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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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leits-Mann, deme euch zu treuer Obsicht
empfiehlet

dein getreuer Vater
Ehrenfried etc.

Mülard, als er seine Retour mit guter Ge-
Gesundheit vollbracht hatte, rieff er einsmahls
seine einige Tochter Freymuth zu sich, er of-
fenbahrte ihr sein Vorhaben, wie er in Sili-
stria
alles zu Gelde machen und so dann sich
mit ihr nach Paliro seiner Väterl. Stadt wen-
den wolte. Freymuth sprach er: Meine wer-
theste einige und aller-liebste Tochter, ob ich
wohl nicht schuldig bin, dich in meinen Vor-
haben umb Rath zu fragen, jedennoch, weiln
ich dich jederzeit getreu erfunden habe, will
ich doch gleichwohl von dir vernehmen, wie
dein Gemüth sich hierinnen beqvemen wird?
Wie! Hertz-liebster Herr Vater, antworte-
te Freymuth, bin ich denn seinen Willen und
Befehl jemahln zuwider gewesen? Sein Be-
gehren ehre ich als ein Geboth, und dessen
Mißfallen erreget in mir Todes-Angst. Herr
Vater, er thue was er beschlossen hat, ein jeder
Orth da er lebet, wird mein Paradieß, und
das wildeste Land das ihme einig Vergnügen
geben kan, mein Himmel seyn, er ziehe wohin
er will, so werde ich seine stetige Begleiterin
auch biß in den Todt seyn; Hiermit küßte sie

Mü-



leits-Mann, deme euch zu treuer Obſicht
empfiehlet

dein getreuer Vater
Ehrenfried ꝛc.

Muͤlard, als er ſeine Retour mit guter Ge-
Geſundheit vollbracht hatte, rieff er einsmahls
ſeine einige Tochter Freymuth zu ſich, er of-
fenbahrte ihr ſein Vorhaben, wie er in Sili-
ſtria
alles zu Gelde machen und ſo dann ſich
mit ihr nach Paliro ſeiner Vaͤterl. Stadt wen-
den wolte. Freymuth ſprach er: Meine wer-
theſte einige und aller-liebſte Tochter, ob ich
wohl nicht ſchuldig bin, dich in meinen Vor-
haben umb Rath zu fragen, jedennoch, weiln
ich dich jederzeit getreu erfunden habe, will
ich doch gleichwohl von dir vernehmen, wie
dein Gemuͤth ſich hierinnen beqvemen wird?
Wie! Hertz-liebſter Herr Vater, antworte-
te Freymuth, bin ich denn ſeinen Willen und
Befehl jemahln zuwider geweſen? Sein Be-
gehren ehre ich als ein Geboth, und deſſen
Mißfallen erreget in mir Todes-Angſt. Herr
Vater, er thue was er beſchloſſen hat, ein jeder
Orth da er lebet, wird mein Paradieß, und
das wildeſte Land das ihme einig Vergnuͤgen
geben kan, mein Himmel ſeyn, er ziehe wohin
er will, ſo werde ich ſeine ſtetige Begleiterin
auch biß in den Todt ſeyn; Hiermit kuͤßte ſie

Muͤ-
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[106/0122] leits-Mann, deme euch zu treuer Obſicht empfiehlet dein getreuer Vater Ehrenfried ꝛc. Muͤlard, als er ſeine Retour mit guter Ge- Geſundheit vollbracht hatte, rieff er einsmahls ſeine einige Tochter Freymuth zu ſich, er of- fenbahrte ihr ſein Vorhaben, wie er in Sili- ſtria alles zu Gelde machen und ſo dann ſich mit ihr nach Paliro ſeiner Vaͤterl. Stadt wen- den wolte. Freymuth ſprach er: Meine wer- theſte einige und aller-liebſte Tochter, ob ich wohl nicht ſchuldig bin, dich in meinen Vor- haben umb Rath zu fragen, jedennoch, weiln ich dich jederzeit getreu erfunden habe, will ich doch gleichwohl von dir vernehmen, wie dein Gemuͤth ſich hierinnen beqvemen wird? Wie! Hertz-liebſter Herr Vater, antworte- te Freymuth, bin ich denn ſeinen Willen und Befehl jemahln zuwider geweſen? Sein Be- gehren ehre ich als ein Geboth, und deſſen Mißfallen erreget in mir Todes-Angſt. Herr Vater, er thue was er beſchloſſen hat, ein jeder Orth da er lebet, wird mein Paradieß, und das wildeſte Land das ihme einig Vergnuͤgen geben kan, mein Himmel ſeyn, er ziehe wohin er will, ſo werde ich ſeine ſtetige Begleiterin auch biß in den Todt ſeyn; Hiermit kuͤßte ſie Muͤ-

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/122>, abgerufen am 24.11.2024.