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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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chen. "Da schickt Euch die vielschöne gnädige Frau
was, das sollt Ihr auf ihre Gesundheit trinken. Eine
gute Nacht auch!" Damit setzte sie mir fix eine Fla¬
sche Wein auf's Fenster und war sogleich wieder zwi¬
schen den Blumen und Hecken verschwunden, wie eine
Eidechse.

Ich aber stand noch lange vor der wundersamen
Flasche, und wußte nicht wie mir geschehen war. --
Und hatte ich vorher lustig die Geige gestrichen, so
spielt' und sang ich jetzt erst recht, und sang das Lied
von der schönen Frau ganz aus und alle meine Lieder,
die ich nur wußte, bis alle Nachtigallen draußen erwach¬
ten und Mond und Sterne schon lange über dem Garten
standen. Ja, das war einmal eine gute schöne Nacht!

Es wird keinem an der Wiege gesungen, was künf¬
tig aus ihm wird, eine blinde Henne find't manchmal
auch ein Korn, wer zuletzt lacht, lacht am besten, un¬
verhofft kommt oft, der Mensch denkt und Gott lenkt,
so meditirt' ich, als ich am folgenden Tage wieder mit
meiner Pfeife im Garten saß und es mir dabei, da
ich so aufmerksam an mir herunter sah, fast vorkom¬
men wollte, als wäre ich doch eigentlich ein rechter
Lump. -- Ich stand nunmehr, ganz wider meine
sonstige Gewohnheit, alle Tage sehr zeitig auf, eh' sich
noch der Gärtner und die andern Arbeiter rührten.
Da war es so wunderschön draußen im Garten. Die
Blumen, die Springbrunnen, die Rosenbüsche und der
ganze Garten funkelten von der Morgensonne wie lau¬
ter Gold und Edelstein. Und in den hohen Buchen¬

chen. „Da ſchickt Euch die vielſchoͤne gnaͤdige Frau
was, das ſollt Ihr auf ihre Geſundheit trinken. Eine
gute Nacht auch!“ Damit ſetzte ſie mir fix eine Fla¬
ſche Wein auf's Fenſter und war ſogleich wieder zwi¬
ſchen den Blumen und Hecken verſchwunden, wie eine
Eidechſe.

Ich aber ſtand noch lange vor der wunderſamen
Flaſche, und wußte nicht wie mir geſchehen war. —
Und hatte ich vorher luſtig die Geige geſtrichen, ſo
ſpielt' und ſang ich jetzt erſt recht, und ſang das Lied
von der ſchoͤnen Frau ganz aus und alle meine Lieder,
die ich nur wußte, bis alle Nachtigallen draußen erwach¬
ten und Mond und Sterne ſchon lange uͤber dem Garten
ſtanden. Ja, das war einmal eine gute ſchoͤne Nacht!

Es wird keinem an der Wiege geſungen, was kuͤnf¬
tig aus ihm wird, eine blinde Henne find't manchmal
auch ein Korn, wer zuletzt lacht, lacht am beſten, un¬
verhofft kommt oft, der Menſch denkt und Gott lenkt,
ſo meditirt' ich, als ich am folgenden Tage wieder mit
meiner Pfeife im Garten ſaß und es mir dabei, da
ich ſo aufmerkſam an mir herunter ſah, faſt vorkom¬
men wollte, als waͤre ich doch eigentlich ein rechter
Lump. — Ich ſtand nunmehr, ganz wider meine
ſonſtige Gewohnheit, alle Tage ſehr zeitig auf, eh' ſich
noch der Gaͤrtner und die andern Arbeiter ruͤhrten.
Da war es ſo wunderſchoͤn draußen im Garten. Die
Blumen, die Springbrunnen, die Roſenbuͤſche und der
ganze Garten funkelten von der Morgenſonne wie lau¬
ter Gold und Edelſtein. Und in den hohen Buchen¬

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[10/0020] chen. „Da ſchickt Euch die vielſchoͤne gnaͤdige Frau was, das ſollt Ihr auf ihre Geſundheit trinken. Eine gute Nacht auch!“ Damit ſetzte ſie mir fix eine Fla¬ ſche Wein auf's Fenſter und war ſogleich wieder zwi¬ ſchen den Blumen und Hecken verſchwunden, wie eine Eidechſe. Ich aber ſtand noch lange vor der wunderſamen Flaſche, und wußte nicht wie mir geſchehen war. — Und hatte ich vorher luſtig die Geige geſtrichen, ſo ſpielt' und ſang ich jetzt erſt recht, und ſang das Lied von der ſchoͤnen Frau ganz aus und alle meine Lieder, die ich nur wußte, bis alle Nachtigallen draußen erwach¬ ten und Mond und Sterne ſchon lange uͤber dem Garten ſtanden. Ja, das war einmal eine gute ſchoͤne Nacht! Es wird keinem an der Wiege geſungen, was kuͤnf¬ tig aus ihm wird, eine blinde Henne find't manchmal auch ein Korn, wer zuletzt lacht, lacht am beſten, un¬ verhofft kommt oft, der Menſch denkt und Gott lenkt, ſo meditirt' ich, als ich am folgenden Tage wieder mit meiner Pfeife im Garten ſaß und es mir dabei, da ich ſo aufmerkſam an mir herunter ſah, faſt vorkom¬ men wollte, als waͤre ich doch eigentlich ein rechter Lump. — Ich ſtand nunmehr, ganz wider meine ſonſtige Gewohnheit, alle Tage ſehr zeitig auf, eh' ſich noch der Gaͤrtner und die andern Arbeiter ruͤhrten. Da war es ſo wunderſchoͤn draußen im Garten. Die Blumen, die Springbrunnen, die Roſenbuͤſche und der ganze Garten funkelten von der Morgenſonne wie lau¬ ter Gold und Edelſtein. Und in den hohen Buchen¬

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/20>, abgerufen am 23.11.2024.