Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.luft hinaus und sah den Fremden frisch und morgen¬ Hier verschloß er sich in sein Zimmer und versank In solchem unseligen Brüten und Träumen blieb Die früheste Morgendämmerung fand ihn schon luft hinaus und ſah den Fremden friſch und morgen¬ Hier verſchloß er ſich in ſein Zimmer und verſank In ſolchem unſeligen Bruͤten und Traͤumen blieb Die fruͤheſte Morgendaͤmmerung fand ihn ſchon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0200" n="190"/> luft hinaus und ſah den Fremden friſch und morgen¬<lb/> klar mit den großen, verwunderten Augen an. — „Mein<lb/> Gott ! wo bin ich denn ſo lange geweſen!“ ſagte<lb/> Florio halb leiſe in ſich, und floh eilig zuruͤck durch<lb/> das Thor und die noch leeren Gaſſen in die Herberge.</p><lb/> <p>Hier verſchloß er ſich in ſein Zimmer und verſank<lb/> ganz und gar in ein hinſtarrendes Nachſinnen. Die<lb/> unbeſchreibliche Schoͤnheit der Dame, wie ſie ſo lang¬<lb/> ſam vor ihm verblich, und die anmuthigen Augen un¬<lb/> tergingen, hatte in ſeinem tiefſten Herzen eine ſolche<lb/> unendliche Wehmuth zuruͤckgelaſſen, daß er ſich unwi¬<lb/> derſtehlich ſehnte, hier zu ſterben. —</p><lb/> <p>In ſolchem unſeligen Bruͤten und Traͤumen blieb<lb/> er den ganzen Tag und die darauf folgende Nacht<lb/> hindurch.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Die fruͤheſte Morgendaͤmmerung fand ihn ſchon<lb/> zu Pferde vor den Thoren der Stadt. Das unermuͤd¬<lb/> liche Zureden ſeines getreuen Dieners hatte ihn endlich<lb/> zu dem Entschluſſe bewogen, dieſe Gegend gaͤnzlich zu<lb/> verlaſſen. Langſam und in ſich gekehrt zog er nun die<lb/> ſchoͤne Straße, die von Lucca in das Land hinaus¬<lb/> fuͤhrte, zwiſchen den dunkelnden Baͤumen, in denen die<lb/> Voͤgel noch ſchliefen, dahin. Da geſellten ſich, nicht<lb/> gar fern der Stadt, noch drei andere Reiter zu ihm.<lb/> Nicht ohne heimlichen Schauer erkannte er in dem<lb/> Einen den Saͤnger Fortunato. Der Andere war Fraͤu¬<lb/> lein Bianka's Oheim, in deſſen Landhauſe er an jenem<lb/> verhaͤngnißvollen Abende getanzt. Er wurde von einem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [190/0200]
luft hinaus und ſah den Fremden friſch und morgen¬
klar mit den großen, verwunderten Augen an. — „Mein
Gott ! wo bin ich denn ſo lange geweſen!“ ſagte
Florio halb leiſe in ſich, und floh eilig zuruͤck durch
das Thor und die noch leeren Gaſſen in die Herberge.
Hier verſchloß er ſich in ſein Zimmer und verſank
ganz und gar in ein hinſtarrendes Nachſinnen. Die
unbeſchreibliche Schoͤnheit der Dame, wie ſie ſo lang¬
ſam vor ihm verblich, und die anmuthigen Augen un¬
tergingen, hatte in ſeinem tiefſten Herzen eine ſolche
unendliche Wehmuth zuruͤckgelaſſen, daß er ſich unwi¬
derſtehlich ſehnte, hier zu ſterben. —
In ſolchem unſeligen Bruͤten und Traͤumen blieb
er den ganzen Tag und die darauf folgende Nacht
hindurch.
Die fruͤheſte Morgendaͤmmerung fand ihn ſchon
zu Pferde vor den Thoren der Stadt. Das unermuͤd¬
liche Zureden ſeines getreuen Dieners hatte ihn endlich
zu dem Entschluſſe bewogen, dieſe Gegend gaͤnzlich zu
verlaſſen. Langſam und in ſich gekehrt zog er nun die
ſchoͤne Straße, die von Lucca in das Land hinaus¬
fuͤhrte, zwiſchen den dunkelnden Baͤumen, in denen die
Voͤgel noch ſchliefen, dahin. Da geſellten ſich, nicht
gar fern der Stadt, noch drei andere Reiter zu ihm.
Nicht ohne heimlichen Schauer erkannte er in dem
Einen den Saͤnger Fortunato. Der Andere war Fraͤu¬
lein Bianka's Oheim, in deſſen Landhauſe er an jenem
verhaͤngnißvollen Abende getanzt. Er wurde von einem
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