Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

ehrteste Herren, antwortete Andreas: Mein
Gedächtniß ist mir vor Erschreckniß gantz in
die Hosen gefallen! doch will ich nach Vermö-
gen einige Gnüge leisten, was aber heute er-
mangeln wird, soll Morgen geliebts GOtt,
nach Vermögen ersetzet werden: Wie gesagt;
so ist der Betrug mit beygesetzten Lügen sol-
cher Land Stürtzer Proprium. Daß ich nur
ein paar Exempel anführe: gab einer bey ei-
ner Patientin vor, es hätte sich bey ihr ein
Berg auf die Mutter gesetzt, dessen Spitze
reichte bis an den Magen, diese verursachte,
daß wann sie eße, daß ein Theil der Speise in
der einen Höle liegend bliebe, und ihr hernach
solch Magen-Drücken machte, würde auch
wohl daran sterben müssen. Eben auf gleiche
Arth gab dieser bey einen andern vor, er hätte
gleichfals zwey Berge in den Magen, zwi-
schen welchen die Speisen vermoderen müsten,
und diese erweckten die gelbe Sucht. O du
Ertz-Holuncke, du Berg Narre, rieff Eckarth,
habe ich doch dergleichen verwegenes Vorbrin-
gen nie gehöret; doch Andreas fahret fort in eue-
ren Historien: Hoch-geehrte Herren, sprach
Andreas, diese sind noch mit aus der obersten
Sorte, sie werden noch liederlicher und verwe-
gener als vorgemeldete kommen. Ein ander
kam zu einer Patientin, und weil er sahe daß

Wür-

ehrteſte Herren, antwortete Andreas: Mein
Gedaͤchtniß iſt mir vor Erſchreckniß gantz in
die Hoſen gefallen! doch will ich nach Vermoͤ-
gen einige Gnuͤge leiſten, was aber heute er-
mangeln wird, ſoll Morgen geliebts GOtt,
nach Vermoͤgen erſetzet werden: Wie geſagt;
ſo iſt der Betrug mit beygeſetzten Luͤgen ſol-
cher Land Stuͤrtzer Proprium. Daß ich nur
ein paar Exempel anfuͤhre: gab einer bey ei-
ner Patientin vor, es haͤtte ſich bey ihr ein
Berg auf die Mutter geſetzt, deſſen Spitze
reichte bis an den Magen, dieſe verurſachte,
daß wann ſie eße, daß ein Theil der Speiſe in
der einen Hoͤle liegend bliebe, und ihr hernach
ſolch Magen-Druͤcken machte, wuͤrde auch
wohl daran ſterben muͤſſen. Eben auf gleiche
Arth gab dieſer bey einen andern vor, er haͤtte
gleichfals zwey Berge in den Magen, zwi-
ſchen welchen die Speiſen vermoderen muͤſten,
und dieſe erweckten die gelbe Sucht. O du
Ertz-Holuncke, du Berg Narre, rieff Eckarth,
habe ich doch dergleichen verwegenes Vorbrin-
gen nie gehoͤret; doch Andreas fahret fort in eue-
ren Hiſtorien: Hoch-geehrte Herren, ſprach
Andreas, dieſe ſind noch mit aus der oberſten
Sorte, ſie werden noch liederlicher und verwe-
gener als vorgemeldete kommen. Ein ander
kam zu einer Patientin, und weil er ſahe daß

