Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Der alte grämliche Mann vom Schlosse fand sich dazu Das war nun aber doch ganz seltsam auf dem Der alte graͤmliche Mann vom Schloſſe fand ſich dazu Das war nun aber doch ganz ſeltſam auf dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0080" n="70"/> Der alte graͤmliche Mann vom Schloſſe fand ſich dazu<lb/> und verwunderte ſich ebenfalls, endlich kamen auch noch<lb/> die Maͤgde, und Alles blieb oben voller Verwunderung<lb/> ſtehen, und ich fingerte und ſchwenkte meinen Fidelbo¬<lb/> gen immer kuͤnſtlicher und hurtiger und ſpielte Kaden¬<lb/> zen und Variationen, bis ich endlich ganz muͤde wurde.</p><lb/> <p>Das war nun aber doch ganz ſeltſam auf dem<lb/> Schloſſe! Kein Menſch dachte da ans Weiterreiſen.<lb/> Das Schloß war auch gar kein Wirthshaus, ſondern<lb/> gehoͤrte, wie ich von der Magd erfuhr, einem reichen<lb/> Grafen. Wenn ich mich dann manchmal bei der Alten<lb/> erkundigte, wie der Graf heiße, wo er wohne? Da<lb/> ſchmunzelte ſie immer bloß, wie den erſten Abend, da<lb/> ich auf das Schloß kam, und kniff und winkte mir ſo<lb/> pfiffig mit den Augen zu, als wenn ſie nicht recht bei<lb/> Sinne waͤre. Trank ich einmal an einem heißen Tage<lb/> eine ganze Flaſche Wein aus, ſo kicherten die Maͤgde<lb/> gewiß, wenn ſie die andere brachten, und als mich dann<lb/> gar einmal nach einer Pfeife Tabak verlangte, ich ih¬<lb/> nen durch Zeichen beſchrieb was ich wollte, da brachen<lb/> Alle in ein großes unvernuͤnftiges Gelaͤchter aus. —<lb/> Am verwunderlichſten war mir eine Nachtmuſik, die<lb/> ſich oft, und grade immer in den finſterſten Naͤchten,<lb/> unter meinem Fenſter hoͤren ließ. Es griff auf einer<lb/> Guitarre immer nur von Zeit zu Zeit einzelne, ganz<lb/> leiſe Klaͤnge. Das einemal aber kam es mir vor, als<lb/> wenn es dabei von unten: „pſt! pſt!“ herauf rief. Ich<lb/> fuhr daher geſchwind aus dem Bett, und mit dem<lb/> Kopf aus dem Fenſter. „Holla! heda! wer iſt da drau¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0080]
Der alte graͤmliche Mann vom Schloſſe fand ſich dazu
und verwunderte ſich ebenfalls, endlich kamen auch noch
die Maͤgde, und Alles blieb oben voller Verwunderung
ſtehen, und ich fingerte und ſchwenkte meinen Fidelbo¬
gen immer kuͤnſtlicher und hurtiger und ſpielte Kaden¬
zen und Variationen, bis ich endlich ganz muͤde wurde.
Das war nun aber doch ganz ſeltſam auf dem
Schloſſe! Kein Menſch dachte da ans Weiterreiſen.
Das Schloß war auch gar kein Wirthshaus, ſondern
gehoͤrte, wie ich von der Magd erfuhr, einem reichen
Grafen. Wenn ich mich dann manchmal bei der Alten
erkundigte, wie der Graf heiße, wo er wohne? Da
ſchmunzelte ſie immer bloß, wie den erſten Abend, da
ich auf das Schloß kam, und kniff und winkte mir ſo
pfiffig mit den Augen zu, als wenn ſie nicht recht bei
Sinne waͤre. Trank ich einmal an einem heißen Tage
eine ganze Flaſche Wein aus, ſo kicherten die Maͤgde
gewiß, wenn ſie die andere brachten, und als mich dann
gar einmal nach einer Pfeife Tabak verlangte, ich ih¬
nen durch Zeichen beſchrieb was ich wollte, da brachen
Alle in ein großes unvernuͤnftiges Gelaͤchter aus. —
Am verwunderlichſten war mir eine Nachtmuſik, die
ſich oft, und grade immer in den finſterſten Naͤchten,
unter meinem Fenſter hoͤren ließ. Es griff auf einer
Guitarre immer nur von Zeit zu Zeit einzelne, ganz
leiſe Klaͤnge. Das einemal aber kam es mir vor, als
wenn es dabei von unten: „pſt! pſt!“ herauf rief. Ich
fuhr daher geſchwind aus dem Bett, und mit dem
Kopf aus dem Fenſter. „Holla! heda! wer iſt da drau¬
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