dancken, Ehrenfried, sollen wir das Liedlein aufspielen? Adieu Melancholey mit deinen Grillen, &c. Ehrenfried gleichsam erwachen- de rieff: Jst das nicht deine Stimme Mü- lard mein Hertzens-Freund? Alleine, ich be- trüge mich vielleicht, daß ich gedencken sollte, dich über 60. Meilen abwesenden, und bey so später Nacht bey mir zu sehen. Ach! versetzte Mülard vor Freuden: Ehrenfried kein Be- trug, kein Geist, keine fliegende Stimme hier, der, derjenige der dich als seine Seele liebet, kommet noch einmahl als vielleicht ein nun- mehro Sterbender, dir die letzte Ehre und Pflicht, der ehemahls gepflogenen Freund- schafft zu thun; Hiermit fiel er den jetzt auf- stehenden Ehrenfried um den Halß, und zer- brach durch die Freuden-Thränen, die gleich- sam Stromweise sich aus seinen Augen ergos- sen, die Worte; Ehrenfried hätte selbsten fast in Thränen zerfliesen mögen, und ob er gleich vielmahl reden wolte, ließen doch die wallenden Hertzens-Freuden nicht zu, aus einen ver- schlossenen Schrein einiges Wort auszustos- sen; Stunden also diese verbundene Hertzen so fest, und nach ihrer Umhalsung unbeweg- lich: daß wofern nicht einer von denen Musi- canten geruffen hätte; die wehrteste Gesell-
schafft
A 3
dancken, Ehrenfried, ſollen wir das Liedlein aufſpielen? Adieu Melancholey mit deinen Grillen, &c. Ehrenfried gleichſam erwachen- de rieff: Jſt das nicht deine Stimme Muͤ- lard mein Hertzens-Freund? Alleine, ich be- truͤge mich vielleicht, daß ich gedencken ſollte, dich uͤber 60. Meilen abweſenden, und bey ſo ſpaͤter Nacht bey mir zu ſehen. Ach! verſetzte Muͤlard vor Freuden: Ehrenfried kein Be- trug, kein Geiſt, keine fliegende Stimme hier, der, derjenige der dich als ſeine Seele liebet, kommet noch einmahl als vielleicht ein nun- mehro Sterbender, dir die letzte Ehre und Pflicht, der ehemahls gepflogenen Freund- ſchafft zu thun; Hiermit fiel er den jetzt auf- ſtehenden Ehrenfried um den Halß, und zer- brach durch die Freuden-Thraͤnen, die gleich- ſam Stromweiſe ſich aus ſeinen Augen ergoſ- ſen, die Worte; Ehrenfried haͤtte ſelbſten faſt in Thraͤnen zerflieſen moͤgen, und ob er gleich vielmahl reden wolte, ließen doch die wallenden Hertzens-Freuden nicht zu, aus einen ver- ſchloſſenen Schrein einiges Wort auszuſtoſ- ſen; Stunden alſo dieſe verbundene Hertzen ſo feſt, und nach ihrer Umhalſung unbeweg- lich: daß wofern nicht einer von denen Muſi- canten geruffen haͤtte; die wehrteſte Geſell-
ſchafft
A 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0021"n="5"/>
dancken, Ehrenfried, ſollen wir das Liedlein<lb/>
aufſpielen? <hirendition="#aq">Adieu</hi> Melancholey mit deinen<lb/>
Grillen, <hirendition="#aq">&c.</hi> Ehrenfried gleichſam erwachen-<lb/>
de rieff: Jſt das nicht deine Stimme Muͤ-<lb/>
lard mein Hertzens-Freund? Alleine, ich be-<lb/>
truͤge mich vielleicht, daß ich gedencken ſollte,<lb/>
dich uͤber 60. Meilen abweſenden, und bey ſo<lb/>ſpaͤter Nacht bey mir zu ſehen. Ach! verſetzte<lb/>
Muͤlard vor Freuden: Ehrenfried kein Be-<lb/>
trug, kein Geiſt, keine fliegende Stimme hier,<lb/>
der, derjenige der dich als ſeine Seele liebet,<lb/>
kommet noch einmahl als vielleicht ein nun-<lb/>
mehro Sterbender, dir die letzte Ehre und<lb/>
Pflicht, der ehemahls gepflogenen Freund-<lb/>ſchafft zu thun; Hiermit fiel er den jetzt auf-<lb/>ſtehenden Ehrenfried um den Halß, und zer-<lb/>
brach durch die Freuden-Thraͤnen, die gleich-<lb/>ſam Stromweiſe ſich aus ſeinen Augen ergoſ-<lb/>ſen, die Worte; Ehrenfried haͤtte ſelbſten faſt<lb/>
in Thraͤnen zerflieſen moͤgen, und ob er gleich<lb/>
vielmahl reden wolte, ließen doch die wallenden<lb/>
Hertzens-Freuden nicht zu, aus einen ver-<lb/>ſchloſſenen Schrein einiges Wort auszuſtoſ-<lb/>ſen; Stunden alſo dieſe verbundene Hertzen<lb/>ſo feſt, und nach ihrer Umhalſung unbeweg-<lb/>
lich: daß wofern nicht einer von denen Muſi-<lb/>
canten geruffen haͤtte; die wehrteſte Geſell-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſchafft</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[5/0021]
dancken, Ehrenfried, ſollen wir das Liedlein
aufſpielen? Adieu Melancholey mit deinen
Grillen, &c. Ehrenfried gleichſam erwachen-
de rieff: Jſt das nicht deine Stimme Muͤ-
lard mein Hertzens-Freund? Alleine, ich be-
truͤge mich vielleicht, daß ich gedencken ſollte,
dich uͤber 60. Meilen abweſenden, und bey ſo
ſpaͤter Nacht bey mir zu ſehen. Ach! verſetzte
Muͤlard vor Freuden: Ehrenfried kein Be-
trug, kein Geiſt, keine fliegende Stimme hier,
der, derjenige der dich als ſeine Seele liebet,
kommet noch einmahl als vielleicht ein nun-
mehro Sterbender, dir die letzte Ehre und
Pflicht, der ehemahls gepflogenen Freund-
ſchafft zu thun; Hiermit fiel er den jetzt auf-
ſtehenden Ehrenfried um den Halß, und zer-
brach durch die Freuden-Thraͤnen, die gleich-
ſam Stromweiſe ſich aus ſeinen Augen ergoſ-
ſen, die Worte; Ehrenfried haͤtte ſelbſten faſt
in Thraͤnen zerflieſen moͤgen, und ob er gleich
vielmahl reden wolte, ließen doch die wallenden
Hertzens-Freuden nicht zu, aus einen ver-
ſchloſſenen Schrein einiges Wort auszuſtoſ-
ſen; Stunden alſo dieſe verbundene Hertzen
ſo feſt, und nach ihrer Umhalſung unbeweg-
lich: daß wofern nicht einer von denen Muſi-
canten geruffen haͤtte; die wehrteſte Geſell-
ſchafft
A 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/21>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.