Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Flechsen am Halse ordentlich aufgeschwollen waren; sie "Ich brauche so nothwendig noch frische Blumen Mir zuckte es in allen meinen Gliedern, herunter Nun hielt sich die Gärtnerin nicht länger. "Da Flechſen am Halſe ordentlich aufgeſchwollen waren; ſie „Ich brauche ſo nothwendig noch friſche Blumen Mir zuckte es in allen meinen Gliedern, herunter Nun hielt ſich die Gaͤrtnerin nicht laͤnger. „Da <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0039" n="29"/> Flechſen am Halſe ordentlich aufgeſchwollen waren; ſie<lb/> ſah ganz erboßt aus und ziegelroth im Geſichte. Die<lb/> Kammerjungfer ſuchte unterdeß hinter allen Hecken<lb/> herum, als haͤtte ſie eine Stecknadel verloren. —</p><lb/> <p>„Ich brauche ſo nothwendig noch friſche Blumen<lb/> zu meiner Maske,“ fuhr die Gaͤrtnerin von neuem fort,<lb/> „wo er auch ſtecken mag!“ — Die Kammerjungfer<lb/> ſuchte und kicherte dabei immer fort heimlich in ſich<lb/> ſelbſt hinein. — „Sagteſt Du was, Roſette?“ fragte<lb/> die Gaͤrtnerin ſpitzig. — „Ich ſage was ich immer<lb/> geſagt habe,“ erwiederte die Kammerjungfer und machte<lb/> ein ganz ernſthaftes treuherziges Geſicht, „der ganze<lb/> Einnehmer iſt und bleibt ein Luͤmmel, er liegt gewiß<lb/> irgendwo hinter einem Strauche und ſchlaͤft.“</p><lb/> <p>Mir zuckte es in allen meinen Gliedern, herunter<lb/> zu ſpringen und meine Reputation zu retten — da<lb/> hoͤrte man auf einmal ein großes Paucken und Muſi¬<lb/> ziren und Laͤrmen vom Schloſſe her.</p><lb/> <p>Nun hielt ſich die Gaͤrtnerin nicht laͤnger. „Da<lb/> bringen die Menſchen,“ fuhr ſie verdruͤßlich auf, „dem<lb/> Herrn das Vivat. Komm, man wird uns vermiſſen!“ —<lb/> Und hiermit ſteckte ſie die Larve ſchnell vor und ging<lb/> wuͤthend mit der Kammerjungfer nach dem Schloſſe<lb/> zu fort. Die Baͤume und Straͤucher wieſen kurios,<lb/> wie mit langen Naſen und Fingern hinter ihr drein,<lb/> der Mondſchein tanzte noch fix, wie uͤber eine Klavia¬<lb/> tur, uͤber ihre breite Taille auf und nieder, und ſo<lb/> nahm ſie, ſo recht wie ich auf dem Theater manchmal<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0039]
Flechſen am Halſe ordentlich aufgeſchwollen waren; ſie
ſah ganz erboßt aus und ziegelroth im Geſichte. Die
Kammerjungfer ſuchte unterdeß hinter allen Hecken
herum, als haͤtte ſie eine Stecknadel verloren. —
„Ich brauche ſo nothwendig noch friſche Blumen
zu meiner Maske,“ fuhr die Gaͤrtnerin von neuem fort,
„wo er auch ſtecken mag!“ — Die Kammerjungfer
ſuchte und kicherte dabei immer fort heimlich in ſich
ſelbſt hinein. — „Sagteſt Du was, Roſette?“ fragte
die Gaͤrtnerin ſpitzig. — „Ich ſage was ich immer
geſagt habe,“ erwiederte die Kammerjungfer und machte
ein ganz ernſthaftes treuherziges Geſicht, „der ganze
Einnehmer iſt und bleibt ein Luͤmmel, er liegt gewiß
irgendwo hinter einem Strauche und ſchlaͤft.“
Mir zuckte es in allen meinen Gliedern, herunter
zu ſpringen und meine Reputation zu retten — da
hoͤrte man auf einmal ein großes Paucken und Muſi¬
ziren und Laͤrmen vom Schloſſe her.
Nun hielt ſich die Gaͤrtnerin nicht laͤnger. „Da
bringen die Menſchen,“ fuhr ſie verdruͤßlich auf, „dem
Herrn das Vivat. Komm, man wird uns vermiſſen!“ —
Und hiermit ſteckte ſie die Larve ſchnell vor und ging
wuͤthend mit der Kammerjungfer nach dem Schloſſe
zu fort. Die Baͤume und Straͤucher wieſen kurios,
wie mit langen Naſen und Fingern hinter ihr drein,
der Mondſchein tanzte noch fix, wie uͤber eine Klavia¬
tur, uͤber ihre breite Taille auf und nieder, und ſo
nahm ſie, ſo recht wie ich auf dem Theater manchmal
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