Wuͤr-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0271" n="255"/>
ehrte&#x017F;te Herren, antwortete Andreas: Mein<lb/>
Geda&#x0364;chtniß i&#x017F;t mir vor Er&#x017F;chreckniß gantz in<lb/>
die Ho&#x017F;en gefallen! doch will ich nach Vermo&#x0364;-<lb/>
gen einige Gnu&#x0364;ge lei&#x017F;ten, was aber heute er-<lb/>
mangeln wird, &#x017F;oll Morgen geliebts GOtt,<lb/>
nach Vermo&#x0364;gen er&#x017F;etzet werden: Wie ge&#x017F;agt;<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t der Betrug mit beyge&#x017F;etzten Lu&#x0364;gen &#x017F;ol-<lb/>
cher Land Stu&#x0364;rtzer <hi rendition="#aq">Proprium.</hi> Daß ich nur<lb/>
ein paar <hi rendition="#aq">Exempel</hi> anfu&#x0364;hre: gab einer bey ei-<lb/>
ner Patientin vor, es ha&#x0364;tte &#x017F;ich bey ihr ein<lb/>
Berg auf die Mutter ge&#x017F;etzt, de&#x017F;&#x017F;en Spitze<lb/>
reichte bis an den Magen, die&#x017F;e verur&#x017F;achte,<lb/>
daß wann &#x017F;ie eße, daß ein Theil der Spei&#x017F;e in<lb/>
der einen Ho&#x0364;le liegend bliebe, und ihr hernach<lb/>
&#x017F;olch Magen-Dru&#x0364;cken machte, wu&#x0364;rde auch<lb/>
wohl daran &#x017F;terben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Eben auf gleiche<lb/>
Arth gab die&#x017F;er bey einen andern vor, er ha&#x0364;tte<lb/>
gleichfals zwey Berge in den Magen, zwi-<lb/>
&#x017F;chen welchen die Spei&#x017F;en vermoderen mu&#x0364;&#x017F;ten,<lb/>
und die&#x017F;e erweckten die gelbe Sucht. O du<lb/>
Ertz-Holuncke, du Berg Narre, rieff Eckarth,<lb/>
habe ich doch dergleichen verwegenes Vorbrin-<lb/>
gen nie geho&#x0364;ret; doch Andreas fahret fort in eue-<lb/>
ren Hi&#x017F;torien: Hoch-geehrte Herren, &#x017F;prach<lb/>
Andreas, die&#x017F;e &#x017F;ind noch mit aus der ober&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#aq">Sort</hi>e, &#x017F;ie werden noch liederlicher und verwe-<lb/>
gener als vorgemeldete kommen. Ein ander<lb/>
kam zu einer Patientin, und weil er &#x017F;ahe daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wu&#x0364;r-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0271] ehrteſte Herren, antwortete Andreas: Mein Gedaͤchtniß iſt mir vor Erſchreckniß gantz in die Hoſen gefallen! doch will ich nach Vermoͤ- gen einige Gnuͤge leiſten, was aber heute er- mangeln wird, ſoll Morgen geliebts GOtt, nach Vermoͤgen erſetzet werden: Wie geſagt; ſo iſt der Betrug mit beygeſetzten Luͤgen ſol- cher Land Stuͤrtzer Proprium. Daß ich nur ein paar Exempel anfuͤhre: gab einer bey ei- ner Patientin vor, es haͤtte ſich bey ihr ein Berg auf die Mutter geſetzt, deſſen Spitze reichte bis an den Magen, dieſe verurſachte, daß wann ſie eße, daß ein Theil der Speiſe in der einen Hoͤle liegend bliebe, und ihr hernach ſolch Magen-Druͤcken machte, wuͤrde auch wohl daran ſterben muͤſſen. Eben auf gleiche Arth gab dieſer bey einen andern vor, er haͤtte gleichfals zwey Berge in den Magen, zwi- ſchen welchen die Speiſen vermoderen muͤſten, und dieſe erweckten die gelbe Sucht. O du Ertz-Holuncke, du Berg Narre, rieff Eckarth, habe ich doch dergleichen verwegenes Vorbrin- gen nie gehoͤret; doch Andreas fahret fort in eue- ren Hiſtorien: Hoch-geehrte Herren, ſprach Andreas, dieſe ſind noch mit aus der oberſten Sorte, ſie werden noch liederlicher und verwe- gener als vorgemeldete kommen. Ein ander kam zu einer Patientin, und weil er ſahe daß Wuͤr-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/271
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/271>, abgerufen am 22.11.2024.