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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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endlich wieder einmal so recht mit Ruhe und Komo¬
dität zu essen und zu trinken. Da sah es ziemlich lü¬
derlich aus. Die Mägde gingen mit zerzottelten Haa¬
ren herum, und hatten die offnen Halstücher unordent¬
lich um das gelbe Fell hängen. Um einen runden Tisch
saßen die Knechte vom Hause in blauen Ueberzieh-
Hemden beim Abendessen, und glotzten mich zuweilen
von der Seite an. Die hatten alle kurze, dicke Haar¬
zöpfe und sahen so recht vornehm wie junge Herrlein
aus. -- Da bist Du nun, dachte ich bei mir, und aß
fleißig fort, da bist Du nun endlich in dem Lande,
woher immer die kuriosen Leute zu unserm Herrn
Pfarrer kamen, mit Mausefallen und Barometern und
Bildern. Was der Mensch doch nicht alles erfährt,
wenn er sich einmal hinterm Ofen hervormacht!

Wie ich noch eben so esse und meditire, wuscht ein
Männlein, das bis jetzt in einer dunklen Ecke der
Stube bei seinem Glase Wein gesessen hatte, auf ein¬
mal aus seinem Winkel wie eine Spinne auf mich los.
Er war ganz kurz und bucklicht, hatte aber einen gro¬
ßen graußlichen Kopf mit einer langen römischen Ad¬
lernase und sparsamen rothen Backenbart, und die ge¬
puderten Haare standen ihm von allen Seiten zu Berge,
als wenn der Sturmwind durchgefahren wäre. Da¬
bei trug er einen altmodischen, verschossenen Frack,
kurze plüschene Beinkleider und ganz vergelbte seidene
Strümpfe. Er war einmal in Deutschland gewesen,
und dachte Wunder wie gut er deutsch verstünde. Er
setzte sich zu mir und frug bald das, bald jenes, wäh¬

endlich wieder einmal ſo recht mit Ruhe und Komo¬
ditaͤt zu eſſen und zu trinken. Da ſah es ziemlich luͤ¬
derlich aus. Die Maͤgde gingen mit zerzottelten Haa¬
ren herum, und hatten die offnen Halstuͤcher unordent¬
lich um das gelbe Fell haͤngen. Um einen runden Tiſch
ſaßen die Knechte vom Hauſe in blauen Ueberzieh-
Hemden beim Abendeſſen, und glotzten mich zuweilen
von der Seite an. Die hatten alle kurze, dicke Haar¬
zoͤpfe und ſahen ſo recht vornehm wie junge Herrlein
aus. — Da biſt Du nun, dachte ich bei mir, und aß
fleißig fort, da biſt Du nun endlich in dem Lande,
woher immer die kurioſen Leute zu unſerm Herrn
Pfarrer kamen, mit Mauſefallen und Barometern und
Bildern. Was der Menſch doch nicht alles erfaͤhrt,
wenn er ſich einmal hinterm Ofen hervormacht!

Wie ich noch eben ſo eſſe und meditire, wuſcht ein
Maͤnnlein, das bis jetzt in einer dunklen Ecke der
Stube bei ſeinem Glaſe Wein geſeſſen hatte, auf ein¬
mal aus ſeinem Winkel wie eine Spinne auf mich los.
Er war ganz kurz und bucklicht, hatte aber einen gro¬
ßen graußlichen Kopf mit einer langen roͤmiſchen Ad¬
lernaſe und ſparſamen rothen Backenbart, und die ge¬
puderten Haare ſtanden ihm von allen Seiten zu Berge,
als wenn der Sturmwind durchgefahren waͤre. Da¬
bei trug er einen altmodiſchen, verſchoſſenen Frack,
kurze pluͤſchene Beinkleider und ganz vergelbte ſeidene
Struͤmpfe. Er war einmal in Deutſchland geweſen,
und dachte Wunder wie gut er deutſch verſtuͤnde. Er
ſetzte ſich zu mir und frug bald das, bald jenes, waͤh¬

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[55/0065] endlich wieder einmal ſo recht mit Ruhe und Komo¬ ditaͤt zu eſſen und zu trinken. Da ſah es ziemlich luͤ¬ derlich aus. Die Maͤgde gingen mit zerzottelten Haa¬ ren herum, und hatten die offnen Halstuͤcher unordent¬ lich um das gelbe Fell haͤngen. Um einen runden Tiſch ſaßen die Knechte vom Hauſe in blauen Ueberzieh- Hemden beim Abendeſſen, und glotzten mich zuweilen von der Seite an. Die hatten alle kurze, dicke Haar¬ zoͤpfe und ſahen ſo recht vornehm wie junge Herrlein aus. — Da biſt Du nun, dachte ich bei mir, und aß fleißig fort, da biſt Du nun endlich in dem Lande, woher immer die kurioſen Leute zu unſerm Herrn Pfarrer kamen, mit Mauſefallen und Barometern und Bildern. Was der Menſch doch nicht alles erfaͤhrt, wenn er ſich einmal hinterm Ofen hervormacht! Wie ich noch eben ſo eſſe und meditire, wuſcht ein Maͤnnlein, das bis jetzt in einer dunklen Ecke der Stube bei ſeinem Glaſe Wein geſeſſen hatte, auf ein¬ mal aus ſeinem Winkel wie eine Spinne auf mich los. Er war ganz kurz und bucklicht, hatte aber einen gro¬ ßen graußlichen Kopf mit einer langen roͤmiſchen Ad¬ lernaſe und ſparſamen rothen Backenbart, und die ge¬ puderten Haare ſtanden ihm von allen Seiten zu Berge, als wenn der Sturmwind durchgefahren waͤre. Da¬ bei trug er einen altmodiſchen, verſchoſſenen Frack, kurze pluͤſchene Beinkleider und ganz vergelbte ſeidene Struͤmpfe. Er war einmal in Deutſchland geweſen, und dachte Wunder wie gut er deutſch verſtuͤnde. Er ſetzte ſich zu mir und frug bald das, bald jenes, waͤh¬

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/65>, abgerufen am 24.11.2024.