l>Voruͤber kamen die Wolken gezogen,</l><lb/> <l>Voruͤber ſingende Voͤglein geflogen;</l><lb/> <l>Es wollt' der große Zug mich mit faſſen,</l><lb/> <l>Ach! Menſchen, wann werd't ihr mich wieder hinunter</l><lb/> <l>laſſen!</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Und im dunkelgruͤnen Walde munter</l><lb/> <l>Schallte die Jagd hinauf und hinunter,</l><lb/> <l>Eine Jungfrau zu Roß und blitzende Reiter —</l><lb/> <l>Ueber die Berge immer weiter und weiter</l><lb/> <l>Rief Waldhorn immer fort dazwiſchen:</l><lb/> <l>Mir nach in den Wald, den friſchen!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0089]
Fuͤhrten mich endlich in ein altes Haus,
Da wogt' es unten in Nacht und Graus,
Da war ein Haͤmmern, ein Schachern und Rumoren,
Als haͤtte das Chaos noch nicht ausgegohren.
Hier hielt der Alte wuͤrdig und breit:
Mein Sohn, ſprach er zu mir, das iſt die Nuͤtzlichkeit!
Die haben wir ſo zum gemeinen Beſten erfunden.
Das betrachte huͤbſch fleißig und ſei geſcheut. —
So ließen ſie mich Armen allein und gebunden.
Da ſchaut' ich weinend aus meinem Kerker
Hinaus in das Leben durch duͤſtern Erker,
Und unten ſah ich den Lenz ſich breiten,
Bluͤhende Traͤume uͤber die Berge ſchreiten,
Druͤber die blauen unendlichen Weiten.
Durch's farbige Land auf blauen Fluͤſſen
Zogen bunte Schifflein, die wollten mich gruͤßen.
Voruͤber kamen die Wolken gezogen,
Voruͤber ſingende Voͤglein geflogen;
Es wollt' der große Zug mich mit faſſen,
Ach! Menſchen, wann werd't ihr mich wieder hinunter
laſſen!
Und im dunkelgruͤnen Walde munter
Schallte die Jagd hinauf und hinunter,
Eine Jungfrau zu Roß und blitzende Reiter —
Ueber die Berge immer weiter und weiter
Rief Waldhorn immer fort dazwiſchen:
Mir nach in den Wald, den friſchen!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |