Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.hinter ihm versunken waren. Die Stadt ruhte, hell Schon flogen einzelne Lichtstreifen über den Mor¬ Vergangen ist die finstre Nacht, Des Bösen Trug und Zaubermacht, Zur Arbeit weckt der lichte Tag; Frisch auf, wer Gott noch loben mag! Er brach sein Lied plötzlich ab, als er den Frem¬ hinter ihm verſunken waren. Die Stadt ruhte, hell Schon flogen einzelne Lichtſtreifen uͤber den Mor¬ Vergangen iſt die finſtre Nacht, Des Boͤſen Trug und Zaubermacht, Zur Arbeit weckt der lichte Tag; Friſch auf, wer Gott noch loben mag! Er brach ſein Lied ploͤtzlich ab, als er den Frem¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0199" n="189"/> hinter ihm verſunken waren. Die Stadt ruhte, hell<lb/> vom Moude beſchienen, vor ihm. Fernab am Hori¬<lb/> zonte verhallte nur leiſe ein leichtes Gewitter, es war<lb/> eine praͤchtig klare Sommernacht.</p><lb/> <p>Schon flogen einzelne Lichtſtreifen uͤber den Mor¬<lb/> genhimmel, als er vor den Thoren ankam. Er ſuchte<lb/> dort heftig Donati's Wohnung auf, ihn wegen der<lb/> Begebenheiten dieſer Nacht zur Rede zu ſtellen. Das<lb/> Landhaus lag auf einem der hoͤchſten Plaͤtze mit der<lb/> Ausſicht uͤber die Stadt und die ganze umliegende Ge¬<lb/> gend. Er fand daher die anmuthige Stelle bald wie¬<lb/> der. Aber anſtatt der zierlichen Villa, in der er ge¬<lb/> ſtern geweſen, ſtand nur eine niedere Huͤtte da, ganz<lb/> von Weinlaub uͤberrankt und von einem kleinen Gaͤrt¬<lb/> chen umſchloſſen. Tauben, in den erſten Morgenſtrah¬<lb/> len ſpiegelnd, gingen girrend auf dem Dache auf und<lb/> nieder, ein tiefer heiterer Friede herrſchte uͤberall. Ein<lb/> Mann mit dem Spaten auf der Achſel kam ſo eben<lb/> aus dem Hauſe und ſang:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Vergangen iſt die finſtre Nacht,</l><lb/> <l>Des Boͤſen Trug und Zaubermacht,</l><lb/> <l>Zur Arbeit weckt der lichte Tag;</l><lb/> <l>Friſch auf, wer Gott noch loben mag!</l><lb/> </lg> <p>Er brach ſein Lied ploͤtzlich ab, als er den Frem¬<lb/> den ſo bleich und mit verworrenem Haar daherfliegen<lb/> ſah. — Ganz verwirrt fragte Florio nach Donati.<lb/> Der Gaͤrtner aber kannte den Namen nicht und ſchien<lb/> den Fragenden fuͤr wahnſinnig zu halten. Seine Toch¬<lb/> ter dehnte ſich auf der Schwelle in die kuͤhle Morgen¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [189/0199]
hinter ihm verſunken waren. Die Stadt ruhte, hell
vom Moude beſchienen, vor ihm. Fernab am Hori¬
zonte verhallte nur leiſe ein leichtes Gewitter, es war
eine praͤchtig klare Sommernacht.
Schon flogen einzelne Lichtſtreifen uͤber den Mor¬
genhimmel, als er vor den Thoren ankam. Er ſuchte
dort heftig Donati's Wohnung auf, ihn wegen der
Begebenheiten dieſer Nacht zur Rede zu ſtellen. Das
Landhaus lag auf einem der hoͤchſten Plaͤtze mit der
Ausſicht uͤber die Stadt und die ganze umliegende Ge¬
gend. Er fand daher die anmuthige Stelle bald wie¬
der. Aber anſtatt der zierlichen Villa, in der er ge¬
ſtern geweſen, ſtand nur eine niedere Huͤtte da, ganz
von Weinlaub uͤberrankt und von einem kleinen Gaͤrt¬
chen umſchloſſen. Tauben, in den erſten Morgenſtrah¬
len ſpiegelnd, gingen girrend auf dem Dache auf und
nieder, ein tiefer heiterer Friede herrſchte uͤberall. Ein
Mann mit dem Spaten auf der Achſel kam ſo eben
aus dem Hauſe und ſang:
Vergangen iſt die finſtre Nacht,
Des Boͤſen Trug und Zaubermacht,
Zur Arbeit weckt der lichte Tag;
Friſch auf, wer Gott noch loben mag!
Er brach ſein Lied ploͤtzlich ab, als er den Frem¬
den ſo bleich und mit verworrenem Haar daherfliegen
ſah. — Ganz verwirrt fragte Florio nach Donati.
Der Gaͤrtner aber kannte den Namen nicht und ſchien
den Fragenden fuͤr wahnſinnig zu halten. Seine Toch¬
ter dehnte ſich auf der Schwelle in die kuͤhle Morgen¬
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