daß ohngefehr vor drey Jahren ein gewisser Spanischer Cavallier, Nahmens Dominico Landretz, Obrister über ein Regiment Infan- terie, lang von Person, ein Herr von 40. Jahren/ zu unterschiedenen mahlen meinen Herrn Vater besuchte; als er mich ersahe, warff er eine Liebe auff mich; Jch als ein Mägdlein von 15. Jahren, wuste in dessen Liebkosen mich nicht zu finden, und dessen Be- schenckungen kamen mir gantz frembde vor, bis einsmahls meine Frau Mutter mich fragte: wie mir der Obriste Landretz gefiele? Jch ant- wortete, Hertzens Frau Mutter, er ist ein vortrefflicher Cavallier, von ungemeinen Qualitäten, und wohl werth/ daß man ihme alle ersinnliche Ehren-Bezeugungen anthue. Aber, versetzte meine Frau Mutter, köntest du ihn auch wohl lieben, wann er dich zu seinen Gemahl ausersehen hätte? Ach Frau Mut- ter, antwortete ich: Das Lieben ist mir noch unbekannt, und weil meine Jugend noch kei- ne Erkänntniß desselben hat, so erlaube sie, mich noch etliche Jahr in der Wirthschafft, als andern anständlichen Jungfräulichen Tu- genden zu unterrichten, so dann werde ich demjenigen, was sie und mein Herr Vater mir rathen werden, als einer gehorsamen Tochter zukommt, nachleben. Hierbey hat-
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daß ohngefehr vor drey Jahren ein gewiſſer Spaniſcher Cavallier, Nahmens Dominico Landretz, Obriſter uͤber ein Regiment Infan- terie, lang von Perſon, ein Herr von 40. Jahren/ zu unterſchiedenen mahlen meinen Herrn Vater beſuchte; als er mich erſahe, warff er eine Liebe auff mich; Jch als ein Maͤgdlein von 15. Jahren, wuſte in deſſen Liebkoſen mich nicht zu finden, und deſſen Be- ſchenckungen kamen mir gantz frembde vor, bis einsmahls meine Frau Mutter mich fragte: wie mir der Obriſte Landretz gefiele? Jch ant- wortete, Hertzens Frau Mutter, er iſt ein vortrefflicher Cavallier, von ungemeinen Qualitaͤten, und wohl werth/ daß man ihme alle erſinnliche Ehren-Bezeugungen anthue. Aber, verſetzte meine Frau Mutter, koͤnteſt du ihn auch wohl lieben, wann er dich zu ſeinen Gemahl auserſehen haͤtte? Ach Frau Mut- ter, antwortete ich: Das Lieben iſt mir noch unbekannt, und weil meine Jugend noch kei- ne Erkaͤnntniß deſſelben hat, ſo erlaube ſie, mich noch etliche Jahr in der Wirthſchafft, als andern anſtaͤndlichen Jungfraͤulichen Tu- genden zu unterrichten, ſo dann werde ich demjenigen, was ſie und mein Herr Vater mir rathen werden, als einer gehorſamen Tochter zukommt, nachleben. Hierbey hat-
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daß ohngefehr vor drey Jahren ein gewiſſer
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Landretz, Obriſter uͤber ein Regiment Infan-
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Jahren/ zu unterſchiedenen mahlen meinen
Herrn Vater beſuchte; als er mich erſahe,
warff er eine Liebe auff mich; Jch als ein
Maͤgdlein von 15. Jahren, wuſte in deſſen
Liebkoſen mich nicht zu finden, und deſſen Be-
ſchenckungen kamen mir gantz frembde vor, bis
einsmahls meine Frau Mutter mich fragte:
wie mir der Obriſte Landretz gefiele? Jch ant-
wortete, Hertzens Frau Mutter, er iſt ein
vortrefflicher Cavallier, von ungemeinen
Qualitaͤten, und wohl werth/ daß man ihme
alle erſinnliche Ehren-Bezeugungen anthue.
Aber, verſetzte meine Frau Mutter, koͤnteſt du
ihn auch wohl lieben, wann er dich zu ſeinen
Gemahl auserſehen haͤtte? Ach Frau Mut-
ter, antwortete ich: Das Lieben iſt mir noch
unbekannt, und weil meine Jugend noch kei-
ne Erkaͤnntniß deſſelben hat, ſo erlaube ſie,
mich noch etliche Jahr in der Wirthſchafft,
als andern anſtaͤndlichen Jungfraͤulichen Tu-
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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