Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.den vor dem Posthause schon ein prächtiger Wagen mit Ich hatte eigentlich da droben ein prächtiges Le¬ den vor dem Poſthauſe ſchon ein praͤchtiger Wagen mit Ich hatte eigentlich da droben ein praͤchtiges Le¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0063" n="53"/> den vor dem Poſthauſe ſchon ein praͤchtiger Wagen mit<lb/> vier Poſtpferden beſpannt. Herr Leonhard meinte un¬<lb/> terwegs, ich haͤtte meine Kleider ausgewachſen. Er<lb/> holte daher geſchwind andere aus ſeinem Mantelſack<lb/> hervor, und ich mußte einen ganz neuen ſchoͤnen Frack<lb/> und Weſte anziehn, die mir ſehr vornehm zu Geſicht<lb/> ſtanden, nur daß mir alles zu lang und weit war und<lb/> ordentlich um mich herum ſchlotterte. Auch einen ganz<lb/> neuen Hut bekam ich, der funkelte in der Sonne, als<lb/> waͤr' er mit friſcher Butter uͤberſchmiert. Dann nahm<lb/> der fremde graͤmliche Herr die beiden Pferde der Ma¬<lb/> ler am Zuͤgel, die Maler ſprangen in den Wagen, ich<lb/> auf den Bock, und ſo flogen wir ſchon fort, als eben<lb/> der Poſtmeiſter mit der Schlafmuͤtze aus dem Fenſter<lb/> guckte. Der Poſtillon bließ luſtig auf dem Horne, und<lb/> ſo ging es friſch nach Italien hinein.</p><lb/> <p>Ich hatte eigentlich da droben ein praͤchtiges Le¬<lb/> ben, wie der Vogel in der Luft, und brauchte doch<lb/> dabei nicht ſelbſt zu fliegen. Zu thun hatte ich auch<lb/> weiter nichts, als Tag und Nacht auf dem Bocke zu<lb/> ſitzen, und bei den Wirthshaͤuſern manchmal Eſſen und<lb/> Trinken an den Wagen herauszubringen, denn die Ma¬<lb/> ler ſprachen nirgends ein, und bei Tage zogen ſie die<lb/> Fenſter am Wagen ſo feſt zu, als wenn die Sonne ſie<lb/> erſtechen wollte. Nur zuweilen ſteckte der Herr Guido<lb/> ſein huͤbſches Koͤpfchen zum Wagenfenſter heraus und<lb/> diskurirte freundlich mit mir, und lachte dann den<lb/> Herrn Leonhard aus, der das nicht leiden wollte, und<lb/> jedesmal uͤber die langen Diskurſe boͤſe wurde. Ein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0063]
den vor dem Poſthauſe ſchon ein praͤchtiger Wagen mit
vier Poſtpferden beſpannt. Herr Leonhard meinte un¬
terwegs, ich haͤtte meine Kleider ausgewachſen. Er
holte daher geſchwind andere aus ſeinem Mantelſack
hervor, und ich mußte einen ganz neuen ſchoͤnen Frack
und Weſte anziehn, die mir ſehr vornehm zu Geſicht
ſtanden, nur daß mir alles zu lang und weit war und
ordentlich um mich herum ſchlotterte. Auch einen ganz
neuen Hut bekam ich, der funkelte in der Sonne, als
waͤr' er mit friſcher Butter uͤberſchmiert. Dann nahm
der fremde graͤmliche Herr die beiden Pferde der Ma¬
ler am Zuͤgel, die Maler ſprangen in den Wagen, ich
auf den Bock, und ſo flogen wir ſchon fort, als eben
der Poſtmeiſter mit der Schlafmuͤtze aus dem Fenſter
guckte. Der Poſtillon bließ luſtig auf dem Horne, und
ſo ging es friſch nach Italien hinein.
Ich hatte eigentlich da droben ein praͤchtiges Le¬
ben, wie der Vogel in der Luft, und brauchte doch
dabei nicht ſelbſt zu fliegen. Zu thun hatte ich auch
weiter nichts, als Tag und Nacht auf dem Bocke zu
ſitzen, und bei den Wirthshaͤuſern manchmal Eſſen und
Trinken an den Wagen herauszubringen, denn die Ma¬
ler ſprachen nirgends ein, und bei Tage zogen ſie die
Fenſter am Wagen ſo feſt zu, als wenn die Sonne ſie
erſtechen wollte. Nur zuweilen ſteckte der Herr Guido
ſein huͤbſches Koͤpfchen zum Wagenfenſter heraus und
diskurirte freundlich mit mir, und lachte dann den
Herrn Leonhard aus, der das nicht leiden wollte, und
jedesmal uͤber die langen Diskurſe boͤſe wurde. Ein
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