Würste im Hause hiengen, gab er bey Bese- hung des Urins vor, weil die Kranckheit nicht weichen wolte, wäre Ursache, daß sie gestern Würste gessen hätte, so er im Urin sehe. Mein GOtt, sagte Siegfried, welche Boßheit ver- führet diese Menschen, daß sie die hoch-edle Medicin so lüderlich traduciren und gering halten, dennoch wundert mich nicht wenig, daß das arme Volck sich als ein tummes Vieh zur Schlacht-Banck führen läst. Meine Herren, fuhr Andreas fort. Etliche, die sich unter denen Landfahrern vor andern wollen sehen lassen, probiren sie ihre Artzeneyen an ihren Leibern, da pflegen sie allerhand Gifft einzusauffen, damit ihnen aber solches nicht schade, trincken sie einen ziemlichen Theil Baum-Oel, ehe und bevor sie dasselbe einsauf- fen, so dann schlingen sie das Gifft ab, da es dann das Baum-Oel nicht einläst, machet ein Auflauffen des Magens, hernach nehmen sie Theriac mit Saltz vermischt, trincken es hinnab, dieses erreget alsbald ein Brechen, und damit gehet das Gifft, Baum-Oel, und al- les mit einander hinweg, andere lassen die Haut starck in die Höhe ziehen, stechen sich da- durch, und weisen sich den dritten Tag gehei- let. Etliche können durch vorhergehendes Schmieren, die Hände mit allerhand bren-
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Wuͤrſte im Hauſe hiengen, gab er bey Beſe- hung des Urins vor, weil die Kranckheit nicht weichen wolte, waͤre Urſache, daß ſie geſtern Wuͤrſte geſſen haͤtte, ſo er im Urin ſehe. Mein GOtt, ſagte Siegfried, welche Boßheit ver- fuͤhret dieſe Menſchen, daß ſie die hoch-edle Medicin ſo luͤderlich traduciren und gering halten, dennoch wundert mich nicht wenig, daß das arme Volck ſich als ein tummes Vieh zur Schlacht-Banck fuͤhren laͤſt. Meine Herren, fuhr Andreas fort. Etliche, die ſich unter denen Landfahrern vor andern wollen ſehen laſſen, probiren ſie ihre Artzeneyen an ihren Leibern, da pflegen ſie allerhand Gifft einzuſauffen, damit ihnen aber ſolches nicht ſchade, trincken ſie einen ziemlichen Theil Baum-Oel, ehe und bevor ſie daſſelbe einſauf- fen, ſo dann ſchlingen ſie das Gifft ab, da es dann das Baum-Oel nicht einlaͤſt, machet ein Auflauffen des Magens, hernach nehmen ſie Theriac mit Saltz vermiſcht, trincken es hinnab, dieſes erreget alsbald ein Brechen, und damit gehet das Gifft, Baum-Oel, und al- les mit einander hinweg, andere laſſen die Haut ſtarck in die Hoͤhe ziehen, ſtechen ſich da- durch, und weiſen ſich den dritten Tag gehei- let. Etliche koͤnnen durch vorhergehendes Schmieren, die Haͤnde mit allerhand bren-
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Wuͤrſte im Hauſe hiengen, gab er bey Beſe-
hung des Urins vor, weil die Kranckheit nicht
weichen wolte, waͤre Urſache, daß ſie geſtern
Wuͤrſte geſſen haͤtte, ſo er im Urin ſehe. Mein
GOtt, ſagte Siegfried, welche Boßheit ver-
fuͤhret dieſe Menſchen, daß ſie die hoch-edle
Medicin ſo luͤderlich traduciren und gering
halten, dennoch wundert mich nicht wenig,
daß das arme Volck ſich als ein tummes Vieh
zur Schlacht-Banck fuͤhren laͤſt. Meine
Herren, fuhr Andreas fort. Etliche, die ſich
unter denen Landfahrern vor andern wollen
ſehen laſſen, probiren ſie ihre Artzeneyen an
ihren Leibern, da pflegen ſie allerhand Gifft
einzuſauffen, damit ihnen aber ſolches nicht
ſchade, trincken ſie einen ziemlichen Theil
Baum-Oel, ehe und bevor ſie daſſelbe einſauf-
fen, ſo dann ſchlingen ſie das Gifft ab, da es
dann das Baum-Oel nicht einlaͤſt, machet
ein Auflauffen des Magens, hernach nehmen
ſie Theriac mit Saltz vermiſcht, trincken es
hinnab, dieſes erreget alsbald ein Brechen, und
damit gehet das Gifft, Baum-Oel, und al-
les mit einander hinweg, andere laſſen die
Haut ſtarck in die Hoͤhe ziehen, ſtechen ſich da-
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/272>, abgerufen am 22.11.2024.
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