Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.hen, daß ich mich beinah gefürchtet hätte. -- Da fing Es hatte sich wirklich ein Wind erhoben, der leise hen, daß ich mich beinah gefuͤrchtet haͤtte. — Da fing Es hatte ſich wirklich ein Wind erhoben, der leiſe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0047" n="37"/> hen, daß ich mich beinah gefuͤrchtet haͤtte. — Da fing<lb/> auf einmal die Muͤhle, erſt in einzelnen langſamen<lb/> Schlaͤgen, dann immer ſchneller und heftiger an zu<lb/> gehen und zu brauſen, der Weiher wurde dunkel und<lb/> kraͤuſelte ſich, die ſchoͤne Fraue wurde ganz bleich und<lb/> ihre Schleier wurden immer laͤnger und laͤnger und<lb/> flatterten entſetzlich in langen Spitzen, wie Nebelſtrei¬<lb/> fen, hoch am Himmel empor; das Sauſen nahm im¬<lb/> mer mehr zu, oft war es, als blieſe der Portier auf<lb/> ſeinem Fagot dazwiſchen, bis ich endlich mit heftigem<lb/> Herzklopfen aufwachte.</p><lb/> <p>Es hatte ſich wirklich ein Wind erhoben, der leiſe<lb/> uͤber mir durch den Apfelbaum ging; aber was ſo<lb/> braußte und rumorte, war weder die Muͤhle noch der<lb/> Portier, ſondern derſelbe Bauer, der mir vorhin den<lb/> Weg nach Italien nicht zeigen wollte. Er hatte aber<lb/> ſeinen Sonntagsſtaat ausgezogen und ſtand in einem<lb/> weißen Kamiſol vor mir. „Na,“ ſagte er, da ich mir<lb/> noch den Schlaf aus den Augen wiſchte, „will Er et¬<lb/> wa hier Poperenzen klauben, daß er mir das ſchoͤne<lb/> Gras ſo zertrampelt, anſtatt in die Kirche zu ge¬<lb/> hen, Er Faullenzer!“ — Mich aͤrgert' es nur, daß<lb/> mich der Grobian aufgeweckt hatte. Ich ſprang ganz<lb/> erboßt auf und verſetzte geſchwind: „Was, Er will<lb/> mich hier ausſchimpfen? Ich bin Gaͤrtner geweſen, eh'<lb/> Er daran dachte, und Einnehmer, und wenn er zur<lb/> Stadt gefahren waͤre, haͤtte Er die ſchmierige Schlaf¬<lb/> muͤtze vor mir abnehmen muͤſſen, und hatte mein Haus<lb/> und meinen rothen Schlafrock mit gelben Punkten.“ —<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [37/0047]
hen, daß ich mich beinah gefuͤrchtet haͤtte. — Da fing
auf einmal die Muͤhle, erſt in einzelnen langſamen
Schlaͤgen, dann immer ſchneller und heftiger an zu
gehen und zu brauſen, der Weiher wurde dunkel und
kraͤuſelte ſich, die ſchoͤne Fraue wurde ganz bleich und
ihre Schleier wurden immer laͤnger und laͤnger und
flatterten entſetzlich in langen Spitzen, wie Nebelſtrei¬
fen, hoch am Himmel empor; das Sauſen nahm im¬
mer mehr zu, oft war es, als blieſe der Portier auf
ſeinem Fagot dazwiſchen, bis ich endlich mit heftigem
Herzklopfen aufwachte.
Es hatte ſich wirklich ein Wind erhoben, der leiſe
uͤber mir durch den Apfelbaum ging; aber was ſo
braußte und rumorte, war weder die Muͤhle noch der
Portier, ſondern derſelbe Bauer, der mir vorhin den
Weg nach Italien nicht zeigen wollte. Er hatte aber
ſeinen Sonntagsſtaat ausgezogen und ſtand in einem
weißen Kamiſol vor mir. „Na,“ ſagte er, da ich mir
noch den Schlaf aus den Augen wiſchte, „will Er et¬
wa hier Poperenzen klauben, daß er mir das ſchoͤne
Gras ſo zertrampelt, anſtatt in die Kirche zu ge¬
hen, Er Faullenzer!“ — Mich aͤrgert' es nur, daß
mich der Grobian aufgeweckt hatte. Ich ſprang ganz
erboßt auf und verſetzte geſchwind: „Was, Er will
mich hier ausſchimpfen? Ich bin Gaͤrtner geweſen, eh'
Er daran dachte, und Einnehmer, und wenn er zur
Stadt gefahren waͤre, haͤtte Er die ſchmierige Schlaf¬
muͤtze vor mir abnehmen muͤſſen, und hatte mein Haus
und meinen rothen Schlafrock mit gelben Punkten.“ —
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