Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.wirrung. Oft kam es mir vor, als zürnte sie heimlich Ich aber stand ganz verdutzt da. Denn je genauer Ich wußte gar nicht was ich sagen sollte, und "Herr Einnehmer," wandte er sich nun zu mir, wirrung. Oft kam es mir vor, als zuͤrnte ſie heimlich Ich aber ſtand ganz verdutzt da. Denn je genauer Ich wußte gar nicht was ich ſagen ſollte, und „Herr Einnehmer,“ wandte er ſich nun zu mir, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0140" n="130"/> wirrung. Oft kam es mir vor, als zuͤrnte ſie heimlich<lb/> uͤber das viele Gerede und Spaßen. Endlich ſtuͤrzten<lb/> ihr ploͤtzlich Thraͤnen aus den Augen, und ſie verbarg<lb/> ihr Geſicht an der Bruſt der andern Dame. Dieſe<lb/> ſah ſie erſt erſtaunt an, und druͤckte ſie dann herzlich<lb/> an ſich.</p><lb/> <p>Ich aber ſtand ganz verdutzt da. Denn je genauer<lb/> ich die fremde Dame betrachtete, deſto deutlicher er¬<lb/> kannte ich ſie, es war wahrhaftig niemand anders, als —<lb/> der junge Herr Maler Guido!</p><lb/> <p>Ich wußte gar nicht was ich ſagen ſollte, und<lb/> wollte ſo eben naͤher nachfragen, als Herr Leonhard zu<lb/> ihr trat und heimlich mit ihr ſprach. „Weiß er denn<lb/> noch nicht?“ hoͤrte ich ihn fragen. Sie ſchuͤttelte mit<lb/> dem Kopfe. Er beſann ſich darauf einen Augenblick.<lb/> „Nein, nein,“ ſagte er endlich, „er muß ſchnell alles<lb/> erfahren, ſonſt entſteht nur neues Geplauder und Ge¬<lb/> wirre.“</p><lb/> <p>„Herr Einnehmer,“ wandte er ſich nun zu mir,<lb/> „wir haben jetzt nicht viel Zeit, aber thue mir den Ge¬<lb/> fallen und wundere Dich hier in aller Geſchwindigkeit<lb/> aus, damit Du nicht hinterher durch Fragen, Erſtau¬<lb/> nen und Kopfſchuͤtteln unter den Leuten alte Geſchich¬<lb/> ten aufruͤhrſt, und neue Erdichtungen und Vermuthun¬<lb/> gen ausſchuͤttelſt.“ — Er zog mich bei dieſen Worten<lb/> tiefer in das Gebuͤſch hinein, waͤhrend das Fraͤulein<lb/> mit der, von der ſchoͤnen gnaͤdigen Frau weggelegten<lb/> Reitgerte in der Luft focht und alle ihre Locken tief<lb/> in das Geſichtchen ſchuͤttelte, durch die ich aber doch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0140]
wirrung. Oft kam es mir vor, als zuͤrnte ſie heimlich
uͤber das viele Gerede und Spaßen. Endlich ſtuͤrzten
ihr ploͤtzlich Thraͤnen aus den Augen, und ſie verbarg
ihr Geſicht an der Bruſt der andern Dame. Dieſe
ſah ſie erſt erſtaunt an, und druͤckte ſie dann herzlich
an ſich.
Ich aber ſtand ganz verdutzt da. Denn je genauer
ich die fremde Dame betrachtete, deſto deutlicher er¬
kannte ich ſie, es war wahrhaftig niemand anders, als —
der junge Herr Maler Guido!
Ich wußte gar nicht was ich ſagen ſollte, und
wollte ſo eben naͤher nachfragen, als Herr Leonhard zu
ihr trat und heimlich mit ihr ſprach. „Weiß er denn
noch nicht?“ hoͤrte ich ihn fragen. Sie ſchuͤttelte mit
dem Kopfe. Er beſann ſich darauf einen Augenblick.
„Nein, nein,“ ſagte er endlich, „er muß ſchnell alles
erfahren, ſonſt entſteht nur neues Geplauder und Ge¬
wirre.“
„Herr Einnehmer,“ wandte er ſich nun zu mir,
„wir haben jetzt nicht viel Zeit, aber thue mir den Ge¬
fallen und wundere Dich hier in aller Geſchwindigkeit
aus, damit Du nicht hinterher durch Fragen, Erſtau¬
nen und Kopfſchuͤtteln unter den Leuten alte Geſchich¬
ten aufruͤhrſt, und neue Erdichtungen und Vermuthun¬
gen ausſchuͤttelſt.“ — Er zog mich bei dieſen Worten
tiefer in das Gebuͤſch hinein, waͤhrend das Fraͤulein
mit der, von der ſchoͤnen gnaͤdigen Frau weggelegten
Reitgerte in der Luft focht und alle ihre Locken tief
in das Geſichtchen ſchuͤttelte, durch die ich aber doch
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