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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Wein aufgehalten, zumahln weiln die lieblich
singende Nachtigallen, Wechsels-Weise die
Ohren der Anwesenden je mehr und mehr reitz-
ten, sie begieriger in freyer Lufft, als in Lust-
Hause anzuhören, die Felder mit ihren Her-
tzens Gönnerin zu durchgehen, und bey so an-
genehmer Zeit alle Sinnen völlig zu conten-
ti
ren. Weiln aber der redliche Ehrenfried sei-
ne übermäßige Freude nicht besser zu stillen
wuste, als seinen Hertzens-Gästen und Freun-
den, eine Gunst über die andere zu erzeigen:
Beurlaubte er sich bey der abgehenden Com-
pagnie; Zeitwährenden Spatziergangs, ein
Brieflein, so frühzeitig solte abgeschicket wer-
den, zu verfertigen; Es war aber die lieb-ge-
paarte Schaar zur Garten-Thür kaum aus-
getreten, befahl Ehrenfried, seinen bedienten
Festheim die schon bestellten Musicanten als-
bald herbey zu rufen, und unterdessen die Ta-
fel mit allerhand Confituren besetzen zu lassen,
umb seine wehrteste Freunde vor ihren Ab-
schied noch recht zu ergötzen. Wehrender
Zeit da alles bestellet wurde, saß Ehrenfried in
so tieffen Gedancken, daß er nicht wuste ob
Freunde oder Feinde ins Zimmer traten: Als
Mülard, sein alter Freund, bey Eintritt der
Musicanten aufrieff: Wie so in tieffen Ge-

dan-

Wein aufgehalten, zumahln weiln die lieblich
ſingende Nachtigallen, Wechſels-Weiſe die
Ohren der Anweſenden je mehr und mehr reitz-
ten, ſie begieriger in freyer Lufft, als in Luſt-
Hauſe anzuhoͤren, die Felder mit ihren Her-
tzens Goͤnnerin zu durchgehen, und bey ſo an-
genehmer Zeit alle Sinnen voͤllig zu conten-
ti
ren. Weiln aber der redliche Ehrenfried ſei-
ne uͤbermaͤßige Freude nicht beſſer zu ſtillen
wuſte, als ſeinen Hertzens-Gaͤſten und Freun-
den, eine Gunſt uͤber die andere zu erzeigen:
Beurlaubte er ſich bey der abgehenden Com-
pagnie; Zeitwaͤhrenden Spatziergangs, ein
Brieflein, ſo fruͤhzeitig ſolte abgeſchicket wer-
den, zu verfertigen; Es war aber die lieb-ge-
paarte Schaar zur Garten-Thuͤr kaum aus-
getreten, befahl Ehrenfried, ſeinen bedienten
Feſtheim die ſchon beſtellten Muſicanten als-
bald herbey zu rufen, und unterdeſſen die Ta-
fel mit allerhand Confituren beſetzen zu laſſen,
umb ſeine wehrteſte Freunde vor ihren Ab-
ſchied noch recht zu ergoͤtzen. Wehrender
Zeit da alles beſtellet wurde, ſaß Ehrenfried in
ſo tieffen Gedancken, daß er nicht wuſte ob
Freunde oder Feinde ins Zimmer traten: Als
Muͤlard, ſein alter Freund, bey Eintritt der
Muſicanten aufrieff: Wie ſo in tieffen Ge-

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[4/0020] Wein aufgehalten, zumahln weiln die lieblich ſingende Nachtigallen, Wechſels-Weiſe die Ohren der Anweſenden je mehr und mehr reitz- ten, ſie begieriger in freyer Lufft, als in Luſt- Hauſe anzuhoͤren, die Felder mit ihren Her- tzens Goͤnnerin zu durchgehen, und bey ſo an- genehmer Zeit alle Sinnen voͤllig zu conten- tiren. Weiln aber der redliche Ehrenfried ſei- ne uͤbermaͤßige Freude nicht beſſer zu ſtillen wuſte, als ſeinen Hertzens-Gaͤſten und Freun- den, eine Gunſt uͤber die andere zu erzeigen: Beurlaubte er ſich bey der abgehenden Com- pagnie; Zeitwaͤhrenden Spatziergangs, ein Brieflein, ſo fruͤhzeitig ſolte abgeſchicket wer- den, zu verfertigen; Es war aber die lieb-ge- paarte Schaar zur Garten-Thuͤr kaum aus- getreten, befahl Ehrenfried, ſeinen bedienten Feſtheim die ſchon beſtellten Muſicanten als- bald herbey zu rufen, und unterdeſſen die Ta- fel mit allerhand Confituren beſetzen zu laſſen, umb ſeine wehrteſte Freunde vor ihren Ab- ſchied noch recht zu ergoͤtzen. Wehrender Zeit da alles beſtellet wurde, ſaß Ehrenfried in ſo tieffen Gedancken, daß er nicht wuſte ob Freunde oder Feinde ins Zimmer traten: Als Muͤlard, ſein alter Freund, bey Eintritt der Muſicanten aufrieff: Wie ſo in tieffen Ge- dan-

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/20>, abgerufen am 21.11.2024.