Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Licht wurden Wald und Höhen, Der Morgen schien blutroth, Das Schifflein sah man gehen, Die schöne Braut d'rin todt. An die Dichter. Wo treues Wollen, redlich Streben Und rechten Sinn der Rechte spürt, Das muß die Seele ihm erheben, Das hat mich jedesmal gerührt. Das Reich des Glaubens ist geendet, Zerstört die alte Herrlichkeit, Die Schönheit weinend abgewendet, So gnadenlos ist unsre Zeit. O Einfalt gut in frommen Herzen, Du züchtig schöne Gottesbraut! Dich schlugen sie mit frechen Scherzen, Weil Dir vor ihrer Klugheit graut. Wo find'st Du nun ein Haus, vertrieben, Wo man Dir Deine Wunder läßt, Das treue Thun, das schöne Lieben, Des Lebens fromm vergnüglich Fest? Wo findest Du den alten Garten,
Dein Spielzeug, wunderbares Kind, Der Sterne heil'ge Redensarten, Das Morgenroth, den frischen Wind? Licht wurden Wald und Hoͤhen, Der Morgen ſchien blutroth, Das Schifflein ſah man gehen, Die ſchoͤne Braut d'rin todt. An die Dichter. Wo treues Wollen, redlich Streben Und rechten Sinn der Rechte ſpuͤrt, Das muß die Seele ihm erheben, Das hat mich jedesmal geruͤhrt. Das Reich des Glaubens iſt geendet, Zerſtoͤrt die alte Herrlichkeit, Die Schoͤnheit weinend abgewendet, So gnadenlos iſt unſre Zeit. O Einfalt gut in frommen Herzen, Du zuͤchtig ſchoͤne Gottesbraut! Dich ſchlugen ſie mit frechen Scherzen, Weil Dir vor ihrer Klugheit graut. Wo find'ſt Du nun ein Haus, vertrieben, Wo man Dir Deine Wunder laͤßt, Das treue Thun, das ſchoͤne Lieben, Des Lebens fromm vergnuͤglich Feſt? Wo findeſt Du den alten Garten,
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Licht wurden Wald und Hoͤhen,
Der Morgen ſchien blutroth,
Das Schifflein ſah man gehen,
Die ſchoͤne Braut d'rin todt.
An die Dichter.
Wo treues Wollen, redlich Streben
Und rechten Sinn der Rechte ſpuͤrt,
Das muß die Seele ihm erheben,
Das hat mich jedesmal geruͤhrt.
Das Reich des Glaubens iſt geendet,
Zerſtoͤrt die alte Herrlichkeit,
Die Schoͤnheit weinend abgewendet,
So gnadenlos iſt unſre Zeit.
O Einfalt gut in frommen Herzen,
Du zuͤchtig ſchoͤne Gottesbraut!
Dich ſchlugen ſie mit frechen Scherzen,
Weil Dir vor ihrer Klugheit graut.
Wo find'ſt Du nun ein Haus, vertrieben,
Wo man Dir Deine Wunder laͤßt,
Das treue Thun, das ſchoͤne Lieben,
Des Lebens fromm vergnuͤglich Feſt?
Wo findeſt Du den alten Garten,
Dein Spielzeug, wunderbares Kind,
Der Sterne heil'ge Redensarten,
Das Morgenroth, den friſchen Wind?
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/286>, abgerufen am 16.02.2025. |