Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Da trat ihr Bräut'gam süße Zu ihr aus stiller Nacht, So freundlich er sie grüßte, Daß ihr daß Herze lacht. Er sprach: "Was willst Du weinen, Weil alle fröhlich sei'n? Die Stern' so helle scheinen, So lustig geht der Rhein." Das Kränzlein in den Haaren Steht Dir so wunderfein, Wir wollen etwas fahren Hinunter auf dem Rhein. Zum Kahn folgt' sie behende, Setzt sich ganz vorne hin, Er setzt' sich an das Ende Und ließ das Schifflein zieh'n. Sie sprach: "Die Töne kommen Verworren durch den Wind, Die Fenster sind verglommen, Wir fahren so geschwind. Was sind das für so lange
Gebürge weit und breit? Mir wird auf einmal bange In dieser Einsamkeit! Da trat ihr Braͤut'gam ſuͤße Zu ihr aus ſtiller Nacht, So freundlich er ſie gruͤßte, Daß ihr daß Herze lacht. Er ſprach: „Was willſt Du weinen, Weil alle froͤhlich ſei'n? Die Stern' ſo helle ſcheinen, So luſtig geht der Rhein.“ Das Kraͤnzlein in den Haaren Steht Dir ſo wunderfein, Wir wollen etwas fahren Hinunter auf dem Rhein. Zum Kahn folgt' ſie behende, Setzt ſich ganz vorne hin, Er ſetzt' ſich an das Ende Und ließ das Schifflein zieh'n. Sie ſprach: „Die Toͤne kommen Verworren durch den Wind, Die Fenſter ſind verglommen, Wir fahren ſo geſchwind. Was ſind das fuͤr ſo lange
Gebuͤrge weit und breit? Mir wird auf einmal bange In dieſer Einſamkeit! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0284" n="274"/> <lg n="8"> <l>Da trat ihr Braͤut'gam ſuͤße</l><lb/> <l>Zu ihr aus ſtiller Nacht,</l><lb/> <l>So freundlich er ſie gruͤßte,</l><lb/> <l>Daß ihr daß Herze lacht.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Er ſprach: „Was willſt Du weinen,</l><lb/> <l>Weil alle froͤhlich ſei'n?</l><lb/> <l>Die Stern' ſo helle ſcheinen,</l><lb/> <l>So luſtig geht der Rhein.“</l><lb/> </lg> <lg n="10"> <l>Das Kraͤnzlein in den Haaren</l><lb/> <l>Steht Dir ſo wunderfein,</l><lb/> <l>Wir wollen etwas fahren</l><lb/> <l>Hinunter auf dem Rhein.</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>Zum Kahn folgt' ſie behende,</l><lb/> <l>Setzt ſich ganz vorne hin,</l><lb/> <l>Er ſetzt' ſich an das Ende</l><lb/> <l>Und ließ das Schifflein zieh'n.</l><lb/> </lg> <lg n="12"> <l>Sie ſprach: „Die Toͤne kommen</l><lb/> <l>Verworren durch den Wind,</l><lb/> <l>Die Fenſter ſind verglommen,</l><lb/> <l>Wir fahren ſo geſchwind.</l><lb/> </lg> <lg n="13"> <l>Was ſind das fuͤr ſo lange</l><lb/> <l>Gebuͤrge weit und breit?</l><lb/> <l>Mir wird auf einmal bange</l><lb/> <l>In dieſer Einſamkeit!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0284]
Da trat ihr Braͤut'gam ſuͤße
Zu ihr aus ſtiller Nacht,
So freundlich er ſie gruͤßte,
Daß ihr daß Herze lacht.
Er ſprach: „Was willſt Du weinen,
Weil alle froͤhlich ſei'n?
Die Stern' ſo helle ſcheinen,
So luſtig geht der Rhein.“
Das Kraͤnzlein in den Haaren
Steht Dir ſo wunderfein,
Wir wollen etwas fahren
Hinunter auf dem Rhein.
Zum Kahn folgt' ſie behende,
Setzt ſich ganz vorne hin,
Er ſetzt' ſich an das Ende
Und ließ das Schifflein zieh'n.
Sie ſprach: „Die Toͤne kommen
Verworren durch den Wind,
Die Fenſter ſind verglommen,
Wir fahren ſo geſchwind.
Was ſind das fuͤr ſo lange
Gebuͤrge weit und breit?
Mir wird auf einmal bange
In dieſer Einſamkeit!
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