Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Alleen, da war es noch so still, kühl und andächtig wie So dauerte das wohl über eine Woche. Aber das Endlich wagte ich es wieder, aber das Fenster blieb Alleen, da war es noch ſo ſtill, kuͤhl und andaͤchtig wie So dauerte das wohl uͤber eine Woche. Aber das Endlich wagte ich es wieder, aber das Fenſter blieb <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0021" n="11"/> Alleen, da war es noch ſo ſtill, kuͤhl und andaͤchtig wie<lb/> in einer Kirche, nur die Voͤgel flatterten und pickten<lb/> auf dem Sande. Gleich vor dem Schloſſe, grade un¬<lb/> ter den Fenſtern, wo die ſchoͤne Frau wohnte, war ein<lb/> bluͤhender Strauch. Dorthin ging ich dann immer<lb/> am fruͤheſten Morgen und duckte mich hinter die Aeſte,<lb/> um ſo nach den Fenſtern zu ſehen, denn mich im Freien<lb/> zu produziren hatt' ich keine Kourage. Da ſah ich<lb/> nun allemal die allerſchoͤnſte Dame noch heiß und halb<lb/> verſchlafen im ſchneeweißen Kleide an das offne Fen¬<lb/> ſter hervortreten. Bald flocht ſie ſich die dunkelbrau¬<lb/> nen Haare und ließ dabei die anmuthig ſpielenden<lb/> Augen uͤber Buſch und Garten ergehen, bald bog und<lb/> band ſie die Blumen, die vor ihrem Fenſter ſtanden,<lb/> oder ſie nahm auch die Guitarre in den weißen Arm<lb/> und ſang dazu ſo wunderſam uͤber den Garten hinaus,<lb/> daß ſich mir noch das Herz umwenden will vor Weh¬<lb/> muth, wenn mir eins von den Liedern bisweilen ein¬<lb/> faͤllt — und ach das alles iſt ſchon lange her!</p><lb/> <p>So dauerte das wohl uͤber eine Woche. Aber das<lb/> einemal, ſie ſtand grade wieder am Fenſter und alles<lb/> war ſtille rings umher, fliegt mir eine fatale Fliege in<lb/> die Naſe und ich gebe mich an ein erſchreckliches Nie¬<lb/> ſen, das gar nicht enden will. Sie legt ſich weit zum<lb/> Fenſter hinaus und ſieht mich Aermſten hinter dem<lb/> Strauche lauſchen. — Nun ſchaͤmte ich mich und kam<lb/> viele Tage nicht hin.</p><lb/> <p>Endlich wagte ich es wieder, aber das Fenſter blieb<lb/> diesmal zu, ich ſaß vier, fuͤnf, ſechs Morgen hinter<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0021]
Alleen, da war es noch ſo ſtill, kuͤhl und andaͤchtig wie
in einer Kirche, nur die Voͤgel flatterten und pickten
auf dem Sande. Gleich vor dem Schloſſe, grade un¬
ter den Fenſtern, wo die ſchoͤne Frau wohnte, war ein
bluͤhender Strauch. Dorthin ging ich dann immer
am fruͤheſten Morgen und duckte mich hinter die Aeſte,
um ſo nach den Fenſtern zu ſehen, denn mich im Freien
zu produziren hatt' ich keine Kourage. Da ſah ich
nun allemal die allerſchoͤnſte Dame noch heiß und halb
verſchlafen im ſchneeweißen Kleide an das offne Fen¬
ſter hervortreten. Bald flocht ſie ſich die dunkelbrau¬
nen Haare und ließ dabei die anmuthig ſpielenden
Augen uͤber Buſch und Garten ergehen, bald bog und
band ſie die Blumen, die vor ihrem Fenſter ſtanden,
oder ſie nahm auch die Guitarre in den weißen Arm
und ſang dazu ſo wunderſam uͤber den Garten hinaus,
daß ſich mir noch das Herz umwenden will vor Weh¬
muth, wenn mir eins von den Liedern bisweilen ein¬
faͤllt — und ach das alles iſt ſchon lange her!
So dauerte das wohl uͤber eine Woche. Aber das
einemal, ſie ſtand grade wieder am Fenſter und alles
war ſtille rings umher, fliegt mir eine fatale Fliege in
die Naſe und ich gebe mich an ein erſchreckliches Nie¬
ſen, das gar nicht enden will. Sie legt ſich weit zum
Fenſter hinaus und ſieht mich Aermſten hinter dem
Strauche lauſchen. — Nun ſchaͤmte ich mich und kam
viele Tage nicht hin.
Endlich wagte ich es wieder, aber das Fenſter blieb
diesmal zu, ich ſaß vier, fuͤnf, ſechs Morgen hinter
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