Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Fortunato war still und alle die Uebrigen auch, Florio fuhr ordentlich zusammen, als der Seltsame Fortunato war ſtill und alle die Uebrigen auch, Florio fuhr ordentlich zuſammen, als der Seltſame <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0159" n="149"/> <p>Fortunato war ſtill und alle die Uebrigen auch,<lb/> denn wirklich draußen waren nun die Klaͤnge verronnen<lb/> und die Muſik, das Gewimmel und alle die gaukelnde<lb/> Zauberei nach und nach verhallend untergegangen vor<lb/> dem unermeßlichen Sternenhimmel und dem gewalti¬<lb/> gen Nachtgeſange der Stroͤme und Waͤlder. Da trat<lb/> ein hoher ſchlanker Ritter in reichem Geſchmeide, das<lb/> gruͤnlichgoldene Scheine zwiſchen die im Winde flackern¬<lb/> den Lichter warf, in das Zelt herein. Sein Blick aus<lb/> tiefen Augenhoͤhlen war irre flammend, das Geſicht<lb/> ſchoͤn, aber blaß und wuͤſt. Alle dachten bei ſeinem<lb/> ploͤtzlichen Erſcheinen unwillkuͤhrlich ſchaudernd an den<lb/> ſtillen Gaſt in Fortunato's Liede. — Er aber begab<lb/> ſich nach einer fluͤchtigen Verbeugung gegen die Ge¬<lb/> ſellſchaft zu dem Buͤfet des Zeltwirthes und ſchluͤrfte<lb/> haſtig dunkelrothen Wein mit den bleichen Lippen in<lb/> langen Zuͤgen hinunter.</p><lb/> <p>Florio fuhr ordentlich zuſammen, als der Seltſame<lb/> ſich darauf vor allen Andern zu ihm wandte und ihn<lb/> als einen fruͤheren Bekannten in Lucca willkommen<lb/> hieß. Erſtaunt und nachſinnend betrachtete er ihn von<lb/> oben bis unten, denn er wußte ſich durchaus nicht<lb/> zu erinnern, ihn jemals geſehn zu haben. Doch war<lb/> der Ritter ausnehmend beredt und ſprach viel uͤber<lb/> mancherlei Begebenheiten aus Florio's fruͤheren Tagen.<lb/> Auch war er ſo genau bekannt mit der Gegend ſeiner<lb/> Heimath, dem Garten und jedem heimiſchen Platz der<lb/> Florio'n herzlich lieb war aus alter Zeit, daß ſich der¬<lb/> ſelbe bald mit der dunkeln Geſtalt auszuſoͤhnen anfing.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [149/0159]
Fortunato war ſtill und alle die Uebrigen auch,
denn wirklich draußen waren nun die Klaͤnge verronnen
und die Muſik, das Gewimmel und alle die gaukelnde
Zauberei nach und nach verhallend untergegangen vor
dem unermeßlichen Sternenhimmel und dem gewalti¬
gen Nachtgeſange der Stroͤme und Waͤlder. Da trat
ein hoher ſchlanker Ritter in reichem Geſchmeide, das
gruͤnlichgoldene Scheine zwiſchen die im Winde flackern¬
den Lichter warf, in das Zelt herein. Sein Blick aus
tiefen Augenhoͤhlen war irre flammend, das Geſicht
ſchoͤn, aber blaß und wuͤſt. Alle dachten bei ſeinem
ploͤtzlichen Erſcheinen unwillkuͤhrlich ſchaudernd an den
ſtillen Gaſt in Fortunato's Liede. — Er aber begab
ſich nach einer fluͤchtigen Verbeugung gegen die Ge¬
ſellſchaft zu dem Buͤfet des Zeltwirthes und ſchluͤrfte
haſtig dunkelrothen Wein mit den bleichen Lippen in
langen Zuͤgen hinunter.
Florio fuhr ordentlich zuſammen, als der Seltſame
ſich darauf vor allen Andern zu ihm wandte und ihn
als einen fruͤheren Bekannten in Lucca willkommen
hieß. Erſtaunt und nachſinnend betrachtete er ihn von
oben bis unten, denn er wußte ſich durchaus nicht
zu erinnern, ihn jemals geſehn zu haben. Doch war
der Ritter ausnehmend beredt und ſprach viel uͤber
mancherlei Begebenheiten aus Florio's fruͤheren Tagen.
Auch war er ſo genau bekannt mit der Gegend ſeiner
Heimath, dem Garten und jedem heimiſchen Platz der
Florio'n herzlich lieb war aus alter Zeit, daß ſich der¬
ſelbe bald mit der dunkeln Geſtalt auszuſoͤhnen anfing.
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