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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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paarmal hätte ich bald Verdruß bekommen mit meinem
Herrn. Das einemal, wie ich bei schöner, sternklarer
Nacht droben auf dem Bock die Geige zu spielen an¬
fing, und sodann späterhin wegen des Schlafes. Das
war aber auch ganz zum Erstaunen! Ich wollte mir
doch Italien recht genau besehen, und riß die Augen
alle Viertelstunden weit auf. Aber kaum hatte ich ein
Weilchen so vor mich hingesehen, so verschwirrten und
verwickelten sich mir die sechszehn Pferdefüße vor mir
wie Filet so hin und her und übers Kreuz, daß mir
die Augen gleich wieder übergingen, und zuletzt gerieth
ich in ein solches entsetzliches und unaufhaltsames
Schlafen, daß gar kein Rath mehr war. Da mocht'
es Tag oder Nacht, Regen oder Sonnenschein, Tyrol
oder Italien seyn, ich hing bald rechts, bald links,
bald rücklings über den Bock herunter, ja manchmal
tunkte ich mit solcher Vehementz mit dem Kopfe nach
dem Boden zu, daß mir der Hut weit vom Kopfe flog,
und der Herr Guido im Wagen laut aufschrie.

So war ich, ich weiß selbst nicht wie, durch halb
Welschland, das sie dort Lombardey nennen, durchge¬
kommen, als wir an einem schönen Abend vor einem
Wirthshause auf dem Lande stillhielten. Die Post-
Pferde waren in dem daranstoßenden Stations-Dorfe
erst nach ein paar Stunden bestellt, die Herren Maler
stiegen daher aus und ließen sich in ein besonderes
Zimmer führen, um hier ein wenig zu rasten und einige
Briefe zu schreiben. Ich aber war sehr vergnügt dar¬
über, und verfügte mich sogleich in die Gaststube, um

paarmal haͤtte ich bald Verdruß bekommen mit meinem
Herrn. Das einemal, wie ich bei ſchoͤner, ſternklarer
Nacht droben auf dem Bock die Geige zu ſpielen an¬
fing, und ſodann ſpaͤterhin wegen des Schlafes. Das
war aber auch ganz zum Erſtaunen! Ich wollte mir
doch Italien recht genau beſehen, und riß die Augen
alle Viertelſtunden weit auf. Aber kaum hatte ich ein
Weilchen ſo vor mich hingeſehen, ſo verſchwirrten und
verwickelten ſich mir die ſechszehn Pferdefuͤße vor mir
wie Filet ſo hin und her und uͤbers Kreuz, daß mir
die Augen gleich wieder uͤbergingen, und zuletzt gerieth
ich in ein ſolches entſetzliches und unaufhaltſames
Schlafen, daß gar kein Rath mehr war. Da mocht'
es Tag oder Nacht, Regen oder Sonnenſchein, Tyrol
oder Italien ſeyn, ich hing bald rechts, bald links,
bald ruͤcklings uͤber den Bock herunter, ja manchmal
tunkte ich mit ſolcher Vehementz mit dem Kopfe nach
dem Boden zu, daß mir der Hut weit vom Kopfe flog,
und der Herr Guido im Wagen laut aufſchrie.

So war ich, ich weiß ſelbſt nicht wie, durch halb
Welſchland, das ſie dort Lombardey nennen, durchge¬
kommen, als wir an einem ſchoͤnen Abend vor einem
Wirthshauſe auf dem Lande ſtillhielten. Die Poſt-
Pferde waren in dem daranſtoßenden Stations-Dorfe
erſt nach ein paar Stunden beſtellt, die Herren Maler
ſtiegen daher aus und ließen ſich in ein beſonderes
Zimmer fuͤhren, um hier ein wenig zu raſten und einige
Briefe zu ſchreiben. Ich aber war ſehr vergnuͤgt dar¬
uͤber, und verfuͤgte mich ſogleich in die Gaſtſtube, um

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[54/0064] paarmal haͤtte ich bald Verdruß bekommen mit meinem Herrn. Das einemal, wie ich bei ſchoͤner, ſternklarer Nacht droben auf dem Bock die Geige zu ſpielen an¬ fing, und ſodann ſpaͤterhin wegen des Schlafes. Das war aber auch ganz zum Erſtaunen! Ich wollte mir doch Italien recht genau beſehen, und riß die Augen alle Viertelſtunden weit auf. Aber kaum hatte ich ein Weilchen ſo vor mich hingeſehen, ſo verſchwirrten und verwickelten ſich mir die ſechszehn Pferdefuͤße vor mir wie Filet ſo hin und her und uͤbers Kreuz, daß mir die Augen gleich wieder uͤbergingen, und zuletzt gerieth ich in ein ſolches entſetzliches und unaufhaltſames Schlafen, daß gar kein Rath mehr war. Da mocht' es Tag oder Nacht, Regen oder Sonnenſchein, Tyrol oder Italien ſeyn, ich hing bald rechts, bald links, bald ruͤcklings uͤber den Bock herunter, ja manchmal tunkte ich mit ſolcher Vehementz mit dem Kopfe nach dem Boden zu, daß mir der Hut weit vom Kopfe flog, und der Herr Guido im Wagen laut aufſchrie. So war ich, ich weiß ſelbſt nicht wie, durch halb Welſchland, das ſie dort Lombardey nennen, durchge¬ kommen, als wir an einem ſchoͤnen Abend vor einem Wirthshauſe auf dem Lande ſtillhielten. Die Poſt- Pferde waren in dem daranſtoßenden Stations-Dorfe erſt nach ein paar Stunden beſtellt, die Herren Maler ſtiegen daher aus und ließen ſich in ein beſonderes Zimmer fuͤhren, um hier ein wenig zu raſten und einige Briefe zu ſchreiben. Ich aber war ſehr vergnuͤgt dar¬ uͤber, und verfuͤgte mich ſogleich in die Gaſtſtube, um

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/64>, abgerufen am 24.11.2024.